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Die Faschingrenner der Krakau#

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"Heimatlexikon - Unser Österreich"
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Hühnergreifer - Wegauskehrer - Glockfaschinge

Dieser kräfteraubende und aufwändige Umzugs- und Heischebrauch wird in regelmäßigen Abständen von zwei bis fünf Jahren an einem bestimmten Tag im Jahr, meist am Faschingsmontag, in mehreren Orten im Bezirk Murau ausgeübt und ist wahrscheinlich der ältete Faschingsbrauch in der Steiermark.
Die UNESCO erklärte 2011 den einzigartigen Brauch zum immateriellen Weltkulturerbe.

Das äußere Erscheinungsbild und die Anzahl der Faschingrenner und ihrer Begleitfiguren weisen geringfügige örtliche Unterschiede auf. Die mitwirkenden Gruppen und Einzelfiguren bewegen sich entweder auf Fahrzeugen oder zu Fuß von Hof zu Hof und müssen vor dem Einlass Hindernisse bewältigen oder die Herausforderung zu einem Zweikampf annehmen.

Auch jede der 3 Gemeinden in der Krakau (Krakaudorf, Kraukauebene, Krakauschatten) ihre eigene Faschingrennergruppe (in Krakaudorf und Krakauebene laufen sie in jedem ungeraden Jahr, in Krakauschatten in jedem geraden Jahr).

Bereits im Morgengrauen beginnen die Figuren - die alle von Burschen und Männern dargestellt werden - ihren Lauf, da jedes Haus besucht werden muss (und abends zum Gebetsläuten um 19 Uhr muss er beendet sein, sonst wird das Ross vom Teufel geholt - so die Sage.

Schellfaschinge
Die Schellfaschinge müssen hohe Absperrungen überwinden.
© Willi Senft

Die Hauptgruppe besteht aus dem "Wegauskehrer" einem "Heahgreifer" (Hühnergreifer) im Federgewand, den "Schellfaschingen" bekleidet mit kurzer Lederhose, darunter weißer langer Unterhose, um die Mitte einen Schellenkranz, eine bunte Spitzkappe), den "Glockfaschingen" (mit Steirerhut und Kuhglocken), einer Musikgruppe, dem "Schottenklaner" oder "Schottenstreich".
Diesem Zug der "SCHÖNEN" folgenden weitere Kleingruppen: die "Roßgruppe" mit Schmied und Schinder, der "Arzt" mit der "Krankenschwester", die "Vetteln" mit ihren Poppern" (=Kindern), der "Bosniak" (= billiger Jakob), das Brautpaar, Polizisten etc.

Vor jedem Haus laufen die Schellfaschinge ein "Radl", die Glockfaschinge erzeugen dazu mit ihren Kuhglocken großen Lärm. In manchen Orten wird auf dem Weg der Faschingrenner in einer Höhe von 2-3 Metern eine Kette gespannt (Speng), die zumindest vom Wegauskehrer übersprungen werden muss; in anderen Orten fordert der Wegauskehrer Burschen zu einem Ringkampf heraus. Bei jedem Haus folgt die Bewirtung, Spenden werden eingesammelt, Hühner und Eier gestohlen und dem ursprünglichen Eigentümer zurückverkauft usw.

Schell- und Glockfaschinge brechen mit viel Lärm und Getöse wieder auf und nach und nach trudeln die "Schiachn Fasching" ein, die - wie z.B. der Doktor mit der Schwester - mit Hilfe von Schnaps und Pillen weiteres Geld erbetteln. Dem Haus-/Hofeigentümer wird ein Ross angepriesen, vom Schmied beschlagen und verkauft; das Pferd verendet jedoch unmittelbar darauf und muss geschlachtet werden.

Jede dieser Einzelleistungen muss gesondert honoriert werden; doch kaum ist alles bezahlt, wird das Pferd wieder lebendig. Am Ende kommen noch der "Bosniak" mit Bauchladen, Friseur und Vettln, die ebenfalls zu entlohnen sind. Zum Schluss wird zur Schinderhochzeit eingeladen.

