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unbekannter Gast

Ich habe bald keine Freunde mehr#

Schuld haben das iPhone und seine sich epidemierartig ausbreitenden Kopien, vulgo „Smartphone“.

Jeder Besitzer eines solchen Zeigefingerabnutzungsapparates, mit dem ich beisammensitze, rede, reden muss usw. reißt bei der geringsten Provokation sein halbziegelsteingroßes Trum heraus und schaut was nach.

Wird der Prinz Charles noch König oder geht es sich für ihn nimmer aus, weil die Queen, eh schon gefühlte 100 Jahre alt, noch 150 wird? Zack – iPhone rausgerissen und das Alter vom Charles gegoogelt.

Nießen und „Wohlsein“ sagen? Gefährlich! Der iPhonist googelt sofort die sprachlichen Wurzeln von „Zum Wohl“ samt Entstehungsgeschichte des Brauchs, „zum Wohl“ zu sagen, wenn man grade mit Bazillen überschüttet wurde.

Es ist zum Ausderhautfahren. Ich hab vor kurzem einem Damals-noch-Freund unverblümt gesagt, wie sehr mich so ein Verhalten stört. Meine Wortwahl war - naja, ich habe halt Worte verwendet, die der Dichterfürst Goethe seinerzeit dem Helden eines Sturm- und Drang Dramas in den Mund gelegt hat. Daraufhin hat dieser Mann rasch noch auf seinem iPhone über Götz v. Berlichingen gegoogelt, ist beleidigt aufgestanden und ist seitdem mein Ex-Freund.

So wird es mir mit allen Freunden gehen, ich hab bald keine Freunde mehr. Schade, aber ein süchtiger iPhonist ist für seine Umwelt sowieso verloren. Ich muss mich damit abfinden.

Ob mich einer der Ex-Freunde vermisst? Er kann mich ja am iPhone googeln. Kreuzweise.


Ein Lob den Neuseeländern. In allen besseren Restaurants muss man alle Mobiltelephone abgeben, wenn man zu seinem Tisch geführt wird. Ich schlage daher vor, dass unser nächstes beiderseitiges Treffen in Auckland stattfindet.

Einverstanden, Peter? Herzlichst Hermann

-- Maurer Hermann, Donnerstag, 24. Mai 2012, 10:52


Wirklich toller Beitrag. Der Gesprächspartner hat wahrscheinlich: "Sage er seinem Hauptmann, er könne mich..." ergoogelt.Ganz arg ist es auch mit den Handys, die keine Gesprächsatmosphäre mehr aufkommen lassen, wenn es sich nicht um wohlerzogene denkende Menschen handelt, naja eben die Ambivalent des Fortschritts...

-- Glaubauf Karl, Donnerstag, 24. Mai 2012, 13:44


Ei da hab ich ja direkt Glück, mit meinem Waldbären-Dasein. In die Nieschen, in denen ich heimisch bin, dringt kein Funkverkehr. Gurgeln der Bächlein, statt Googeln, Ei- statt i-dechse. Nur... nur: niemand versteht dort klassische Zitate. Das ist wieder der Vorteil in der "Zivilisation"

-- Waldbär der VI, Freitag, 25. Mai 2012, 11:39


ob das götz-zitat so ein wahnsinniger vorteil ist sei dahingestellt, man könnte den eindruck haben, dass es ziemlich inflationär gebraucht wird so a la weisst eh, dritter akt und fünfte szene...

-- Glaubauf Karl, Samstag, 26. Mai 2012, 23:20


@ Glaubauf Karl:

Ja, es tut mir eh Leid, dass ich eine solche Sprache geführt habe (in meinem Beitrag, nicht in der Wirklichkeit, da tu ich sowas nicht, denn eigentlich bin ich ein entschiedener Gegner von Kraftausdrücken).

Idee: Besagtes Zitat per Gesetz verbieten. Nur: Was machen dann die Tiroler und Bayern, wenn sie jemandem "Guten Morgen", "Guten Tag" und "Auf Wiedersehen" sagen wollen?

-- Lechner Peter, Sonntag, 27. Mai 2012, 07:40


echt gut....

