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Umberto Eco: Das Foucaultsche Pendel#


Umberto Eco: Das Foucaultsche Pendel. Carl Hanser, München, Wien, 1989. ISBN 978-3-446-15395-0


Das Foucaultsche Pendel, Umberto Eco.jpg


Eine Buchbesprechung nach fast zwanzig Jahren, was für einen Sinn soll das ergeben? Nach dem Aufsehen, das Dan Browns "Sakrileg" erregt hatte, wurde immer wieder "Der Heilige Gral und seine Erben" von Lincoln, Baigent und Leigh zitiert. Ein Buch, das im Unterschied zu Browns Roman als Sachbuch ernst genommen werden wollte, aber meiner Erinnerung nach in der ersten Hälfte der 1980-er Jahre kaum jene Beachtung fand, die "Sakrileg" zuteil wurde.

So manche Autoren haben sich an dieses Buch lange vor Dan Brown angelehnt, Peter Berling etwa in den frühen Neunzigern, der übrigens auch in der Verfilmung von Ecos "Der Name der Rose" mitgespielt hat. Baigent und Leigh haben Anfang 2006 Dan Brown wegen Plagiats (erfolglos) vor Gericht gebracht, auch dies fand große Beachtung.

Völlig unbemerkt blieb in all diesen Monaten, dass Umberto Eco mit seinem "Foucaultschen Pendel" Jahre zuvor eine köstliche Parodie auf diese und andere Verschwörungstheorien verfasst hatte, deren Lektüre ich hiermit empfehlen möchte.


Hier die Handlung radikal gekürzt:

drei Lektoren eines Verlags in Mailand, konfrontiert mit dem Material, das ihnen von Möchtegernautoren vorgelegt wird, machen sich zunächst nur im Verlauf langer, feuchtfröhlicher Abende über die Inhalte diverser Manuskripte lustig. Es geht um die Templer, den Heiligen Gral, Geheimbünde, Verschwörungen, das Altbekannte eben.

Sie beginnen, die ihnen unterbreiteten Theorien auszubauen, was schließlich auch ihre Zeit am Arbeitsplatz immer mehr in Anspruch nimmt. Schließlich entwickeln sie ihre eigenen Ideen, steigern sich immer mehr hinein und verlieren so allmählich den Sinn für die Grenze zwischen Realität und Fiktion.

Eines Tages erfinden sie einen Geheimbund namens "Tres" und präsentieren dies als "Entdeckung" einem ihrer Gesprächspartner aus dem Kreis der Anhänger derart dubioser Thesen. Dieser nimmt sie ernst, ist wegen der Nennung einer ihm unbekannten Organisation verunsichert, und weil er mit allen Mitteln hinter dieses vermeintliche Geheimnis kommen will, bahnt sich eine Tragödie an.


Mich fasziniert das "Foucaultsche Pendel" aus unterschiedlichen Gründen. Zum einen, weil Umberto Eco sein Allgemeinwissen wie in kaum einem anderen seiner Romane ausspielt. Dies verlangt dem Leser einiges ab, denn vieles wird nur angesprochen, um die Hintergründe hat man sich gefälligst selbst zu kümmern. Tut man dies, ist ein gewaltiger "Bildungsschub" garantiert. Reine Fiktion und gut recherchierte Fakten wechseln einander ab. Ich habe 1998 in Paris, einem der Orte der Handlung, manches genau so vorgefunden, wie im Roman beschrieben, anderes ist wohl erfunden.

Das herauszufinden war für mich spannender als die Erzählung. Auf das "Geheimnis von Rennes-le-Chateau" spielt der Roman, der wenige Jahre nach Lincolns Buch herauskam, etwa auf Seite 441 an. Einer der Lektoren sagt zum anderen: "Statt immer nur Manuskripte zu lesen, sollten Sie Bücher lesen, die anderswo schon erschienen sind" .

"Sakrileg" war damals noch lange nicht geschrieben. Etliche Wissensgebiete werden bemüht: neben Esoterik sind es besonders die Naturwissenschaften (das Foucaultsche Pendel gibt es wirklich und gilt als Beweis für die Erdrotation), und Historiker kommen ohnehin auf ihre Rechnung. Fanatische Esoteriker mögen das Buch nicht, denn sie fühlen sich verar..(Humor ist nicht ihre Stärke.)

Wenn es Ihnen nichts ausmacht, sich ein Buch hart erarbeiten zu müssen (ich habe ein ganzes Jahr gebraucht), Sekundärliteratur zu studieren, um der Geschichte folgen zu können, und wenn es ein Buch sein darf, das nicht bloß als Einschlaflektüre taugt, dann lesen Sie es bitte!