Der Fischkalter vom Grundlsee#
Geheimnisvoller Fischbehälter
Auf dieser alten Zeichnung sieht man, daß der Kalter seinerzeit viel weiter vom Ufer entfernt war.
Der eigenartige Bau mit dem dahinter stehenden gediegenen Forsthaus bestimmt schon seit Jahrhunderten unverändert das Bild der Seeklause am Grundlsee. Er versetzt nicht wenige gleich am Beginn ihrer Bekanntschaft mit dem Gewässer gleichsam in nostalgische Stimmung.
Unter „Kalter" versteht man im süddeutschen Sprachgebrauch eine Art Käfig, der in das Wasser gesenkt wird, um die gefangenen Fische dort so lange als möglich unter natürlichen Bedingungen zu halten. Das holzgezimmerte, schindelgedeckte Häuschen steht auf starken Holzbohlen im Wasser, ist durch eine kleine Brücke mit dem Land verbunden und kann als echter Pfahlbau bezeichnet werden. Eine alte Ansieht zeigt, daß der Kalter früher weiter vom Ufer entfernt war.
Daß ein Kalter so groß wie jener am Grundlsee ist, weist auf die beachtliche Bedeutung der Fischerei in diesem Gewässer hin. Seine relative Größe wird aber auch durch die historische Tatsache belegt, daß Erzherzog Johann hier, im beengten Raum über dem Wasser, im Juli 1816, wie seinem Tagebuch zu entnehmen ist, an einem "Wechseltanz" teilnahm.
Man gönnt es den Saiblingen, die hier in "Gefangenschaft" gehalten werden, daß sie im rasch strömenden, glasklaren Wasser des Seeabflusses gute Bedingungen vorfinden. Weniger gute Verhältnisse herrschen bloß während einer kurzen Zeit im Hochsommer, wenn sich der Saibling erst in größeren Tiefen und bei möglichst niedrigen Wassertemperaturen wohlfühlt. Während der wenigen Wochen, in denen sich die Oberfläche des Grundlsees auf Badetemperaturen erwärmt, taucht der Fisch nämlich in größere Tiefen ab.
Forellen und Saiblinge aus dem Grundlsee waren bereits im Mittelalter hochbegehrt. Schon Albrecht I., der älteste Sohn König Rudolfs I. verlangte als landesfürstliche Abgabe über sechstausend Stück Saiblinge, während er sich mit dreitausend aus dem Altausseer See begnügte.
Die Fischereirechte am Grundl- und Toplitzsee übte bereits seit frühen Zeiten das landesfürstliche Salzamt aus, während jene am Altausseer See traditionell bis auf den heutigen Tag in privaten Händen liegen.
Aus dem Jahre 1548 ist ein kaiserlicher Auftrag bekannt, daß bei Eintritt der Kälte eine möglichst große Anzahl von Saiblingen und Forellen lebend an den Hof nach Wien geschickt werde.
Zur Hochzeit Erzherzog Karls II. im Jahre 1571 mußten tausendsiebenhundert Saiblinge aus dem Grundlsee, achthundert aus dem Toplilzsee und fünfhundert aus dem Altausseer See geliefert werden.
Die für Wien bestimmten Fische wurden in Fässern an den Hallstätter See gebracht, dort in Salzzillen umgeladen und über Traun und Donau in die Reichshaupt- und Residenzstadt transportiert. Jene für Graz wurden in Fässern bis Leoben geschafft und dann auf der Mur geflößt.
Schon im 15. Jahrhundert wird in Urkunden ein Fischmeister am Grundlsee genannt; 1574 war dies ein gewisser Kain, dessen Beruf über dreihundert Jahre lang in der Familie weitervererbt wurde. Die Fischmeister bewohnten ständig das im Jahre 1582 an der Seeklause erbaute Forsthaus.
Wegen des unersättlichen Bedarfes des Hofes in Wien, Graz und Prag wurde der Grundlsee schließlich fast ausgefischt, weil man viel zuwenig Jungfische aussetzte. Im 18. Jahrhundert mußten die Lieferungen nach Wien sogar eingestellt werden. In den folgenden Jahrzehnten wurde systematisch ein guter Fischbestand durch das jährliche Einsetzen von zehntausenden Jungsaiblingen aufgebaut.
Bis 1954 wurde am Grundlsee in selbstgezimmerten Einbäumen gefischt; der letzte kam 1955 ins Museum nach Trautenfels.
Quellen#
- Hilde und Willi Senft: Geheimnisvolles Salzkammergut. Magisches, Besonderes, Kurioses und Unbekanntes. Leopold Stocker Verlag, Graz 2002; 2. Auflage 2003.