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Norbert GSTREIN: Vier Tage drei Nächte#

Norbert GSTREIN: Vier Tage drei Nächte / Roman, Hanser, 2022 / Rezension von Guenther Johann

Norbert GSTREIN: Vier Tage drei Nächte
Norbert GSTREIN: Vier Tage drei Nächte

GSTREIN, Norbert: „Vier Tage vier Nächte“, München 2022

Norbert Gstrein hat in den vorliegenden Roman sehr viel hineingepackt, ohne dass es aber an anspruchsvoller detaillierter Beschreibung fehlt.

Drei Hauptakteure prägen den Roman: Ines und Elias, die Kinder eines Hoteliers und Carl der Freund von Elias. Ines und Elias sind nur Halbgeschwister und pflegen ein, über die Freundschaft und Geschwisterlichkeit hinausgehendes Verhältnis. Ines hat viele Beziehungen mit Männern, die immer wieder zu Trennungsszenarien führen, bei denen der Bruder einschreiten muss. Elias hat ein homosexuelles Verhältnis mit seinem Kollegen Carl.

Noch vor einiger Zeit war es wichtig, dass der Autor in einen Roman auch sexistische Geschichten einbaute, um den Verkauf des Buches anzuregen. Heute ist es fast ein notwendiges Klischee, über gleichgeschlechtliche Beziehungen zu schreiben. So macht es auch Norbert Gstrein, der nicht nur von der Liebe seines Proponenten Elias zu dessen Halbschwester schreibt, sondern auch zur Beziehung eines Exfreunds der Schwester und eines Freundes aus beruflicher Beziehung. Dabei kommt auch zum Ausdruck, wie liebevoll die Beziehung zwischen Männern sein kann: „Ich hatte ihn meinen kleinen Zeisig genannt, meinen Wiedehopf und meinen Haubentaucher, einen Mann von annähernd ein Meter neunzig, der mich mit seinen Armen umschlingen und in die Luft heben konnte wie ein Kind, und er mich seine Goldamsel, sein Rotkehlchen sowie seinen Stieglitz oder vielmehr Stiegelitz nannte.“ (Seite 191)

Das Buch gliedert sich in fünf Abschnitte. Im ersten wird die Geschichte der beiden Geschwister aus der Sicht von Elias erzählt. Die große Liebe zur Halbschwester und das schlechte Verhältnis zum Vater. Der Vater, der in Amerika Erfahrungen gesammelt hatte, wollte auch seinen Kindern die USA näherbringen und zahlte ihnen einen Aufenthalt. Der Tochter ein Studium und dem Sohn eine Helikopterausbildung, nachdem dieser sein Wirtschaftsstudium erfolglos abgebrochen hatte. Aber auch diese Ausbildung endete ohne Abschluss, und um die negativen Ereignisse beim Fliegen zu verarbeiten, nahm er die Hilfe einer Therapeutin ins Anspruch, was im zweiten Abschnitt beschrieben wird. Im Kapitel „Ich bin ihr Bruder“ kommen alle drei Hauptakteure zusammen und der Freund von Elias, Carl, tritt in das Geschehen ein. Er wird auch von der Schwester akzeptiert. Sie verbringen die Weihnachtsfeiertage im Berliner Haus von Ines und, um hier Abwechslung in die trostlose Zeit der COVID19 Quarantäne zu bringen, erzählen sie sich Geschichten. Jeder seine erste Liebe. Diese sehr unterschiedlichen Geschichten werden dann im vierten Abschnitt des Romans detaillierter beschrieben. Jene von Carl in englischer Sprache, weil er sie in seiner Zeit in Amerika erlebte und in der „Originalsprache“ wiedergeben wollte.

Ines kündigt ihre Stelle an der Universität als Expertin der Literaturwissenschaften. Mit finanzieller Hilfe des Vaters zieht sie sich auf die Insel Sizilien zurück und versucht selbst einen Roman zu schreiben. Im Sommer treffen die drei hier zusammen und Ines weiht sie in ihr Projekt ein, was letztlich zu einem Eklat kommt. Dieser letzte Buchabschnitt beschreibt indirekt den Roman von Ines. Die Autorin beschreibt ihr Werk so: „Es ist eine Dreiecksgeschichte. Gehobenes Milieu, alles aufgeklärte, tolerante Leute, und sie geht trotzdem auf katastrophale Weise schief.“ (Seite 319) Vieles hat sie aus dem eigenen Leben hineingearbeitet. Das Dreieck besteht aus einem anerkannten älteren Professor, seiner jungen und aktiven Frau, die neben der Ehe viele Verhältnisse hat, diese ihrem Mann aber nicht verschweigt. Er akzeptiert das, bis einer der Liebhaber ein Schwarzer ist.

Der Titel „Vier Tage drei Nächte“ bezieht sich auf zwei Ereignisse: Einerseits lädt der Vater von Elias unerlaubterweise trotz Quarantäne durch die COVID19 Pandemie Gäste in sein Hotel für drei Nächte ein und andererseits verbringen die drei Hauptakteure des Romans – Ines, Elias und Carl – vier Tage zu Weihnachten miteinander.