Geschichte der Kopfbedeckungen#
Aus heutiger Sicht können wir die Bedeutung von Kopfbedeckungen vergangener Epochen, da Hüte und Hauben nicht mehr zeitgemäß und aus unserem Alltag weitgehend verschwunden sind, kaum ermessen. Die Geschichte dieses einst wichtigen Accessoires gibt uns nicht nur Aufschluss über die Kostümgeschichte und Kleidungstraditionen, sondern auch über verschiedene Denkweisen, Religionen, Strukturen und Verhaltensmuster. Die Häupter unserer Vorfahren wurden schon immer bedeckt. Sei es aus reiner Schutzfunktion vor Hitze, Kälte, Regen, Sand oder Schnee oder aus religiösen, sittlichen oder rein schmückenden Gründen.
Das Wort „Haube“ leitet sich von der althochdeutschen Bezeichnung huba und dem mittelhochdeutschen Wort hube ab. Im Allgemeinen versteht man darunter eine Kopfbedeckung, die meist von Frauen in zahlreichen Formen zur vollständigen Verdeckung des Haares verwendet wurde. Der „Hut“ hingegen verdeckt das Haar nicht vollständig, besitzt einen ausgeprägten Kopfteil und ist mehr oder weniger steif gearbeitet. Das Wort leitet sich von der mittelhochdeutschen Bezeichnung für Obhut / Hut huot(e) ab.
Die wohl älteste und einfachste Form der Kopfbedeckung ist das Kopftuch oder der Schleier. Ab dem 4. Jahrhundert war der weiße Schleier als Symbol der Reinheit Schmuck der christlichen Braut. Schwarze Schleier gelten bei den Christen als Symbol der Trauer. Schleierhüte, die auch die Schultern verhüllten, wurden in Deutschland
und Frankreich im 10. und 11. Jahrhundert getragen. Im 14. und 15. Jahrhundert wurde am burgundischen Hof gerne ein Schleier als Hutschmuck verwendet. Die Spitzenmantille der Spanierinnen erinnert noch an den Schleierkult früherer Tage.
In den verschiedensten Modeepochen, im Biedermeier, zur Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg tauchten immer wieder Schleier als Hutschmuck oder als selbstständiger Kopfschmuck auf. Die Hinweise auf den Variantenreichtum der Kopfbedeckungen seit dem Mittelalter finden wir in den unzähligen Zeugnissen der Kunstgeschichte, wenngleich hier aber auch mit der symbolischen Aussagekraft gearbeitet wurde.
Die Haube besteht aus mindestens zwei Teilen und wird angepasst an die Kopfform genäht. Haube und Tuch ergänzten sich und sind oftmals nicht voneinander zu trennen. Das gebundene, gestärkte Kopftuch, das für jedes Tragen nicht mehr neu gebunden werden musste, ist hier nur ein Beispiel. Das „Gebende“, eine den Oberkopf, Ohren und Kinn fest umschließende weiße Binde mit Stirnreif, oder die „Rise“, ein Kopftuch, das von Schläfe zu Schläfe um Hals und Kinn drapiert wurde und zusammen mit einem Kopfschleier getragen wurde, sind Beispiele aus dem 13. Jahrhundert. Im darauf folgenden Jahrhundert
kam es infolge des Einflusses der verschiedenen Adelshöfe und auch durch die Kreuzfahrer zu großen regionalen Unterscheidungen und Varianten in der weiblichen Kopfbedeckung. Abgeleitet von der modischen Hörnerfrisur
entwickelte sich der kegel- oder kegelstumpfförmige „Hennin“, der sich später in Größe und Ausgefallenheit noch steigern sollte.
Zweckmäßige Kopfbedeckungen waren zu dieser Zeit auch „Gugeln“, Kopfschleier und Rise. Die Kopfbedeckungen wurden
meist auf einem Haarnetz mit Nadeln befestigt, wobei auf der Stirn oft eine Schlinge des kostbaren Gespinsts aus Samt und Goldfäden sichtbar blieb. Im Norden Deutschlands trug man in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts in kleinbürgerlichen
Kreisen eine über ein Drahtgestell gespannte Leinenhaube und die Kugelhaube, zuweilen mit Kinnbinde. Reiche Bürgerinnen trugen im Winter kuppelförmige Marderhauben.
Als männliche Kopfbedeckung des Mittelalters fand der keltische und römische „Cucullus“ in der „Gugel“, als eine Art Kragenkapuze, die Kopf, Hals, Schultern und auch teilweise den Oberkörper bedeckte, eine Fortsetzung. In der Renaissance war das „Barett“ die allgemeine modische Kopfbedeckung als variantenreiche Ergänzung zur spanischen Mode. Diese halbkugelige Kappe, die sowohl in steifer, eckiger Form, als auch in weicher, ausladender Form in regional und standesmäßig unterschiedlichen Formen und Ausstattungen besonders im 16. Jahrhundert aufzufinden war, wurde von Mann und Frau in ganz Europa getragen.