Aus dem Buch "Steirischen Geheimnissen und Kuriositäten auf der Spur"#

von Hilde und Willi Senft

Mit den üblichen Maskenumzügen, Verkleidungen und Mummenschanz hat das schon sehr alte Brauchtum in den Gemeinden der "Krakau" nichts gemein.

Am "damischen Montag", das ist der Faschingmontag, treten hier die "Faschingsrenner" in Aktion. "Renner" werden sie deshalb genannt, weil sich in der Regel zwei oder drei Gemeinden dabei abwechseln und die maskierten Burschen daher an einem Tag zu sämtlichen Höfen und Gasthäusern in allen drei Orten der "Krakau" kommen müssen - und das ist nur im Dauerlauf möglich.

An der Spitze des Zuges springt der lustige "Wegauskehrer", in ein buntes Fleckengewand gekleidet und in den Händen einen Besen, mit dem er allerhand Schabernack treibt. Dafür muss man den kräftigsten Jungmann aussuchen, denn wenn sich ihm ein Herausforderer in den Weg stellt, muss er ihn im Ringkampf bezwingen, sonst müßte die Gruppe gar umkehren.

Die Hauptpersonen dieses überaus bunten und fröhlichen Zuges sind die acht bis zwölf "Schellfaschinge" und die zwei bis vier "Glockfaschinge", die mit heraushängenden weißen Hemden und bunten Schultertüchern bekleidet sind. Die "Scheller" tragen mit Schellen behangene Gürtel und mit buntem Zierat beklebte Spitzmützen und in den Händen Stöcke bzw. alte Dreschflegel. Die Glockfaschinge schwingen in ihren Händen große Kuhglocken und haben ihre Steirerhüte mit Blumen und bunten Seidenbändern geschmückt. Sie sind als sommerliche Almhalter den winterlichen Dreschern gegenübergestellt.

Schellfaschinge
Die "Schellfaschinge" tanzen ein "Kranzl".
© Willi Senft

Diesem eigentlichen Zug folgen zahlreiche vermummte Gestalten. Zuerst einmal der "Schimmel" mit der Nachbildung eines Pferdekopfes. Der "Rossknecht" schnalzt mit seiner Peitsche, dazu kommen ein "Rosshändler", ein "Schmied", ein "Schinder" und andere mehr. Das Ross wird jedem Bauern unterwegs verkauft. Kaum ist der Handel abgeschlossen, fällt das Ross, vom Schlag gerührt, tot um. Nun muß der Schinder kommen. Der nimmt aber den Kadaver nicht, weil er noch die Hufeisen dran hat. Also muß vorher der Schmied geholt werden, der sie ihm herunterreißt. Natürlich muß jeder Handwerker entlohnt werden. Dann kommt der Schinder mit allerlei Späßen an die Reihe.

Inzwischen schleicht sich der "Schottenstreicher" an die Zuschauer heran und bespritzt sie mit Farbe oder streicht ihnen die Gesichter mit Schotten an. Er wird auch "Steiger" genannt, denn er holt sich Fleisch, Speck oder Bratwürste vom Dach oder aus einem Baumwipfel, wo es die Hausleute hinterlegt haben.

Der als "Geier" verkleidete "Hühnergreifer" trägt ein mit Federn benähtes Gewand und hat auf dem Kopf einen ausgestopften Raubvogel mit gespreizten Schwingen befestigt. Er wird der Bäuerin, die bei den Bergbauern ja traditionell über die Einnahmen aus der Hühnerhaltung verfügt, sozusagen als erlegtes Schadtier vorgeführt. Die Entlohnung holt sich dann der "Oaschlankl" oder die "Oavettel", die in einem Korb die Eier einsammeln. Diese werden zum Teil schon während des Umzuges als Jause verzehrt.

Die Faschingsrenner beehren nicht nur die Wirtshäuser, sondern ziehen auch zu den entlegenen Bergbauernhöfen, wo ein sogenanntes "Kranzl", ein altüberlieferter Rundreigen, getanzt wird.

Quellen#

  • Volkskultur Steiermark
  • UNESCO
  • Kleine Zeitung
  • H.&W. Senft, Steirischen Geheimnissen und Kuriositäten auf der Spur, MEDIA Marketing G.m.b.H. 2000


Redaktion: Hilde und Willi Senft