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Gertraud KLEMM: herzmilch#

Gertraud KLEMM: herzmilch / Roman, droschl, 2014 / Rezension von Guenther Johann

Gertraud KLEMM: herzmilch
Gertraud KLEMM: herzmilch

KLEMM, Gertraud: „Herzmilch“, Wien 2014

Das Buch erzählt von einem Mädchen und wie es eine Frau wird. Das Buch – und damit auch der Kreis - schließt damit, wie diese Frau selbst ein Kind bekommt und wie sich dieses Kind verhält. Immer aber steht das Weibliche im Mittelpunkt, ohne dass es aufdringlich feministisch ist.

In sehr schönem Stil beschreibt die Autorin das „Frauwerden“. Sie beginnt mit der Kindheit in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts. „Ich wachse auf im Gelbton der Siebzigerjahre. Ich laufe neben dem Leben der Eltern her. Die warten nicht, bis ich mir alles ganz genau angesehen habe. Die ziehen mich weiter.“ (Seite 9/10) Das Mädchen wächst in einem Mehrfamilienhaus auf, das der Großvater für seine Kinder gekauft hatte. So wohnt das Mädchen mit seinen Eltern, Onkeln und Tanten und Cousinen gemeinsam auf. Durch ihren Bruder erlebt sie erstmals den Unterschied, wie Buben und Mädchen behandelt und erzogen werden. „Wir Mädchen weinen, wenn uns der harte Völkerball trifft, und wir haben bessere Noten. Wir haben Handarbeiten statt Werken und wir prügeln uns nicht.“ (Seite 42/43) Die Eltern sind berufstätig. Als Schulmädchen erlebt sie Mütter von Freundinnen, die immer zu Hause sind. Dann kommt das Erwachsenwerden. Die Brüste wachsen und die Menstruation setzt ein. „Erwachsensein ist ein trüber Schwall; der mir aus der Zukunft entgegenschwappt: du musst, du sollst, du wirst einmal, du wirst schon noch.“ (Seite 61) Mit dem Satz „Eine Frau ist man aber erst, wenn man sich einen Penis in die Vagina stecken lässt.“ (Seite 69) bringt sie eine Definition, wie sie von Pubertierenden gesehen wird. In der Mittelschulzeit kommen erste emanzipatorischen Züge auf. Burschen spielen eine immer bedeutendere Rolle. Auch während des Studium. Nach abgeschlossenem Studium bekommt sie – durch Protektion ihres Vaters – einen Job als Assistentin an der Universität. Sie ist damit zufrieden. Sie merkt erst nach einem Mitarbeitergespräch, dass ihr „vierzig Wochenstunden, 10 Stunden Überstundenpauschale, 5 Wochen Urlaub, 14 Monatsgehälter“ (Seite 128) ausreichend sind. Mehr will sie nicht. Obwohl: ja. Da fehlt ihr ein Mann. Sie kritisiert ihr Aussehen. Männerbekanntschaften kommen und gehen „Die Männer spült der Alltag in mein Leben und er spült sie auch wieder hinaus aus meinem Leben.“ (Seite 134) Alle Freundinnen haben Familie und Kinder und ihr Alter schreitet ohne dem fort. Viele Männerfreundschaften währen nur kurz. Von einem wird sie schwanger. Er will aber kein Kind und drängt zur Abtreibung. Sie verlässt ihn und zieht ihr Kind – eine Tochter – allein auf. Die Probleme mit Kindern umzugehen, werden bei einer alleinerziehenden Mutter noch stärker und sie werden hier sehr gut beschrieben. Das Mädchen kommt in die Schule und merkt zunehmend, dass ein Vater fehlt. Sie fordert ihn ein und es kommt zum Zusammentreffen. Letztlich führt es auch die Eltern wieder zusammen und es endet mit einer Familie. Einer heilen Familie? Sie hadert immer noch und stellt Vergleiche an. Was würde geschehen, wenn keine Mädchen mehr zur Welt kommen würden? Oder wie würde diese Welt aussehen, wenn keine Buben mehr gezeugt würden? Ein interessantes Gedankenspiel. Ihre Parole aber lautet „Die Frau braucht einen Knochen im Herz. Damit der das Herz hart macht. Das Herz darf nicht so weich sein, weil sonst die Männer und die Kinder das Herz in die Faust nehmen und es drücken.“ (Seite 229)

Das Buch ist kritisch den Frauen gegenüber und zeigt auch deren Benachteiligungen auf. Es ist aber auch kritisch gegenüber den Emanzen und Politikerinnen, die für mehr Frauenrechte kämpfen – oder so tun als würden sie kämpfen.