Nach 1580, spätestens bis 1700 kam infolge des spanischen Modeeinflusses der Spanische Hut, ein kegelförmiger Filzhut mit breiterer Krempe, in unsere Regionen. Auch diese Toque wurde von beiden Geschlechtern getragen. Frauen der unteren Stände trugen Mitte des 17. Jahrhunderts enganliegende Häubchen und Regentücher bei Bedarf. Für uns heute unverständlich ist die strenge Festlegung der Bekleidung der verschiedenen Stände. In den unzähligen regional unterschiedlichen
Kleiderordnungen wurde jede Ausstattung detailliert festgelegt und fixiert. Der „Kastorhut“ (castor frz. Biber) als großer runder Biberfilzhut wurde zur allgemeinen Kopfbedeckung des Mannes im 17. Jahrhundert. Aus ihm entwickelte sich ab 1690 der „Dreispitz“, der besonders im 18. Jahrhundert in allen Schichten in verschiedenen Ausstattungen getragen wurde und sich bei manchen Männertrachten bis heute gehalten hat. Als Mischform überlebte der sogennante „Zweispitz“ in den verschiedenen Uniformen.
Im Zuge der höfischen Schäferidylle Mitte des 18. Jahrhunderts wurden für Frauen und Männer flache Strohhüte aus toskanischem Leghorn-Stroh beliebt, die ein paar Jahrzehnte später in der florentinischen Form gerne als Sommerhut getragen wurden. Die Kopfbedeckung der Frau ist weiterhin die Haube. Die barocke „Schnebbe“, eine kleine dreieckige Frauenhaube mit einer in die Stirn ragenden Spitze. Noch bis 1830 wurden Zylinderhüte und Hauben getragen, die sich im Laufe der Zeit immer mehr in starre Formen versteiften und nun eine von der Haubenmacherin oder vom Hutmacher festgelegte Form beibehielten.
Zeitgleich mit der Aufhebung der Kleiderordnungen begann die Entwicklung der modischen und der trachtigen Kopfbedeckung, zwar stets in gegenseitiger Anlehnung, einen getrennten Weg einzuschlagen. Es entwickelte sich eine einzigartige Hut- und Haubenkultur, die bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts anhalten sollte. Bevor die ländliche Bevölkerung ihre traditionellen Kleidungsstücke im Laufe des 19. Jahrhunderts zugunsten dieser modischen Kreationen immer mehr
aufgab, kam es zu einer eigenständigen weitgefächerten Entwicklung.
Die österreichischen Haubentypen in ihren vielfältigsten und unterschiedlichsten Formen lassen sich im Großen und Ganzen von der klassischen Bodenhaube ableiten. Einzelne Bestandteile haben sich im Laufe der Zeit verändert. Man spricht von sogenannten Wucherungs- und Schrumpfformen. Bei der „Wachauer Haube“ oder bei der „Vorarlberger Radhaube“ zum Beispiel hat sich der Bodenteil teller- oder brettartig vergrößert, bei der bayerischen „Riegelhaube“ oder beim „Salzburger Böndel“ hat er sich so sehr verkleinert, dass kaum mehr die einzelnen Bestandteile zu erkennen sind. Diese kleinen Hauben bedecken nur mehr einen Bruchteil der Haare und müssen mit speziellen Hilfsmitteln, den Hut- oder Haubennadeln, befestigt werden.
Die Hüte der österreichischen Trachtenlandschaft leiten sich meist von den Grundformen der Toque oder dem Zylinder ab und variieren von breitkrempig zu schmalkrempig, krempenlos, spitz, rund, zylindrisch, niedrig und hoch nach dem jeweiligen Zeitgeschmack. Obwohl seit der Mitte des 19. Jahrhunderts der Anstand und die Sitte es nicht mehr so streng erforderte, das Haupt der verheirateten Frau zu bedecken, werden doch zu speziellen Gelegenheiten gerne die verschiedenen Kopfbedeckungen getragen. Da sie in ihrer Form oft sehr unbequem, wenn nicht sogar „unförmig“ und unhygienisch waren, wurden sie seit der Mitte des 20. Jahrhunderts einer Erneuerung unterzogen. Das bayerische Riegelhäubchen, das zur Befestigung einen Haarknoten erfordert, wurde in eine passendere Form umgewandelt, ebenso die Wachauer Haube oder die Radhaube, die Linzer Haube und viele andere unserer traditionellen Kopfbedeckungen. Wo früher die Herstellung dieser Hauben und Hüte speziellen Handwerkern oder fingerfertigen angelernten Frauen oblag, werden sie heute in Kursen von eifrigen Frauenhänden in vielen Stunden Arbeit selbst angefertigt. Lediglich die Hüte müssen wir noch unseren Hutmachern überlassen.
Quellen#
- C. Brandstätter, Alte Hüte, Ch. Brandstätter Verlag, 2009