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Heiratsstein vom Seeberg#

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"Heimatlexikon - Unser Österreich"
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Heiratsstein
Heiratsstein
© Willi Senft

Direkt vor Erzherzog Johanns „Brandhof", hinter dem Seeberg in der Gemeinde Gußwerk Gusswerk, Steiermark , steht der „Heiratsstein". Dieser etwa hüfthohe Felsbrocken weist eine eingekerbte Rutschbahn auf, über die früher besonders Mädchen und Frauen, in geringerer Anzahl aber auch Burschen und Männer hinunterrutschten. „Das Rutschen bringt reichen Kindersegen und Glück im Ehestand!" war die gängige Meinung, daher auch die Bezeichnung „Heiratsstein".

Da sich der Stein direkt am alten Wallfahrerweg nach Mariazell befand, nützten besonders die „Pilger zur Muttergottes" diese glückbringende Möglichkeit.

Bis vor dreißig Jahren, so wird berichtet, hielten, der modernen Zeit entsprechend, auch fast alle Autobusse an dieser Stelle, und die Mädchen rutschten eifrig über den Stein. - Heute hat sich das freilich verändert, denn immer weniger Bus-Chauffeure wissen um den alten Brauch, und so ist die ehemals ganz blank polierte Rutschbahn rauh geworden und an einigen Stellen mit Moos überwachsen. Die Leute vom Brandhoferzählen aber, daß der Stein gelegentlich noch frequentiert wird.

Neben dem „Heiratsstein" steht eine kleine hölzerne Kapelle, deren Errichtung auf Erzherzog Johann zurückgeht, vielleicht, um dem heidnischen Objekt etwas „Christliches" an die Seite zu stellen. (Der Stein befand sich übrigens früher etwas oberhalb der derzeitigen Lage und ist - samt der Kapelle - vor einigen Jahren im Zuge von Straßenbauarbeiten an den jetzigen Platz versetzt worden).

Das Hinunterrutschen über einen bestimmten Felsen war in alter Zeit eine Kulthandlung. So nennt man in der Schweiz viele Schalensteine, über die Frauen hinunterrutschen, um fruchtbar zu werden, bis in unsere Zeit „Kindlisteine". Rutschbahnen, die bis in unser Jahrhundert mit einem Sexual- und Fruchtbarkeitskult verbunden waren, finden sich im Süd- und West-Alpenraum häufig (ein besonders schöner ist der „Pirra Louzenta" bei Vissoye im Val d'Anniviers). Aber auch schon im alten Athen gab es auf dem Aeropag eine solche Rutschbahn, über die Mädchen mit bloßem Gesäß hinunterrutschten, um zu Mann und Kindern zu kommen.

Quellen#


Text und Bild aus: Steirischen Geheimnissen und Kuriositäten auf der Spur, Hilde und Willi Senft, MEDIA Marketing G.m.b.H. 2000


Redaktion: Hilde und Willi Senft