-- Glaubauf Karl, Sonntag, 27. Mai 2012, 11:12


Wie passend! Den folgenden Text habe ich im Online readers Digest gefunden, sehr zu meinem Beitrag passend und mir aus der Seele gesprochen:

Bitte auflegen!

Inmitten unseres Gesprächs hält mein Gegenüber sein Handy ans Ohr und sagt zu mir: „Verzeihung!“ Obwohl ich meinem Gesprächspartner physisch näher stehe, ihm in die Augen sehen kann und wir soeben einen interessanten Gedanken austauschten, siegt das Telefon!

Nun höre ich Antworten auf unbekannte Fragen und mühe mich aus Höflichkeit wegzuhören. Ich staune über die Offenheit, mit der Personalprobleme diskutiert oder Geschäftsinterna erörtert werden. Wenn ich Glück habe, geht es schnell, ansonsten erlebe ich zähe Minuten einer neuen Form von Einsamkeit: Ich befinde mich in einer Warteschleife, bei der ich nicht auflegen kann. Das stumme Danebenstehen ist mir unangenehm, und wenn mein abwesendes Gegenüber dann noch anfängt, über belanglose Dinge zu plaudern, bin ich endgültig sauer. In meinen Träumen gehe ich in dieser Situation einfach weg; täte ich dies in der Realität, ich bin mir nicht einmal sicher, ob der andere dies überhaupt bemerken würde. Ich ertappe mich, wie ich in meiner Vorstellung den Vieltelefonierer wütend anschreie: „Hallo, hier ist die Wirklichkeit!“, und ihm sein glänzendes Kästchen entreiße. Nein, so mutig war ich bisher nicht, und so warte ich geduldig, bis es nach dem Auflegen heißt: „Verzeihung, wo waren wir stehen geblieben?“ Die Rituale unserer emsigen Industriegesellschaft besitzen mitunter religiöse Züge: Da sitzen Geschäftsleute schweigend nebeneinander und bedienen Taschencomputer, als wären dies moderne Gebetsketten.

Die Sucht nach neuen E-Mails verwandelt ganze Großraumwagen in schweigende Laptopzonen. Mich erinnern die Fahrgäste an Ordensbrüder, die wortlos ein Brevier verinnerlichen. In Businesscentern sehe ich immer mehr Menschen mit dem Headset des Handys am Ohr, in Gespräche mit unsichtbaren Teilnehmern vertieft, ihre Augen abwesend, so als gäbe es kein Hier und Jetzt. Das Gespräch von Angesicht zu Angesicht ist bedroht, denn das sofortige Reagieren auf klingelnde Telefone gleicht einer Absage an die Kraft des Realen. In solchen Momenten lautet die Botschaft: Mein Telefon ist wichtiger als du. Einige meiner Bekannten sind so süchtig nach ihren elektronischen Verbindungen, dass sie sogar hemmungslos in Restaurants, auf Skipisten oder beim abendlichen Zusammensein auf ihre winzigen Bildschirme starren. Ihr stetes Reagieren auf das Vibrieren ihrer Handys macht sie zu Notfallärzten einer kranken Geschäftswelt, die offenbar sofort Hilfe benötigt. Doch die Patienten sind meist gelangweilte Kollegen, die Autofahrten oder Flugverspätungen mit belanglosen Gesprächen auffüllen wollen.

Die Stille der Unerreichbarkeit scheint ihnen so unerträglich zu sein, dass sie ihre Autos mit Freisprecheinrichtungen in fahrende Telefonzellen verwandeln und ohne Scheu das Gegenüber fünfmal hintereinander anrufen: „Verzeihung – die Funklöcher!“

Vielleicht wendet sich das Blatt, denn in Restaurants, Konferenzen und Flughäfen höre ich immer häufiger den Satz: „Ich kann jetzt nicht!“ Anruf unerwünscht in Zeiten der Dauererreichbarkeit.

Der konsequente zweite Schritt wäre ein Kappen der elektronischen Nabelschnur: „Der Teilnehmer ist nicht erreichbar.“ Und wer weiß, vielleicht heißt es irgendwann: „Der Teilnehmer hat sich derzeit für die Wirklichkeit entschieden!“

-- Lechner Peter, Donnerstag, 8. November 2012, 18:48


Unbenannt.JPG

-- Unbekannt, Sonntag, 28. Juli 2013, 09:07