Milena Michiko FLASAR: Herr Kato spielt Familie#
Milena Michiko FLASAR: Herr Kato spielt Familie / Roman, Wagenbach, 2019 / Rezension von Guenther Johann
FLASAR, Milena Michiko: „Herr Kato spielt Familie“, Berlin 2019 Es ist beeindruckend, wie eine junge Frau – die Autorin – einen älteren Mann, der eben in Pension gegangen ist beschreibt. Seine Probleme und wie er sich um seine Gesundheit sorgt und diverse Ärzte aufsucht, um letztlich enttäuscht zu sein diagnostiziert zu bekommen, dass er gesund ist. Er weiß mit der im Ruhestand gewonnen Zeit noch Nichts anzufangen, bis er auf einem Friedhof eine Schauspielerin kennenlernt, die auf Bestellung verschiedene Rollen für eine andere Menschen spielt. Menschen bestellen sich bei einer Agentur Schauspieler, um für sie die Rolle einer (fehlenden) Familie zu spielen. Etwa eine Hochzeit, bei der nur das Hochzeitspaar echt ist und alle Gäste Schauspieler sind. Herr Kato, die Hauptfigur des Romans, übernimmt die Rolle des Chefs des Bräutigams und muss auch eine Rede halten. Ein anderes Mal muss er sich mit einer geschiedenen Frau treffen, die bedingt durch die Scheidung unter krankhaftem Stress leidet. Herr Kato spielt den geschiedenen Mann, der Erleichterung für die Krankheit bringen soll. Eine Mutter engagiert ihn, um den Großvater für ihre Tochter zu spielen. Der echte Großvater lehnte den Jungen ab. Herr Kato sollte ihn für einige Stunden ersetzen. Aber auch privat wird gespielt. Das Ehepaar Kato hatte sich im Laufe der Jahre auseinandergelebt. Sie haben sich nicht mehr viel zu sagen. Die Kinder sind ausgezogen und flügge; haben selbst Familie. Das ältere Ehepaar ist sich selbst überlassen. Das Haus ist zu groß. Erst ein Herzinfarkt des Mannes lässt sie das Haus gegen eine bequemere Wohnung wechseln. Ich hatte das Gefühl beim Lesen älter geworden zu sein, so sehr hat mich der Text in den alternden Mann hineingezogen.