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Bernsteindreher#

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Bernsteinfischer
Bernsteinfischen. 1774. Kupferstich. Aus: »Schauplatz der Natur und Künste«, in vier Sprachen, deutsch, lateinisch, französisch und italienisch. Erster Jahrgang. Verlag Joseph von Kurzbeck: Wien 1774
© Ch. Brandstätter Verlag

Bernsteindreher beschäftigten sich mit der Anfertigung von Perlen, Ketten, Armbändern, Amuletten, Reliefs, Figuren, Mundstücken für Tabakpfeifen und sogar von Vergrößerungsgläsern, Brillen und Prismen aus Bernstein (Agtstein, Amber), einem fossilen, spröden Harz. Der größte Teil des im Handel vorkommenden Bernsteins war nach Stürmen an die Küsten der Ostsee angeschwemmt (»Strandsegen«) oder mit Netzen gefischt worden (Bernsteinfischer).

Außerdem gab es Bernsteinfunde in Braunkohlen-Lagern und Alaun-Flözgebirgen, manchmal auch in Sand- und Lehmböden. Er kam auch an den Küsten der Nordsee, in Grönland, Frankreich, in der Schweiz und auf Sizilien, jedoch nur in geringer Menge, vor. Der Bernstein ist hinsichtlich der Farbe, Größe und Form der Stücke außerordentlich verschieden, und man unterschied im Warenverkehr die »Sortimentstücke«, die gleichfarbig und nicht unter einem bestimmten Gewicht waren, die »Tonnensteine«, mit Einschlüssen undurchsichtiger Wolken, Streifen oder Flecken, und die »Knöbel«, kleinere, noch zu Drechslerarbeiten taugliche Stücke.

Um die rohen Stücke zuzurichten, legte man sie vorerst in Wasser, damit sie sich bei der nachfolgenden Behandlung weniger erhitzten und keine Sprünge bekamen. Dann wurde die äußere braune Rinde abgeschliffen, dann die Stücke gedreht oder geschnitzt. Gedreht wurde entweder auf einer gewöhnlichen Drehbank oder auf einer Art von Dockendrehstuhl, dessen Spindel bloß mit dem Handdrehbogen in Bewegung gesetzt wurde. Die Vollendung gab man den Arbeiten durch Schleifen mit Bimsstein, Abreiben mit den eigenen Spänen und durch Polieren mit ungelöschtem Kalk, mit fein geschlämmter Kreide oder mit Tripel, der, mit Weingeist angefeuchtet, den schönsten und hellsten Glanz verlieh.

Schon im Altertum galt der Bernstein als heilkräftig, und noch zu Beginn des vorigen Jahrhunderts wurde ihm abergläubisch eine Schutzkraft gegen Krankheiten zugeschrieben (Zahnhalsbänder aus Bernstein).

In den ältesten Zeiten war das Auflesen des ausgeworfenen Bernsteins jedermann erlaubt; erst die Bischöfe erkannten in dem »Börnstein« (Lapis ardens) ein geeignetes Steuerobjekt (die älteste Urkunde datiert von 1264). Die Deutschen Ritter beuteten das Bernsteingeschäft in großem Maßstab aus und gaben den Bernstein an Bernsteindreher-Innungen ab, die sich um 1300 in Brügge und Lübeck, 1450 in Stolp, Kolberg, Danzig, 1640 in Königsberg bildeten. Später wurden gegen Diebstahl Bernsteingerichte eingesetzt, und die Strandbewohner mussten bis zum Ende des 18. Jahrhunderts den Bernsteineid schwören.

Quellen#

  • Verschwundene Arbeit, R. Palla, Christian Brandstätter Verlag, 2010

... mit freundlicher Genehmigung des Christian Brandstätter Verlags.

Siehe auch: