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Johanneskapelle in Pürgg#

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Ziegelgitter am Wirtschaftsgebäude in Gössendorf bei Graz Nr. 44; die Gestaltung des Gitters zeigt ein typisch islamisches Muster., © H. Hohmann
Ziegelgitter am Wirtschaftsgebäude in Gössendorf bei Graz Nr. 44; die Gestaltung des Gitters zeigt ein typisch islamisches Muster.
© H. Hohmann

Romanische Johannis-Kapelle in Pürgg; Blick vom Kirchenraum durch die Porta Triumphalis in den Altarraum; um den Bogen dieses Durchganges sind Schrift und Arabesken zu erkennen., © H. Hohmann
Romanische Johannis-Kapelle in Pürgg; Blick vom Kirchenraum durch die Porta Triumphalis in den Altarraum; um den Bogen dieses Durchganges sind Schrift und Arabesken zu erkennen.
© H. Hohmann

Die Johanneskapelle in Pürgg in der Obersteiermark dürfte um 1100 n. Chr. errichtet worden sein und erhielt im 3. Viertel des 12. Jh. ihre prächtige Ausgestaltung mit den bekannten romanischen Fresken. Sie wurden wohl von den Traungauern, möglicherweise von Markgraf Ottokar III, beauftragt.

Es gab Vermutungen, dass zumindest Teile der Ausgestaltung von einem Künstler aus dem Orient stammen, der vielleicht mit den Kreuzfahrern nach Österreich gekommen ist. Zu dieser Vermutung dürfte besonders die Gestaltung mehrere Mäander, vor allem jener in der westlichen Ansicht der Porta Triumphalis, Anlass gegeben haben. Hier finden sich unterhalb der Darstellung des segnenden Christius auf dem Rundbogen Zeichen, die an arabische Schrift erinnern, und "Arabesken", Rankendekor, der in islamischer Manier die Schriftzeichen durchdringt.

Die Art der Darstellung ist islamisch. Es dürfte sich beim Künstler für die Gestaltung jedoch um einen nichtislamischen Europäer gehandelt haben, der offenbar eine islamische Vorlage verwendete, da der gemalte Schriftzug dem Namen "Allah" zwar sehr ähnelt, aber etwas entstellend abgebildet wird, wie dies jemand tut, der nicht weiss, dass es sich beim "Motiv" um Schrift handelt. Auf diese Weise wird durch den sich zehnmal wiederholenden Schriftzyklus auf dem Bogen der Name "Allah" zehnmal assoziiert. Das "h" ist darin falsch geschrieben. Die Darstellung in Pürgg ist offensichtlich auf Kultureinfluss aus dem Islam, vielleicht von einem der Kreuzzüge dieser Zeit, zurückzuführen.

Betrachtet man die für die Hauslandschaften der Steiermark und Kärntens so typischen Ziegelgitter zur Heudurchlüftung an landwirtschaftlichen Bauten genau, so findet sich auch hier so mancher islamische Einfluss in den Motiven. Ineinander verflochtene Bögen bei Rosetten, auch viele Flechtmuster in den Gittern, mitunter der umgedrehte Halbmond mit Stern unten, was sagen will: "ich bin kein Mohammedaner", geben deutlich Zeugnis vielfältiger Berührungen. Auf dem Balkan waren es die Osmanen, die weite Teile für Jahrhunderte beherrscht haben. Sie drangen bekanntlich mehrfach bis nach Wien vor. Noch heute sind Teile des Balkans islamisch.

Skizze des Schriftzugs um den Bogen des Durchganges, © H. Hohmann
Skizze des Schriftzugs um den Bogen des Durchganges
© H. Hohmann

Sinan war der bekannteste osmanische Baumeister, Planer vieler sakraler und profaner Monumentalbauten. Von ihm stammen die grössten Kuppelmoscheen - auch die Süleymaniye-Moscheen (1550-1557) in Istanbul. Er wurde von den Osmanen von einem Feldzug mitgenommen und als Janitschare ausgebildet. Es spricht manches dafür, dass er ein Steirer war. Die Hagia Sophia (532-537) in Istanbul, dem ehemaligen Konstantinopel, eine der grössten Kirchen, war sein grosses Leitbild. So kam es zu einer starken christlichen Beeinflussung islamischer Architektur.

In Spanien im Westen Europas, wo teilweise 800 Jahre lang der Islam herrschte, ging aus der Vermischung der Kulturen von Arabern, Berbern und Spaniern das Maurische hervor. Lange Jahrhunderte lag die grösste Moschee nicht in den Kerngebieten des Islam, sondern im europäischen Cordoba. Sie wurde später eine der grössten Kathedralen. Insbesondere die Gotik, aber auch spätere Baustile in Europa sind nur aus der Symbiose beider Kulturräume zu verstehen. Ein Studium der jeweils anderen Seite ist spannend und kann zum gegenseitigen Verständnis beitragen.

Quelle#


Redaktion: Hasso Hohmann