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Der Olivenbaum

Erika Argyrou


Bucklig stehst du da mit Ästen schwer von deiner öl'gen Früchte Last.
Wie lange ist es wohl schon her, dass du erst begonnen hast
ein richt'ger Baum zu werden?
So mancher, sagt man, sei fünfhundert Jahre alt und mehr!
Wird es dich auch dann noch geben, wenn auf Erden
ein Menschenleben nicht mehr passt?


Wie viele Dinge schon hast du in deinem Leben
mit Geduld ertragen müssen?
Wie viele Hunde traten dir so nah um forsch das Bein zu heben
und an deinen krummen Stamm zu pissen?
Hast unzähl'ge Schläge bereits abgekriegt,
die Männerhände dir verpassten.
Mit langen Stangen sind sie angerückt
um deine hängend' Zweige zu entlasten.
Schwer und prall prasselten Oliven auf die Erde nieder.
Wusch! Und nochmal wusch! Und immer wieder
schlugen Männerarme mit den Stangen in dein zerzaustes Haupt.
Zurück bliebst du als Skelett, die Krone kahl, der Frucht beraubt.


Zwei Jahre ist nun heil'ge Ruh.
Machst selber deine Wunden zu.
Atmest den Sauerstoff, der heißen Muttererde Leben.
Treibst frisches Grün aus deinem Holz
solange bis du wieder bist bereit,
den Menschen deine Frucht zu geben.


Dieses Gedicht wurde in eine Edition der Frankfurter Bibliothek (Verlag der Brentano-Gesellschaft) zum Abdruck aufgenommen.

Zur Person:
Erika Argyrou, geb. 1954 in Hainburg/Donau, aufgewachsen in Bruck/Leitha, 4 Jahre Volksschule, 4 Jahre Bundesrealgymnasium, 1 Jahr kaufm. Handelsschule, danach kfm. Angestellte, 2001 ausgewandert nach Rhodos/Griechenland.