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Japanische Gärten in Wien#

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Teehaus im Setagayapark, Wien 19, © Alfred Wolf
Teehaus im Setagayapark, Wien 19
© Alfred Wolf

Nach der Öffnung Japans (1868), das sich zwei Jahrhunderte von der Außenwelt abgeschlossen hatte, nahm auch Österreich diplomatische Beziehungen mit dem Inselstaat auf. 1873 fand die Wiener Weltausstellung statt. Als fünfte ihrer Art war sie die erste im deutschsprachigen Raum. 70 japanische Diplomaten und Experten kamen in die Hauptstadt der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Sie stellten die repräsentativsten Beispiele der Industrie und Kultur in der Rotunde im Prater aus. Als besondere Sehenswürdigkeit erwies sich der japanische Garten im Außengelände, angelegt von Experten, wie dem Direktor der kaiserlichen Gärten in Tokyo. Kaiser Franz Joseph (1830-1916) und Kaiserin Elisabeth (1837-1898) besuchten den Park wenige Tage nach der Eröffnung. Er war hügelig angelegt und verfügte über die klassischen Gestaltungselemente wie Wasserfall, Teich mit Brücke, Felsen, Steinlaternen und -löwen, kunstvoll in Form gebrachte Bäume und asiatische Pflanzen. Franz Joseph lobte die Arbeit und bat die Delegation, dem Kaiser von Japan seinen Dank und sein Wohlgefallen zu bestellen.

Zwei Jahrzehnte später, 1892/93 unternahm Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este (1863-1914) eine wissenschaftliche Expedition. Die Weltreise, deren Tagebuch er veröffentlichte, führte ihn auch nach Japan. Über die Gartenkunst schrieb er: "Unleugbar tritt in der Hortikultur der Japaner deren große Liebe zur Natur hervor; aber es scheint mir, als ob es dieser Liebe an Verständnis für die Größe der Natur fehlte und der Sohn Japans sich nicht zu dieser zu erheben, sondern sich nur zu sich herab zu verkleinern vermöchte. Um die Natur dem Menschen näher zu rücken, wird getrachtet, alles niedlich, klein, zwerghaft zu gestalten und ihr den Stempel der Laune des Gartenkünstlers aufzuprägen; alles, was wir in Japans Garten sehen, ist 'herzig' - kaum ein anderes Wort ist hiefür so charakteristisch. Ein sonderbar geformter Haufe weißen Sandes in dem Garten des Landhauses, einst dem Schauplatze der ästhetischen Schwärmereien und Gastereien Joschimas, heißt die "Silberne Sandplattform", das Wasseräderchen, welches die Anlage durchrieselt, führt den Namen "Quelle, in welcher der Mond badet", ein Stein im Teichlein ist "Stein der Betrachtung benannt u. dgl. mehr."

In Wien bestand damals schon ein japanischer Garten, in dem 80 Hektar großne Park, den sich Nathaniel Rothschild (1836-1905) auf der Hohen Warte zwischen 1880 und 1884 anlegen ließ., Der Rothschildgarten war einer der schönsten Wiens. Er enthielt botanische Raritäten und 100 Glashäuser, in denen der Bankier Obst, Gemüse und Orchideen züchtete. "Klein-Japan" nahm ein Drittel eines 30 m langen Glashauses ein, das sich in ein Tropenhaus, Kakteenabteilung und Kalthaus gliederte. Dort befanden sich auch eine Grotte und jene Venus aus weißen Marmor, die bei den Orchideen in den Blumengärten Hirschstetten zu sehen ist. Ein Plakat im Bezirksmuseum Döbling und bunte Postkarten zeigen hingegen verschiedene Zeichnungen samt Dame im Kimono, die an eine Freianlage denken lassen. Im Führer durch die Rothschildgärten aus dem Jahr 1912 schildert Ernst Moritz Kronfeld die Indoor-Anlage: "Im folgenden Glashause hat Inspektor Kunz eine japanische Ideallandschaft en miniature aufgestellt. Die Psychologie der hortikolen Kleinkunst der Japaner ist diese: lm engsten Raume die klassische Landschaft wiederzugeben. Und so ist, was wie artistische Spielerei, wie ein Puppengarten aussieht, die eigentliche Rückkehr zur Natur … Die japanische Landschaft mit ihrem bewegten Niveau, ihren zähen und charakteristischen Bäumen, das Wässerchen, der See mittendurch, sie könnten photographisch treuer nicht festgehalten sein. Wenn einer bei uns einen schmalen Grund hat, dann stellt er einen häßlichen Oleanderkübel hin oder pflanzt einige lichthungrige Sonnenblumen. Der Japaner denkt: Klein, aber mein. Und er etabliert zu persönlichem Bedarf und zu persönlichem Genuß den gärtnerischen Mikrokosmos. Keinem, der Japan aufmerksam bereist, ist diese nationale Eigentümlichkeit unbekannt geblieben, und nun haben wir sie vor uns, real und greifbar, als eines der Wahrheit gewordenen Pflanzenwunder der Hohen Warte. Da stehen künstlich dressierte Bäume in ihren Fayencetöpfen. Nicht höher wie ein Stiefmütterchen und doch schon ein Menschenalter und darüber alt. Ein Wunder der Geduld. Jede Krümmung, jeder Zweig, jedes Blatt, muss sich uralten Kunstregeln fügen. Ein ungeübtes Auge erkennt freilich nicht den Unterschied zwischen einem vollkommenen 300 Jahre alten Exemplar einer Tanne, Fichte, einer Eiche oder eines Zierahorns von 20 Zentimeter Höhe, die 700 Kronen wert sind und einem ebenso hohe, fünf Jahre alten Nachbarn, der um 6 Kronen zu haben ist. Baron Alfons Rothschild konnte sich den Spaß leisten, seine japanischen Zwergbäume direkt aus Yokohama zu beziehen … Diese Bäumchen mit ihrem abenteuerlichen Gezweige und der altersgrauen rissigen Rinde sind das heilige Familiengut der Japaner, der Fideikommiß der Grazie, das Bleibende im Blütenwechsel."

