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Ausseer Handdruck#

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"Heimatlexikon - Unser Österreich"
Ein Projekt von ServusTV in Zusammenarbeit mit dem Austria-Forum

Eine in Österreich einzigartige Handwerkkunst

Der Handdruck von Seidenstoffen wird in Österreich nur noch im Ausseerland ausgeübt. Hier sind es gleich vier Betriebe, die sich dieser alten Tradition verpflichtet fühlen, was wohl darauf hinweist, dass gerade in Bad Aussee und im Salzkammergut das Tragen der Tracht seinen festen Standort im Leben der Menschen behalten hat - Ausdruck einer Lebenseinstellung, die es zu einer "Trachteninsel" in Österreich macht.

Handdruckereien
Die Modeln sind der größte Schatz der Handdruckereien.
Foto: Hilde und Willi Senft

Der Ausseer Handdruck ist eine Kunst, die heute, angesichts der industriellen Billigfertigung aus Kernost, fast ein Anachronismus zu sein scheint, aber dennoch beweist, dass gediegenes Handwerk, welches erstklassige Qualität produziert, seinen "Platz an der Sonne" behaupten kann.

Die Betriebe verwenden hauptsächlich Reinseiden-Twill, der durch seine schräge Bindung die Farben besonders kräftig leuchten lässt. Die gesamte Farbe wird händisch aufgetragen, und die verschiedenen Muster werden mit den handgefertigten Modeln aufgedrückt. - Aber nun kurz zu den einzelnen Arbeitsgängen:

Die weiße Seide wird auf einen etwa vier Meter langen Tisch mit einer saugenden Unterlage gespannt und daneben eine filzbespannte Druckplatte mit der gewünschten Farbe getränkt, was in der Regel mittels eines Pinsels geschieht. Diese glatte, farbgetränkte Druckplatte wird nun zum Farben auf die Seide gedrückt. Ein Mitläufer saugt die überschüssige Farbe wie ein Löschpapier auf.

Bedrucken der Seide
Das Bedrucken der Seide erfordert viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl.
Foto: Hilde und Willi Senft

Sodann kommen die Modeln mit den verschiedenen Mustern zum Einsatz, von denen meist an die fünfzig verschiedenen vorrätig sind; die gröberen sind handgeschnitzt, die feineren bestehen aus in Eschen- oder Buchenholz eingeschlagenen Messingstiften. Diese Modeln mit ihren individuellen Mustern sind das wertvollste Kapital der Handdrucker und werden wie ein Schatz gehütet. Gelegentlich können auf Antiquitätenmessen zusätzliche Formen erstanden werden.

Der händische Druckvorgang mit dem Model erfordert Geschick und Erfahrung, wenn eine Reihe nach der anderen aufgedruckt wird. Jeder der Modeln hat an den Enden einen kleinen Punkt, an dem der Drucker erkennt, wo die nächste Form angesetzt werden muss. Dieser mitgedruckte kleine Punkt ist der untrügliche Beweis für reine Handarbeit. Meist werden die Muster in Sehwarz aufgedruckt, weil dadurch der farbige Untergrund besser zur Geltung kommt.

Tücheln
Das Sortiment an bedruckten Tücheln im Geschäft ist ein Fest für die Augen.
Foto: Hilde und Willi Senft

Das Besondere an den Handdrucken sind die kleinen individuellen Abweichungen, die sie von maschinell bedruckten Geweben unterscheiden, ähnlich wie sich ein handgeknüpfter Teppich vom maschinell gewebten unterscheidet.

Nach dem Druck werden die Bahnen zum Trocknen aufgehängt und kommen anschließend in einen Polymerisierschrank, in dem die Farbe durch Hitzeeinwirkung stabilisiert und dadurch waschbar wird. Nun müssen die Bahnen nur noch in die gewünschte Form geschnitten und allenfalls mit Fransen versehen werden.

Die gesamte Arbeit erfordert viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl, und es bedarf meist eines ganzen Tages, um acht Laufmeter Seide zu bedrucken.




Geschichte

Die Geschichte des Ausseer Handdruckes in der heutigen Form als Buntdruck ist gar nicht so alt, wie man meinen möchte: kurz vor 1930, als die goldenen Zwanziger Jahre vorbei waren und die Weltwirtschaftkrise sich anbahnte, war es um traditionelle Trachtenstoffe schlecht bestellt.

