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Arbeitnehmende "an der Front" fühlen sich weniger wertgeschätzt als Personen im Home-Office#

Befragung der Universität Wien unter österreichischen Beschäftigten#

Was die Kommunikation durch ihren Arbeitgeber angeht, sagt nur die Hälfte derjenigen, die an ihrem regulären Arbeitsort arbeiten, sie werden in der derzeitigen Krise rechtzeitig durch ihren Arbeitgeber informiert
Was die Kommunikation durch ihren Arbeitgeber angeht, sagt nur die Hälfte derjenigen, die an ihrem regulären Arbeitsort arbeiten, sie werden in der derzeitigen Krise rechtzeitig durch ihren Arbeitgeber informiert.
Foto: © Sabine Einwiller, Universität Wien
Weniger als die Hälfte der Arbeitnehmenden (44 Prozent), die oft an vorderster Front stehen, empfinden derzeit, dass sie große Wertschätzung durch das Management erfahren und 61 Prozent fühlen sich fair und gerecht behandelt
Weniger als die Hälfte der Arbeitnehmenden (44 Prozent), die oft an vorderster Front stehen, empfinden derzeit, dass sie große Wertschätzung durch das Management erfahren und 61 Prozent fühlen sich fair und gerecht behandelt.
Foto: © Sabine Einwiller, Universität Wien

Forscher*innen um Kommunikationswissenschaftlerin Sabine Einwiller an der Universität Wien haben im April mehr als 1.000 Arbeitnehmende in Österreich befragt, um die Zufriedenheit mit der Kommunikation des Arbeitgebers zu erfahren. Die Ergebnisse zeigen, dass sich Personen, die oftmals an der Arbeitsfront ihren Mann oder ihre Frau stehen müssen, nicht nur angespannter fühlen als Personen, die im Home-Office arbeiten. Sie fühlen sich auch weniger gut durch ihren Arbeitgeber informiert, weniger fair behandelt und weniger wertgeschätzt.

Menschen, die derzeit mehrheitlich an ihrem regulären Arbeitsort arbeiten, wie Mitarbeitende im Gesundheitswesen, Lebensmittelhandel und im öffentlichen Verkehr, sind besonderen Herausforderungen ausgesetzt. Zum einen können sie sich weniger gut vor Ansteckungen schützen als andere, die von zuhause aus arbeiten. Auch müssen sie meist strenge Sicherheitsvorkehrungen beachten, um beispielsweise Kund*innen nicht zu gefährden. Das erzeugt Stress und Unsicherheit und damit ein erhöhtes Bedürfnis an Information und Kommunikation, aber auch an Wertschätzung durch den Arbeitgeber.

Der erhöhte Stress der Arbeitnehmenden, die an ihrem regulären Arbeitsort und somit oft an vorderster Front arbeiten, zeigt sich in der gefühlten Anspannung. In der Zeit seit dem 16. März fühlten sich 30 Prozent dieser Personen oft oder sehr oft angespannt und 21 Prozent sogar aufgebracht. Personen, die im Home-Office arbeiten, hatten solche Gefühle signifikant seltener.

Was die Kommunikation durch ihren Arbeitgeber angeht, sagt nur die Hälfte derjenigen, die an ihrem regulären Arbeitsort arbeiten, sie werden in der derzeitigen Krise rechtzeitig durch ihren Arbeitgeber informiert. Von denjenigen, die im Home-Office arbeiten, sagen dies 62 Prozent. Auch was konkrete Informationen zu wichtigen Themen angeht, geben die Arbeitnehmenden an der Front in geringerem Maße an, sehr zufrieden oder zufrieden zu sein. Dies betrifft Informationen zu Dos & Don’ts (60 Prozent), zu organisationsrelevanten behördlichen Beschlüssen und Anordnungen (49 Prozent), zu Auswirkungen der Krise auf den eigenen Arbeitsbereich (45 Prozent) und zu neuen Anforderungen an die Mitarbeitenden (52 Prozent). Bei Arbeitnehmenden im Home-Office fallen die Zustimmungsraten zur Zufriedenheit mit solchen wichtigen Informationen durchweg signifikant höher aus.

"Mitarbeitende, die nicht ständig am Computer sitzen, sind natürlich schwerer zu erreichen", sagt Sabine Einwiller, Professorin für Public Relations Forschung an der Universität Wien und Leiterin der Studie. "Aber gerade in so einer kritischen Zeit wie jetzt ist es von großer Wichtigkeit, die Kommunikation mit den Mitarbeitenden, die an der Front arbeiten, zu optimieren. Denn sie sind nicht nur selbst stärker gefährdet als diejenigen im Home-Office; sie müssen zusätzlich auch noch auf die Sicherheit von anderen achten."

