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Zdenka BECKER: Ein fesches Dirndl#

Zdenka BECKER: Ein fesches Dirndl / Roman, Gmeiner, 2019 / Rezension von Guenther Johann

Zdenka BECKER: Ein fesches Dirndl
Zdenka BECKER: Ein fesches Dirndl

BECKER, Zdenka: „Ein fesches Dirndl“, Meßkirch 2019

Eigentlich hat sie diesen Roman für ihre Enkelkinder geschrieben. Sie hat sich ausgerechnet, dass sie ihnen vielleicht nicht mehr aus ihrem Leben erzählen kann, wenn sie älter sind und dafür Interesse haben. Deswegen hat sie es aufgeschrieben. Ihre Kindheit als Slowakin in Bratislava und am Land bei ihrer Großmutter und dann die Heirat mit ihrem österreichischen Mann und die Übersiedlung nach Österreich.

Heute ist Migration ein aktuelles Thema. Sie beschreibt es aus ihrem Blickwinkel, denn auch sie ist migriert. Zwar nicht als Flüchtling und mit einer gefährlichen Reise aber sie war doch eine Fremde hier. Obwohl sich die slowakische und österreichische Kultur näher sind als etwa die, der jetzt ankommenden arabischen Menschen. Auch kam sie auf friedlichem Weg durch Heirat. Damit bekam sie auch sofort die österreichische Staatsbürgerschaft. Sie konnte zwar nicht die Landessprache deutsch sprechen, hatte aber sofort einen österreichischen Pass. Bei diesen Passagen beginnt man nachzudenken. Von heutigen Migranten verlangt man den Nachweis der deutschen Sprache. Erst dann bekommen sie finanzielle Unterstützung und Arbeit und später dann einen österreichischen Pass. Aber die Sprache ist Voraussetzung.

Zdenka Becker hatte es da leichter. Sie hat auch hart an sich gearbeitet um die Sprache nicht nur zu sprechen, sondern sie auch akzentfrei zu sprechen. Sie ärgerte sich, wenn sie gefragt wurde „Woher kommen sie?“ Das wies sie schon als Andere aus. Selbst die Antwort „Sie sprechen aber sehr gut deutsch“ half da nicht hinweg. Sie fühlte sich als zweitklassig. So ist das Buch auch eine Abrechnung und Aufarbeitung ihrer Minderwertigkeitsgefühle aus der Zeit der Integration. Sie fühlte sich immer schlechter behandelt. Ob es in einem Job als Journalistin war, den sie angenommen hatte und wieder verließ, weil sie von den Kollegen nicht akzeptiert wurde oder von der Nachbarschaft, die eben Dialekt und nicht das Hochdeutsch sprachen. Ob es da nicht auch an ihr lag? Solche Gedanken kommen beim Lesen durch.

Andererseits ist es ein Buch, das das Leben jener Generation von Österreichern beschreibt, die nach dem Krieg geboren sind, in den 70er Jahren eine Familie gegründet haben und heute auf ihr Leben als Pensionisten zurückschauen. An die Zeit der Hippiegeneration, als man einen alten, bunt bemalten VW-Bus fuhr, wenig Geld hatte, viel Musik hörte, Freundschaften schloss und letztlich ein Heim für die Familie aufbaute und Karriere machte. Ein Spiegelbild für einen Großteil der Österreicher, die in dieser Zeit gelebt haben. Ein Zeitzeugnis. Das macht aber keinen Unterschied für Migranten und immer Dagewesene.

Thematisch gibt es im Buch ein Buch mit einem anderen und doch verwandten Thema: das Schicksal von Migranten der heutigen Zeit. Die Autorin arbeitete als Deutschlehrerin für Migranten. Viele ihrer Schüler erzählten ihr ihr persönliches Schicksal. Woher sie kommen. Von ihrer Flucht. Wie es ihnen hier im Westen geht. Einige dieser Geschichten hat sie in diesem Buch integriert und niedergeschrieben. Sie sind ergreifend und ebenso wichtige Zeitzeugnise. Zdenka Becker hat das Manuskript für ihre Kinder geschrieben. Die Lektorin des Verlags wollte es lesen und schlug anschließend vor es als Buch herauszugeben. Zdenka Becker hat damit ein Stück ihres persönlichen Lebens freigegeben für die Öffentlichkeit. Es ist also mehr als ein Roman. Es ist eine Lebensbeichte. Mutig, dass sie sich dazu entschlossen hat.