Noch kein Mangel, aber hoher Bedarf an Schutzkleidung#
Im Kampf gegen das Coronavirus kommt es auch darauf an, das Spitalspersonal vor Ansteckungen zu schützen. In Wien testet man die Wiederverwertung von Schutzmasken. Oberösterreich und Steiermark melden unterdessen neue Tote.#
Von der Wiener Zeitung (18. März 2020) freundlicherweise zur Verfügung gestellt
Bundeskanzler Sebastian Kurz hat sich am Mittwoch erneut bei den Österreichern dafür bedankt, dass sie die Maßnahmen gegen das Coronavirus einhalten. "Viel mehr geht schon gar nicht mehr", meinte Kurz mit Blick auf die Ausgangsbeschränkungen, Schulschließungen und Lokalsperren. Das sei maximaler Standard, insofern hoffe er sehr, dass die Maßnahmen greifen. Und er appellierte an die Bevölkerung, "lange" durchzuhalten, "weil sonst kommt die Krankheit sofort wieder".
Am Mittwoch gab es den ersten Corona-Todesfall in Oberösterreich: Im Linzer Kepler Universitätsklinikum ist eine 27-Jährige an einer Coronavirus-Infektion gestorben. Laut Spital war sie seit Jahren schwer krank und damit absolut einer Risikogruppe zuzurechnen. In der Steiermark sind in der Nacht auf Mittwoch gleich zwei mit dem Coronavirus infizierte Männer gestorben, beide Jahrgang 1940. Damit gab es mit Stand von Mittwoch 15 Uhr österreichweit 1646 Erkrankungen und 7 Todesfälle - wobei die Fälle in Oberösterreich und der Steiermark noch nicht behördlich bestätigt waren. Auch die Wiener Stadtregierung ist inzwischen betroffen: Wohnbau- und Frauenstadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) wurde positiv auf das Virus getestet.
Abwechselnde Teams#
Höchste Priorität hat wohl nun das Gesundheitssystem und dessen Widerstandsfähigkeit. Denn wie bei jeder Epidemie erkrankt das Spitalspersonal besonders häufig und früh - schließlich steht es an vorderster Front. An dieser Gruppe hängt nun das Überleben tausender Menschen. Um den Spitalsbereich zu schützen, empfiehlt etwa Harald Mayer, Vizepräsident und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte der Österreichischen Ärztekammer, eine entsprechende Dienstplanerstellung je nach Abteilungsgröße und Einsatzgebiet: "Eine Verbreitung der Infektionen durch die vielen Kontakte in Spitälern lässt sich eindämmen, wenn die Spitalsmitarbeiter alle in klar definierten, fixen Teams für längere Zeit gemeinsam arbeiten", so Mayer. Kommt es demnach zu Erkrankungen in einem Team, können die anderen Teams weiterarbeiten, bis die Quarantäne oder die Krankheit beim betroffenen Team ausgestanden ist.
Viele Krankenhäuser - vor allem in Wien - haben zuletzt Schleusen und Kontrollen an den Eingängen eingerichtet. Gesundheitsminister Rudolf Anschober kündigte auch an, die Testungen im Spitalsbereich zu verstärken. Ein wichtiger Beitrag zum Schutz der Spitäler ist laut dem Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker das Home-Sampling, "weil es uns damit schon seit 28. Februar gelingt, alle Menschen, die potenziell oder tatsächlich positiv sind, zu Hause zu isolieren". Anders als bei Testketten, die derzeit in vielen anderen Städten der Welt stattfinden - "das ist genau der Ort, wo man sich am besten anstecken kann", so Hacker.
Der Wiener Infektiologe Christoph Wenisch vom Kaiser-Franz-Josef-Spital meint sogar, das Krankenhaus wäre eigentlich "der sicherste Ort für Gesundheitsarbeiter". Diese würden sich eher woanders anstecken, zum Beispiel bei Kongressen oder im Supermarkt. Denn außerhalb der Betreuung von Covid-19-Patienten müsse man keine Schutzmasken tragen. "Aber wenn wir Covid-19-Patienten betreuen, dann gibt es natürlich FFP3-Masken, Augenschutz, Hauben und Schutzkleidung", so Wenisch.
Der medizinische Direktor des Wiener Krankenanstaltenverbundes, Michael Binder, erklärte wiederum, ein Spital sei im Endeffekt immer ein Spiegelbild der Gesellschaft. Das gelte auch für die Situation bei Infektionskrankheiten. Hier würden einander die Maßnahmen im Gesundheitswesen beziehungsweise in den Spitälern und jene außerhalb, wie das Reduzieren aller sozialen Kontakte auf das mögliche Mindestmaß, ergänzen.
Ein "Naturphänomen"#
Was die Hygienemaßnahmen im Spitalsbereich betreffe, herrsche auf jeden Fall noch kein Mangel, aber der Verbrauch sei hoch. Beim KAV seien deshalb bereits Tests für die Wiederverwertung von Schutzmasken durchgeführt worden. Am besten sei eine Aufarbeitung mit heißem Dampf geeignet.
Hundertprozentiger Schutz sei aber nicht möglich, gab schließlich der Gesundheitsstadtrat zu bedenken. Denn die Menschheit sei hier mit einem "Naturphänomen" konfrontiert, gegen das es derzeit weder Impfungen noch Medikamente wie bei anderen Erkrankungen gibt. "Und dieses Naturphänomen können wir alle leider nur in geringem Ausmaß beeinflussen", so Hacker. (rös)