Auch hinsichtlich Fairness und Wertschätzung, die die Arbeitnehmenden durch ihren Arbeitgeber erfahren, besteht eine Kluft zwischen denjenigen, die an ihrem regulären Arbeitsort arbeiten, und jenen, die ausschließlich oder vorwiegend im Home-Office sind. Weniger als die Hälfte der Arbeitnehmenden (44 Prozent), die oft an vorderster Front stehen, empfinden derzeit, dass sie große Wertschätzung durch das Management erfahren und 61 Prozent fühlen sich fair und gerecht behandelt. Rund die Hälfte ist voll oder voll und ganz der Meinung, dass ihr Arbeitgeber ihnen für ihren Einsatz dankt (53 Prozent) und offen kommuniziert, dass die Arbeit von Mitarbeitenden wie ihnen wichtig sei (49 Prozent). Bei Arbeitnehmenden, die im Home-Office arbeiten, liegen die Zustimmungswerte jeweils deutlich über 50 Prozent und damit signifikant höher.

"Gerade denjenigen, die während der Corona-Krise am Arbeitsplatz und somit oft an vorderster Front arbeiten, gebührt Wertschätzung und Dank. Dass sie das aber weniger wahrnehmen als Personen, die zuhause im Home-Office arbeiten, ist sehr bedauerlich", führt Sabine Einwiller weiter aus.

Die geringere Zufriedenheit mit der Kommunikation und die verhältnismäßig geringere wahrgenommene Wertschätzung schlägt sich auch darin nieder, wie stark die Managemententscheidungen in der Krise akzeptiert werden. Während rund zwei Drittel der am Arbeitsplatz Arbeitenden angeben, die Entscheidungen des Managements in dieser Krise aktiv zu unterstützen (67 Prozent) und offen für Veränderungen zu sein (68 Prozent), liegt die Zustimmungsrate dazu bei den im Home-Office Arbeitenden um jeweils mehr als 10 Prozentpunkte höher.

Und wie steht es um die Zukunftsängste, die Arbeitnehmende in Österreich derzeit empfinden? Hier zeigt sich, dass man bezüglich seines engeren Umfeldes weniger beunruhigt ist als mit Blick auf die Gesamtwirtschaft. Konkret äußern sich nur rund ein Viertel der Befragten sehr stark oder stark beunruhigt, was die eigene berufliche Situation (26 Prozent) und die wirtschaftliche Situation des eigenen Arbeitgebers (28 Prozent) angeht. In Bezug auf die Wirtschaft in Österreich ist die Beunruhigung jedoch doppelt so hoch. Hier sagen 57 Prozent sie seien (sehr) stark beunruhigt, wenn sie an die Zukunft denken.

Zur Befragung:#

Befragt wurden zwischen dem 6. und 18. April 1124 Arbeitnehmende in Österreich. Die operative Durchführung der Onlinebefragung erfolgte durch Dynata. Die Auswertung bezieht sich auf diejenigen 1068 Personen (Frauen: 56 Prozent), die zum Befragungszeitpunkt beim selben Arbeitgeber beschäftigt waren wie vor der Corona-Krise; 5 Prozent der Befragten hatten aufgrund der Corona-Krise ihren Job verloren oder gewechselt. Die Befragten verteilen sich gleichmäßig auf vier Unternehmensgrößen (Mitarbeiterzahl: 10 bis 49, 50 bis 249, 250 bis 1000, > 1000). Von den 1068 Befragten arbeiteten 507 (48 Prozent) überwiegend im Home-Office und 561 (52 Prozent) ausschließlich oder zu einem bedeutenden Teil am regulären Arbeitsort. Frauen und Männer arbeiten gleichermaßen oft am regulären Arbeitsort (Frauen: 52%; Männer: 53%). Branchen, in denen die Arbeitnehmenden mehrheitlich am regulären Arbeitsort eingesetzt waren, sind Gesundheits- & Sozialwesen (73 Prozent), Handel (65 Prozent, v.a. Lebensmitteleinzelhandel) sowie Verkehr & Logistik (61 Prozent). Während jeweils ca. 30 Prozent als höchsten Bildungsabschluss Matura angaben, liegt die Zahl der Personen mit Studienabschluss bei den im Home-Office Arbeitenden höher (39 Prozent) als bei denen, die am Arbeitsplatz arbeiten (16 Prozent); letztere haben eher eine Lehre absolviert (37 Prozent) als jene im Home-Office (17 Prozent). Auch hinsichtlich des Gehalts zeigt sich ein Unterschied: 43 Prozent derjenigen, die zu einem bedeutenden Teil am regulären Arbeitsplatz arbeiten, haben ein monatliches Haushaltsnettoeinkommen bis 2.500 Euro; in der Gruppe der überwiegend im Homeoffice Arbeitenden sind es nur 32 Prozent.

Wissenschaftlicher Kontakt#

Univ.-Prof. Dr. Sabine Einwiller
Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft
Universität Wien
1090 - Wien, Währinger Straße 29
+43-1-4277-49319
sabine.einwiller@univie.ac.at


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