Handdruckerei Wach
Das Haus der Handdruckerei Wach in Bad Aussee ist vierhundert Jahre alt.
Foto: Hilde und Willi Senft
Gegen die "geschmacklose Ware" aus industrieller Produktion wollte Anna Wolsey-Mautner, Witwe des größten Trachtensammlers im Ausseerland, Konrad Mautner, die Qualität der Tracht bewahren. Die Dame der Wiener Gesellschaft kaufte alte Modeln auf und ließ sich von einem Handdrucker anlernen. Mit Unterstützung und Ermutigung des Familienfreundes Viktor von Geramb begann sie, ihren Grundlseer Handdruck in Grundlsee einzurichten.

War es anfangs reine Leinen-Blaudruckerei, wurden Anna Mautners Drucke rasch handwerklich und gestalterisch immer ausgefeilter. Um 1935 wurden neue Druckfarben getestet und es entstand ein völlig neues Buntdruck-Verfahren, ein Positivdruck verschiedener Farben und Muster übereinander.

Dies kann als Geburtsstunde des bis dahin in dieser Form nicht existenten Ausseer Handdrucks gesehen werden.

Das künstlerische Talent Anna Mautners, ihr Gespür für Muster- und Farbkombinationen fanden bei den Einheimischen bald Anklang und wurden im exklusiven Wiener Freundeskreis und von zahlreichen Künstlern aus dem Kreis um Max Reinhard bei den Salzburger Festspielen gefragt und begehrt.

1941 musste die jüdischstämmige Anna Mautner mit ihren 4 Kindern nach England und Übersee emigrieren, von wo sie bereits 1946 an den Grundlsee zurückkehrte und die Handdruckerei 1947 wieder aufnahm.

Ab 1960 führte Mitzl Pressl, die "Steirer Mirzl", die Handdruckerei von Anna Mautner als Mautner Handdruck weiter.

Der Schneidermeister und Trachtengeschäftsinhaber Hellmut Wöll und der Fotograf Sepp Wach eröffneten 1971 die Ausseer Handdruckerei. Doch bereits 1973 trennen sich ihre Wege wieder: Hellmut Wöll gründete im selben Jahr die Ausseer Seidendruckerei, Handdruck und Heimatkunst, übersiedelte aber bald nach 1976 nach Straß in Niederösterreich.

Sepp Wach gründete ebenfalls 1973 mit seiner Frau einen neuen Betrieb Seidendrucke Sepp Wach; nach der Trennung des Ehepaars gründete Elfriede Wach ein eigenes Unternehmen, die Steirische Seidenhanddruckerei Elfriede Wach - heute Handdruck Elfriede Sekyra.

Seit 1992 führt Sohn Markus die Geschäfte des Handdrucks Sekyra, entwirft neue Muster und Motive, bedruckt auch Lederhosen, Handtaschen, Trachtenbeutel und Lederhandschuhe.

Der traditionsreiche Mautner Handdruck, der nach der Pensionierung von Mirzl und Sepp Prisching vorübergehend stillgelegt war, wird heute von der Tochter Martina Reischauer weitergeführt - die Mautner-Seide besticht nach wie vor durch ihren weichen Griff, die Leuchtkraft und das besondere Farbenspiel.

Neben den 3 Betrieben, die alle in irgendeiner Form mit der Mautner’schen Druckereigeschichte in Verbindung gebracht werden können, gibt es noch Christiane Eder, die 1985 den "Ausseer Modelhanddruck Christiane Eder" gründete und seither leidenschaftlich färbt, malt und bedruckt.

So gibt es gegenwärtig im Ausseerland sozusagen ein Kleeblatt von vier kreativen Handdrucker/-innen mit ihren Mitarbeiter/-innen, die sich allesamt mit großer Hingabe ihrer Berufung, der Kunst des textilen Handdrucks widmen.

2011 wurde der Tobi Reiser Preis an die Ausseer Handdrucker verliehen – ein Preis, der alljährlich an herausragende Persönlichkeiten aus dem Bereich der Volks- und Alltagskultur vergeben wird.

Literatur#

  • Archiv Salzburger Heimatwerk: Originalbriefe von Reiser, Mautner, Prisching
  • Freund, Andreas: Ausseer Handdrucke. Profil eines Steirischen Hausgewerbes. Diss.1986
  • Mautner, Konrad, Viktor von Geramb (Hrsg.): Steirisches Trachtenbuch. 1932–1939
  • Schönfellinger, Nora: Conrad Mautner, grosses Talent. In: Grundlseer Schriften 1999
  • Kern, Barbara: Stoffdruck im Ausseerland. In: Zeitschrift Leben im Salzkammergut 01/2010

Quellen#


Redaktion: Hilde und Willi Senft, I. Schinnerl