Erhard BUSEK: Österreich und der Balkan#
Erhard BUSEK: Österreich und der Balkan / Vom Umgang mit dem Pulverfaß Europas, Molden, 1999 / Rezension von GUENTHER Johann
BUSEK, Erhard: „Österreich und der Balkan. Vom Umgang mit dem Pulverfaß Europas“, Wien 1999
Das Buch ist ja nicht das neueste. Noch dazu auf einem Gebiet, auf dem sich so viel verändert. Trotzdem war es lesenswert, da Erhard Busek die Situation sehr gut analysiert und Prognosen stellt, die heute – 25 Jahre später – noch gültig sind.
Das Buch soll ein Handbuch für diesen Teil Europas sein. Bereits bei der Überschrift schlägt er vor, den Begriff „Balkan“ gegen „Südosteuropa“ zu ersetzen. Er selbst hat sich nach seinem Ausscheiden aus der österreichhischen Politik sehr stark für die Länder Südosteuropas eingesetzt. Das Engagement wurde aber unterschiedlich gesehen: „Die einen anerkennen meine Tätigkeit, die anderen sind froh, wenn es ein anderer tut, die dritten wieder glauben, dass es ganz gut ist, wenn es einzelne Menschen gibt, die sich engagieren. Nicht zu vergessen sind jene, die einem noch immer vorhalten, nichts besseres zu tun zu haben, als ich mit dem „Gesindel“ abzugeben.“ (Seite 23) Busek sieht es aber als eine Herausforderung sich für diesen Teil Europas einzusetzen. „Ich vertrete die Meinung, dass über kurz oder lang alle Staaten der EU angehören sollten.“ (Seite 47) Die Abhängigkeit der europäischen Staaten ist sehr hoch und daher muss man integrieren. Mehrere Hemmschuhe verhindern dies derzeit: die geschichtliche Vergangenheit, die Sprachenvielfalt und die Spannung zwischen den verschiedenen Kirchen. Viele internationale Interessen wirken auf diese Region ein: Europa, USA und Russland. Der Einfluss Russlands wird dabei nicht unterschätzt und Busek schrieb bereits 1999: „Der Traum, eine Supermacht zu sein, besteht zweifellos in vielen russischen Hirnen und Herzen.“ (Seite 54)
Zur Verbesserung der Beziehung der europäischen Länder mit jenen Südosteuropas schlägt der Autor Kooperationen auf den Gebieten Kultur, Kunst und Bildung vor. Vor allem interntionale Austauschprogramme können das gegenseitige Verständnis verstärken.
Aus der Geschichte abgeleitet weist er auch auf die Integration via Protektorat hin. Die Österreichisch-Ungarische Monarchie verwaltete provisorisch von 1878 bis 1908 Bosnien auf Basis eines Protektorats. Protektorats-Überlegungen könnten auch für das eine oder andere Land Südosteuropas angewandt werden.
Leider fehlen für einen Integrationsprozess Strategien und Pläne. „Zu stark war die Meinung, es wäre Aufgabe der „Transformations“-Staaten, mit sich selbst zurecht zu kommen.“ (Seite 143) Damit wurde nationaler Egoismus verstärkt. Im Kapitel „Praktische Maßnahmen – Schritt um Schritt“ werden auch Vorschläge wie die Verbesserung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, Grenzerleichterungen, Aufbau einer Transportinfrastruktur und Bildungszusammenarbeit vorgeschlagen. Alles Ansätze, die noch heute – 25 Jahre später – ihre Gültigkeit haben.