Feinstaubverringerung in Graz und anderswo#
H. Maurer, Professor an der TU Graz, Graz, 12. April 2012
hmaurer@iicm.edu
Dieser Beitrag ist ausgelöst durch den inakzeptablen Vorschlag, in Graz eine so große und potentiell 190.000 PKWs (!) betreffende Umweltzone einzuführen, die für alle diese Autos den Verkehr unmöglicht macht, weil Graz im Unterschied von z. B. München eine „Sternstruktur“ hat, und keinen „Mittleren Ring“ oder Ähnliches. Wohnt jemand im Norden von Graz und arbeitet im Süden, gibt es weder eine vernünftige öffentliche Verbindung, noch eine dann erlaubte Straßenverbindung, außer man macht über die wohl kaum sperrbaren Autobahnen einen enormen Umweg, sorgt also für viel mehr Feinstaub als heute….
Ich schlage eine Lösung vor, die auf vier Grundprinzipien beruht:
(1) Was immer man heute beschließt, muss eine 3- 5 jährige Übergangslösung beinhalten
(2) Zur Feinstaubreduzierung dürfen nicht nur die Autos (oder gar nur die PKWs) herangezogen werden.
(3) Autoverkehr darf nicht verboten werden, sondern kann verteuert werden
(4) Öffentlicher Verkehr muss billiger (und besser?) werden.
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Hinter den folgenden Überlegungen steht die Idee, durch eine Aufschlag auf den Treibstoffpreise das Autofahren weniger attraktiv zu machen und gleichzeitig der öffentlichen Hand die Punkte (2) und (4) zu erleichtern, wobei sowohl hoher Treibstoffverbrauch wie auch großer Schadstoffausstoß durch diesen Aufschlag teuer wird. (Hoher Treibstoffverbrauch, also z.B. große Fahrstrecken, erzeugen auch bei sauberen Autos viel Feinstaub). Um den „Treibstofftourismus“ zu verringern wird vorgeschlagen, den Aufschlag für Personen die nahe an der Grenze der Umweltzone zu verringern.Konkret:
Es wird eine große Zone A als Umweltzone festgelegt. (z.B.: A= große Umgebung um Graz; oder: A= gar ganze Steiermark; oder: A= ganz Österreich). Autofahrer können sich für ihr Fahrzeug eine Rabattkarte mit einem Wert x zwischen 0 und 4 besorgen. Der Wert x hängt ab vom Schadstoffausstoß des Autos (4: besonders wenig Schadstoffe, 0: sehr viele Schadstoffe) und vom Wohnort des Autobesitzers: wohnt er näher als b=20 km an der Grenze von A wird x um 2 erhöht, wohnt er näher als c=10 km an der Grenze von A wird x um 3 erhöht, in beiden Fällen auf maximal 4 (dies um Tanktourismus weniger attraktiv zu machen, s. u.). Dieser Wert x wird verwendet, um den c= 20% Aufschlag auf den Treibstoffpreis (der zur Finanzierung von (2) und (4) eingeführt wird) um 4 mal x % zu verringern.
Rechenbeispiel: Jemand direkt in Graz hat ein super sauberes Auto, also x=4. Beim Tanken wir der Zuschlag von 20% um 4 mal 4 = 16% verringert, d.h diese Person zahlt einen Aufschlag von 4%. Bei einem „schmutzigen“ Auto wäre die Verringerung allerdings Null (weil bei x= 0 doch 4 Mal x = 0 ist) , d.h. der Aufschlag wäre 20%. Für Personen, die Nahe an der Grenze der Umweltzone A fällt die Zusatzabgabe geringer aus (weil dort der x Wert höher ist) damit sie nicht bewusst außerhalb von A tanken.
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Öffentlicher Verkehr (Straßenbahnen, Stadtbusse) werden gratis. Diese und die P+R Plätze damit attraktiver; eventuell sind sinnvolle weitere P+R Plätze anzulegen (immer direkt bei einer Straßenbahn oder guten Busanbindung). Eine (Teil) Finanzierung kann über die Abgabe nach (3) erfolgenAd (2): #
Die Abgase von Straßentunnels, zumindest in Stadtnähe, werden durch Filter gereinigt. Besonders viel Feinstaub erzeugende Heizungen und Feuer werden in der Umweltzone A eingeschränkt. (Nur zur Information: Eine mit Pellets betrieben Heizung erzeugt im Vergleich zu einer mit schwefelarmen Öl betriebenen Heizung 400-1000 Mal mehr Feinstaub!).Beispiel: Durch den Grazer Plabutsch Tunnel fahren täglich über 30.000 Autos. Die Entlüftung der Tunnels wird ohne Filterung in die Luft geblasen. Nach Rechnungen, die ich nicht selbst nachvollzogen habe, würde allein durch die Filterung dieser Abgase der Feinstaub in manchen Teilen von Graz um mehr als 10% gesenkt!
Achtung: Die Ausdehnung von A, sowie die Parameter b, c und ob es 4 mal x oder 5 mal x sein soll, oder ob x mehr/weniger Werte haben soll, kann man diskutieren. Es geht ums Prinzip.
Achtung: Dieser Beitrag darf ohne meine Genehmigung beliebig aber unverändert unter meinem Namen verwendet werden. Bei Abänderungen bitte ich um vorhergehende Vorlage oder Streichung meines Namen.
Um den Feinstaub ist es ja in letzter Zeit recht ruhig geworden.
Es gibt Grenzwerte. Gut. Die werden überschritten. Und damit hat sich´s.
Die Lungen der Bevölkerung können das ja filtern.
