Das österreichische Interregnum#
Nach dem Tod Friedrichs II. des Streitbaren († 1246) waren Stadt und Land verwaist. Als Reichslehen fiel Österreich an das Reich zurück. Kaiser Friedrich II., in Italien in heftige Kämpfe verwickelt, zögerte eine Entscheidung über das politisch so wichtige Land an der Ostflanke des Reiches hinaus. Er ernannte Otto von Eberstein und nach ihm Otto von Bayern zu Statthaltern von Österreich, obwohl gemäß den Bestimmungen des Privilegium minus auch die Schwester Herzog Friedrichs II., Margarete, und seine Nichte Gertrude Anspruch auf das babenbergische Erbe hatte.
Der Tod Kaiser Friedrichs II. 1250 brachte die völlige Auflösung der Reichsgewalt; Das Interregnum, "die schreckliche, die kaiserlose Zeit", war angebrochen. Nun griffen die österreichischen Stände zur Selbsthilfe und wählten 1251 den jugendlichen Sohn des Königs von Böhmen, Przemysl Ottokar (1230-1278), zum Herzog. Schritt für Schritt festigte Ottokar seine Herrschaft in Österreich. Wiens Reichsunmittelbarkeit, die der Stadt 1247 durch Kaiser Friedrich II. erneut verliehen worden war, war ihm ein Dorn im Auge. Er schaffte sie 1251 wieder ab, verstand es aber, sich die Unterstützung des Patriziats zu sichern, das im Frieden eine Grundvoraussetzung für den erträglichen Handel sah und an der Rechtssicherheit im Lande sehr interessiert war.
Ottokar erwies sich als umsichtiger Regent, der die Stadt nach Kräften unterstütze- so nach dem großen Stadtbrand von 1276, als er Bauholz zur Verfügung stellte und den Wiederaufbau der Stephanskirche in die Wege leitete. Auch der Schweizertrakt der Burg wurde unter Ottokar erbaut (ab 1275).
Seit 1253 war Ottokar (II.) König von Böhmen; 1262 ließ er sich vom deutschen König Richard von Cornwall ohne Zustimmung der deutschen Kurfürsten schriftlich (also im Gegensatz zum geübten Brauch persönlicher Belehnung) mit Österreich, Böhmen und der Steiermark belehnen. 1271 umfasste sein Herrschaftsbereich zusätzlich noch Mähren, die Steiermark, Kärnten und Krain und damit ein Großreich von europäischer Gestaltung. Seine Bemühungen um die deutsche Königswürde blieben erfolglos, dem Papst wie dem deutschen Wahlkollegium war er einfach zu mächtig. Sie wollten keinen starken König, und darum wählten sie am 1. Oktober 1273 den Grafen Rudolf von Habsburg.
Rudolf I. zerschlug die Machtballung der Ostflanke seines Reiches und zog die Reichslehen ein, um sie neu zu vergeben.
Ottokar verweigerte den Huldigungseid und kam wiederholten Ladungen vor den Reichstag nicht nach. Darauf belegte ihn Rudolf I. mit der Reichsacht und marschierte mit einem Reichsheer donauabwärts gegen Ottokar, dem Wien die Treue hielt. Ottokar musste auf Österreich verzichten. Wien, das Ottokar die Treue gehalten hatte, musste am 30.11.1276 nach kurzer Belagerung kapitulieren; Rudolf zog in die Stadt ein.
Er verkündete für Österreich den Landfrieden, Wien erhielt ein neues Stadtrecht, das zum drittenmal die Reichsunmittelbarkeit bestätigte (1278). Ottokar aber dachte nicht daran, seine Ansprüche auf Österreich kampflos aufzugeben. 1278 kam es erneut zum Krieg. Im selben Jahr noch wurde bei Dürnkrut an der March die größte Ritterschlacht des Mittelalters ausgetragen: Ottokar II. Przemysl verlor Schlacht und Leben.
Das war das endgültige Ende des Interregnums für Österreich. Es dauerte noch vier Jahre, ehe Rudolf 1282 seine Söhne Albrecht und Rudolf (II.) "zu gleichen Teilen" mit Österreich belehnte. Damit begann für Wien und Österreich die mehr als sechshundert Jahre dauernde Herrschaft der Habsburger.
Quellen#
- C. Brandstätter, G. Treffer, et al.: Stadtchronik Wien, 1986