1913 errichteten Schönbrunner Gärtner einen kleinen japanischen Garten neben dem Palmenhaus. Sie hatten 1912 die Internationale Gartenschau in London besichtigt, wo japanische Steingärten zu sehen waren. Die in Vergessenheit geratene Wiener Anlage wurde 1996 von Yamada Kie wieder entdeckt. Sie ist die Tochter von Harada Eishin, Präsident der Nippon Garten kyōkai, unter dessen Leitung 1998 die Rekonstruktion des von Efeu überwucherten Gartens begann. Sie wurde nach traditionellen Techniken durchgeführt. Der Garten bedeckt eine Fläche von 750 m², weist einen 2 m hohen Berg und einen dreistufigen Wasserfall auf, der den oberen mit dem unteren See verbindet. Zusätzliche plante Harada Eishin neue Gartenteile: den kare sansui und den Teegarten (cha niwa).

1974 fand in Oberlaa die Wiener Internationale Gartenschau (WIG 74) statt. Einen Teil gestaltete der japanische Gartenmeister Nakane Kinsaku als Landschaftsgarten mit Steinbrücke, Steinlaterne, Trittsteinen und Wasserfall. Im (später abgebrannten) Teehaus des Takasi-Gartens war im Rahmen der WIG 74 Ikebana zu sehen.

1992 eröffnete der japanische Botschafter den Setagaya-Park in Wien Döbling im Beisein des Bundespräsidenten und des Wiener Bürgermeisters. Der Setagaya-Park ist nach dem Schwesterbezirk in Tokyo benannt, mit dem Döbling seit 1984 ein Freundschaftsvertrag verbindet. Darin verpflichten sich die beiden 19. Bezirke, persönliche - Delegationsbesuche -, kulturelle und sportliche Kontakte zu pflegen. Der Bezirksbürgermeister von Setagaya Ōba Keiji (+) hatte dem Döblinger Bezirksvorsteher Adolf Tiller angeboten, einen Architekten nach Wien zu schicken, um die Planung eines japanischen Gartens durchzuführen. Prof. Nakajima Ken (+ 2000) war dreimal in Österreich, um für das 4800 m² große Grundstück einen individuellen Plan auszuarbeiten. Der Setagaya-Park enthält alle typischen Elemente eines japanischen Landschaftsgartens wie z. B. Quelle, Wasserfall, Steinlaterne und Teich. Die Felsen suchte der Architekt persönlich im Höllental (Niederösterreich) aus. Der Bepflanzungsplan kommt europäischen Vorstellungen durch die Reichhaltigkeit an blühenden Sträuchern und Blumen entgegen. Alle Bauten und Ziergegenstände aus Tokyo wurden von japanischen Experten aufgestellt. Das Teehaus im Setagaya-Park hat sich zu einem kulturellen Kristallisationspunkt entwickelt, es steht u. a. für Teezeremonien, Ikebana- und Bonsaiausstellungen zur Verfügung.

1999 feierte das Fach Japanologie an der Universität Wien sein 60-Jahr-Jubiläum. Als "Visitenkarte" der Ostasienwissenschaften erhielt der Campus im Alten AKH einen Steingarten (Kare-sansui). Der "Garten der blauen Meereswelle" (Seikaiha teien) symbolisiert den Weg des Wassers und des menschlichen Lebens. Auch diese Anlage plante der Präsident der japanischen Gartengesellschaft, Harada Eishin.

Im Jahr 2000 entstand der Asiagarten im Schulgarten Kagran. Bei der Anlage des Themengartens war ein japanischer Experte beteiligt. Prägende Elemente des Trockenlandschaftsgartens sind u. a. Steininseln auf geharktem Sanduntergrund, Quellstein, Bachlauf, Teich, Steinlaterne und Wildscheuche. Ergänzt wird er mit einem Ausschnitt aus der vielfältigen Pflanzenwelt der gemäßigten Klimazone Ostasiens.

Der bisher jüngste ist der Tora-San-Park in Floridsdorf. Dieser kleine Kiesgarten mit Sandkegel und Ahornbäumen wurde 2009 gemeinsam mit dem Floridsdorfer Partnerbezirk Katsushika und der Österreichisch-Japanischen Gesellschaft eröffnet. Tora-San ist eine populäre Filmfigur einer Komödienserie, 1989 fanden Dreharbeiten für die Folge "Tora-San in Wien" in Floridsdorf statt.

Quelle Zitat: Klaus Lerch (Hg.):Franz Ferdinand von Österreich-Este 35 Tage in Japan. Hibaros Verlag 2017, S. 97

Redaktion: hmw


Siehe auch

-- Lanz Ernst, Mittwoch, 27. Oktober 2021, 19:51