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Peter HANDKE: Zdenek Adamec#

Peter HANDKE: Zdenek Adamec / Eine Szene, Suhrkamp, 2020 / Rezension von Guenther Johann

Peter HANDKE: Zdenek Adamec
Peter HANDKE: Zdenek Adamec

HANDKE, Peter: „Zdenek Adamec“, Berlin 2020

Dieses Stück – Handke nennt es „Eine Szene“ – wurde 2020 im Rahmen der Salzburger Festspiele uraufgeführt. Das Wort „Szene“ passte in die Zeit der Corona Pandemie, in der Theaterstücke keine Pausen haben dürfen. So wie in dieser „Szene“.

2003 hat sich ein 18-jähriger Tscheche am Wenzelsplatz in Prag mit Benzin übergossen und angezündet. Es war kein Protest wie einige Jahre vorher gegen die Besetzung durch die Sowjetarmee. Es war auf den ersten Blick eine unbedeutende Zeit. Niemand wusste wogegen er protestiert. Peter Handke greift dieses Ereignis auf, ohne es aber zu direkt zu schildern. Er sucht Gemeinsamkeiten, Dinge, die es überall und von vielen geben kann.

Warum hat Zdenek Adamec das getan, das auch andere getan hätten können? Angeblich hat ihn seine Mutter nie alleine gelassen. „… Mutter Adamec, heißt es, (hat) ihren Sohn noch als Fünfzehn-, wenn nicht Sechzehnjährigen an der Hand zur Schule geführt, und zwar bis vor die Schwelle zum Klassenzimmer, wenn nicht bis vor die Schulbank?“ (Seite 31) Als kleines Kind hatte sie ihn einmal beim Beerenpflücken in einen Kochtopf gesetzt und vergessen. Er war – so erzählt Handke – ein sehr guter Schüler, der später zu einem Computerfreak wurde. Er war ein Einzelgänger. Hat diese verfehlte Erziehung zu diesem Selbstmord geführt? Auch diese öffentliche Selbsthinrichtung blieb die eines Einzeltäters. Im Abschiedsbrief, den er „an die ganze Welt“ gerichtet hatte nennt er ‚Geld‘ und ‚Macht‘ als die Erzfeinde der Menschheit.

Das Stück wird von sieben Personen gesprochen, wobei Handke in seiner Einführung offen lässt wer die Personen sind und wie sie sind. Sie sollen nur verschieden sein. Gemischt. Jung und Alt. Frauen und Männer. Einheimische und Zugereiste. Inländer und Ausländer. Obwohl der Selbstmord im März passierte lässt es Handke in seinen Regieanweisungen offen welche Jahreszeit in der Aufführung sein soll. Es geht ihm primär um das allgemein Gültige dieses Vorfalls. Literarisch ist es ein brillantes Werk eines Altmeisters der Dichtung. Alle Worte wohl gesetzt. „Es ist eine Zeit für Hauptsätze, und es ist eine Zeit für Nebensätze. Und es ist ein Ort für kurze Sätze, und es ist ein Ort für lange Sätze. Und es ist eine Zeit und ein Ort, und es ist ein Zeitmaß, und es ist ein Ortsmaß für ein Mischen von kurzen und langen Sätzen, für ein Kombinieren und Verschachteln von Haupt- und Nebensätzen.“ (Seite 30)

Peter Handke hat mit diesem Stück einen unbedeutenden Selbstmörder auf die Bühne geholt und damit eine Situation unserer Gesellschaft aufgezeigt.