Zwischen grob 10 und 18 Quadratmeter Lungenfläche pro Person, dableiben schon ein paar Partikel hängen.
Die zu bestellenden Dienstwagen unserer Bonzen haben sicher Aktivkohlefilter in iher Zuluft eingebaut.
Zum "Treibstofftourismus" fällt mir ein, daß vielen Leuten unheimlich fad ist, und sie jede
Aktivität, und sei sie noch so bescheuert, wahrnehmen, um Leben in ihr Leben zu bringen.
Ich kenne Leute, die fahren 150 km pro Richtung, um Zucker einzukaufen und einen Ausflug
damit zu verbinden. Oder andere, die das eben wegen Treibstoff machen.
Der Ansatz, die "Sauberkeit" eines Autos als Regulativ für den Treibstoffpreis zu verwenden, wirft die Fragen auf:
wer kann sich ein sauberes Auto leisten? - kann er/sie es nicht, weil dafür das Geld nicht reicht, wird er/sie
gleich dafür bestraft. Ein soziales Problem.
Weiters, wie definiert man ein "sauberes Auto": per Marke/Type, Baujahr, Tüv?
Und, wie geht man mit ausländischen Autos um, die den Berechtigungsnachweis für den Kauf von billigerem Treibstoff nicht erbringen?
Die Abluft von ALLEN statischen Emittenten zu filtern sollte schon längst durchgeführt sein.
Wenn hier nicht sämtliche Straßentunnels mit eingeschlossen sind, halte ich das für ein Versäumnis der Behörden.
Die einfachste Lösung des Feinstaubproblems sollte man focieren, denke ich:
Feinstaub möglichst nicht entstehen zu lassen, und wo das unumgänglich ist, zu minimieren versuchen.
Mein Auto hat ca. 6 Liter Motoröl und braucht damit etwa 10 km, bis es warm ist.
Kürzere Fahrten sind damit unsinnig -- ich kann gehen, Fahrrad und Jahreskarte für öffentlichen Verkehr ergänzen meine Mobilität.
Wenn wir schon dabei sind:
wann wachen die Autofahrer endlich auf und beenden, bei strahlendem Sonnenschein, mit fossilem Treibstoff Licht zu produzieren?
-- Waldbär der VI., Freitag, 13. April 2012, 17:02
Das ist so viel auf einmal, daher nur zu einzelnen Punkten. Vorweggenommenes Fazit: In einer Stadt haben Autos und Hunde nichts verloren.
1. Woher kommmt der Feinstaub?
Bei Ottomotoren gibt es keine Partikelemissionen, bei Dieselmotoren dann wenig bis fast keine, wenn sie mit Partikelfilter ausgerüstet sind. Zweitaktmotoren mit ihrer blauen Rauchfahne (die zu 100 % aus Partikel besteht) gibt es ja kaum noch, zum Glück. Die Puchmopeds und der Trabbi gehören ins Museum.
Feinstaub kommt aber nicht nur von Motoremissionen, sondern hat auch etliche andere Ursachen, z.B. andere Emitoren wie Hausbrand und Streugut. Sogar der (in Wien gigantische) Hundedreck gehört dazu. Aber der Autoverkehr ist schon eine der Hauptursachen. - Vom Autoverkehr allein kriegt man den Feinstaub nicht weg.
2. Warum nicht einfach weg mit den Autos aus der Stadt?
Ich kenne Graz nicht gut genug, aber von Wien kann ich sagen, dass man absolut nur mehr dorthin fahren kann, wo man das Auto (zu erträglichen Kosten) parken kann. Das geht in keiner Gegend innerhalb des Gürtels, und fast in keiner, die einigermaßen verbaut ist. Mobilität geht in Wien mit Öffis nicht nur wirklich viel besser - sondern überhaupt nur!. Ich kann Prof. Maurer nicht glauben, dass es in Graz so ganz anders sein soll. Die Stunden, die ich in Graz im Stau gesteckt bin oder auf dem millimetergenau kreuz-und quer-verparkten Parkplatz seines Universitätsinstituts zu tun hatte, um rein- oder wieder rauszukommen, hätte ich viel lieber mit ihm bei einem Kaffee verbracht.
Der vorgeschlagene Nulltarif für Öffis ist daher zu begrüßen - aber eben nur dann, wenn GAR KEINE (privaten) Autofahrten mehr in der Stadt stattfinden. Leider haben die Grünen in Wien gelogen, als sie versprochen haben, eine Regierungsbeteiligung von einem Jahreskartentarif von 100 EURO abhängig zu machen. Gut, 100 EURO ist nicht Nulltarif, aber doch recht nah dran zur Erreichung des gewünschten Effekts.
3. Eine Stadt ohne Autos: eine Wohltat
Ich war grad in Regensburg, Nürnberg und Rotheburg/Tauber. Wunderschöne Altstädt, buchstäblich ruiniert vom Auto.
4. Hermann Maurers Vorschläge konterkarieren ein Credo von ihm: Reduzierung von administrativem Aufwand Richtung Null. Jede(JEDE!) Regelung gebiert Metastasen an Ausnahmen; das alles will verwaltet werden.
-- Lechner Peter, Samstag, 5. Mai 2012, 11:42
Mit Bio-Rapsdiesel könnte man auch im ländlichen Bereich viel Feinstaub vermeiden, da ja Traktoren und Ackerschlepper sowie Baumaschinen und auch die großen Lastwagen enorm Schadstoffe emittieren.
-- Glaubauf Karl, Samstag, 5. Mai 2012, 13:30