Eva MENASSE: Tiere für Fortgeschrittene#
Eva MENASSE: Tiere für Fortgeschrittene, btb, 2018 / Rezension von Guenther Johann
MENASSE, Eva: „Tiere für Fortgeschrittene“, München 2018
Im Rahmen von „Literatur & Wein“ 2022 im Stift Göttweig hat die Autorin selbst aus diesem Werk gelesen. Dies war dann auch der Anlass für mich das Buch zu kaufen und zu lesen.
Die acht Kapitel – Geschichten –tragen als Titel einen Namen eines Tieres. Das erste Kapitel gleich drei:
„Schmetterling, Biene, Krokodil“
Die Geschichte spiegelt die Szene einer Patchworkfamilie wieder. Die Kinder vom ersten Mann fahren gemeinsam mit dem Kind des zweiten Ehepartners in die Türkei, um einen konservativen Familienurlaub zu absolvieren. Dies bedeutet viel Stress für die Stiefmutter des Kindes, weil sie sich im Nachhinein der Kritik der leiblichen Mutter aussetzen muss.
„Raupen“
Die Autorin zeigt hier ein älteres Ehepaar. Die Frau ist dement und der Ehemann pflegt sie. Was da so alles passieren kann wird sehr realistisch beschrieben. Beim Besuch eines Enkels wird die demente Frau aber geistig hellwach.
„Igel“
Ein reiches Ehepaar. Er ein internationaler Manager und sie eine extrovertierte Ehefrau ohne Beschäftigung. Ein Igel, den Jugendliche mit Stöcken schlagen, wird zum Themengeber dieser Geschichte. Ein Eisplastikbecher von McDonald wurde dem Igel zum Verhängnis. Er schleckte die Reste des Eises auf und blieb im Becher stecken.
„Schafe“
Wie Schafe wohnen Menschen nebeneinander in Bungalows. Sie gehören einem Projekt an, von dem nicht klar ist, was produziert werden soll. Künstler und Intellektuelle. Eine der Teilnehmerinnen schreibt ein Protokoll, was da alles passiert. Charakterbeschreibungen verschiedener Menschen reihen sich aneinander.
„Opossum“
Angeregt durch einen Autofahrer, der versuchte eine angefahrene Ratte wieder zu beleben, entstand diese Geschichte, in der ein Mann auf der Heimfahrt von der Geliebten ist und feststellen muss, dass ihm das Benzin ausgeht. Bei einem Wirten oben am Berg bekommt er zu essen und etwas Sprit. Bei der Weiterfahrt überholt ihn ein Raser. Er verfolgt ihn und erreicht ihn, als da ein totes Reh auf der Straße liegt, dem er in die Augen schaut. Durch seinen Kopf laufen Gedanken über zwei Frauen, die er liebt.
„Haie“
In dieser Geschichte geht es darum, wie mit anderen Menschen und vor allem anderen Nationalitäten – den Ausländern – umgegangen wird. Erzählt am Beispiel eines Kindes, das das erste Jahr in die Schule geht, in dessen Klasse auch ein Ausländerkind ist, das letztendlich zum Jahresende in eine andere Schule übersiedelt wird. Am Weg zur Schule sah man sie festlich gekleidet „Generationsbilder, sogar solche mit stolzen vier Stammbaumstufen. Insgesamt war es vertrakter als früher, die Mütter von den Großmüttern zu unterscheiden, die Väter von den Großvätern. Nur bei den Türken war es oft so, dass einer, der wie ein Bruder aussah, in Wahrheit doch der Vater war. Aber alle, alle strahlten und schienen ein bisschen gerührt. Nora empfand es als einen Morgen voller Einigkeit und völkerverbindenden Harmonie.“ (Seite 212) Im Laufe des Schuljahres wurde es aber anders …
„Schlangen“
Die Frau hatte ihn verlassen. Er lebt alleine. Ein junges Paar zieht ins Nachbarhaus. Er hilft den jungen Leuten bei ihren Umbauarbeiten. Er denkt an seine Frau, die ihn verlassen hat. Der jungen Nachbarin gesteht er, dass er sie vertrieben habe, weil sie ihm untreu geworden war.
„Enten“
Jeder Geschichte ist ein kurzer Bericht über das jeweilige Tier vorangestellt. So erfährt man, dass Enten gleichzeitig schlafen und nach Feinden Ausschau halten können. Auf dieser Basis stellt sie ein Ehepaar vor, das mit einem Kind auf Urlaub fährt. Sie zeigt die Abnützungerscheinung des Ehepaars und ein Verhätnis der Mutter mit einem Maler. Eigentlich eine belanglose Geschichte und doch zeigt sie wie sich Beziehungen im Laufe der Zeit verändern.
Das Buch besteht aus Geschichten und Erzählungen, die in verschiedenen Zeitungen, Zeitschriften oder Sammelbänden schon veröffentlicht waren. In diesem Buch werden sie über die Klammer „Tiere“ zusammengehalten.