Gassenkehrer und Bachfeger#
Gassenkehrer und Bachfeger wurden wegen ihrer schmutzigen und niedrigen Dienstleistung mißachtet, ja sie galten sogar wie die Abdecker als anrüchig, weil sie nicht nur den Unrat, sondern gelegentlich auch die Kadaver von Hunden, Katzen oder anderem Kleinvieh fortschaffen mußten. Anrüchig im physischen Sinn war auch ihr Umgang mit den Fäkalien. Kloakenentleerer, Abtritt- und Heimlichkeitsfeger (in Nürnberg nannte man sie »Pappenheimer«), mußten die sprachuser furben, das hieß die Abtritte leeren. In Thüringen hießen noch im 19. Jahrhundert die Kloaken- und Abwässerkanalreiniger »Schundmummel«. Mummel bedeutet (nach H. Güntert) Maske, Larve, Kobold, Dämon, und offenbar verwandelten sich die Unratbeseitiger in der Phantasie der Bevölkerung zu dämonischen Wesen. Der deutsche Volksglaube kannte geisterhafte Wesen, die in Staub und Schmutz des Hauses spukten. Schreckensnachrichten von Unfällen der Kloakenreiniger machten die Runde. Sie wären an den fauligen Dämpfen erstickt oder aus Unachtsamkeit in die Grube gerutscht und im Dreck ertrunken. Die vom Ekel und von den Exkrementen zweifellos ausgehende Faszination hat wahrscheinlich Beaumarchais, Nougaret und Marchand animiert, die »Kumpane des Gestanks« auf die Bühne zu bringen.
Auch Arme, Gebrechliche, Herumtreiber und Zuchthäusler wurden mancherorts verpflichtet, die Flut von Abfällen und
Exkrementen sowie den Schlick aus Abzugsgräben und Senkgruben zu entfernen. 1780 berichtete der französische
Gelehrte Antoine Laurent Lavoisier voller Bewunderung, Bern sei die sauberste Stadt, die er je gesehen habe. An die Deichseln angekettete Gefangene »ziehen jeden Morgen große, vierrädrige Wagen durch die Straßen […]; weibliche Sträflinge sind mit längeren und leichteren Ketten an die Wagen angebunden […], teils um die Straßen zu fegen, teils um den Unrat aufzuladen.«
Quellen#
- Verschwundene Arbeit, R. Palla, Christian Brandstätter Verlag, 2010