"Neuer Dom" in Linz#
Maria-Empfängnis-Dom Neuer Dom, Linz von Anton Knierzinger
Siebzig Jahre nach der Gründung der Diözese Linz durch Kaiser Joseph II. und nach der Sanktion durch Papst Pius VI. im Jahre 1785 verkündete der Linzer Diözesanbischof Franz Josef Rudigier (1884), er plane den Bau einer Domkirche für das Bistum Linz. Sie sollte gleichermaßen kirchlicher Mittelpunkt der noch jungen Diözese sein wie auch ein Denkmal für die 1854 erfolgte Dogmatisierung der Unbefleckten Empfängnis.
Bis dahin diente die Linzer Jesuitenkirche, auch Ignatiuskirche genannt, als Domkirche. Anders als die gleichzeitig mit Linz errichteten Diözesen St. Pölten (Niederösterreich) und Budweis (Böhmen), die bisherige Stiftskirchen benützten und sie bis zum heutigen Tag als Domkirchen verwenden, wollte Rudigier nicht so etwas wie ein Untermieter sein und bleiben. Insgesamt 124 Jahre, von der Bistumsgründung bis zum Jahre 1909, war also die Jesuitenkirche auch Domkirche; sie trug anschließend den Namen „Alter Dom". Seither, also erst seit 79 Jahren, konnte Linz den „Neuen Dom" benützen, der allerdings erst 1924 geweiht wurde.
Bischof Rudigier, der gebürtige Vorarlberger, den man zurecht vor allem als „großen Beter" wertete, konnte auch ein nüchterner Rechner und ein systematischer Organisator sein.
Den Dombau plante schon der junge Bischof zwei Jahre nach seiner Inthronisation im Jahre 1852. Er ging anfangs langsam, fast zögernd vor. Er beriet sich mit dem Domkapitel und seinem Freund Josef Feßler, dem späteren Bischof von St. Pölten. Erst nachdem er Kaiser Franz Joseph und den Papst informiert hatte, wandte er sich 1855 an die Gläubigen.
Für den Dombau sollten nur freiwillige Spenden verwendet werden; auch diese konnten innerhalb einer bestimmten Frist zurückgefordert werden. Das Angebot des Kaisers, den Dombau steuerlich zu begünstigen, wurde nicht akzeptiert. Unterschätzte auch Rudigier die Dauer des Dombaues, so erkannte er die Schwere der selbstübernommenen Aufgabe durchaus und ersuchte von vornherein den planenden Dombaumeister, keinen Gesamt-Kostenvoranschlag zu erstellen. Rudigier war aber auch gegenüber seinen Nachfolgern, die den Dombau fortzusetzen hatten, misstrauisch. Er ließ die Grundfeste für den gesamten Dombau fertigen und schüttete diese wieder mit Erde zu; nach seinem Tod sollte man sein Projekt weder kürzen noch verkleinern.
An der Planung Rudigiers wurde tatsächlich nichts geändert, aber erst unter Rudigiers viertem Nachfolger, unter Diözesanbischof Johannes Maria Gföllner (1924), konnte 1924 der Dombau mit der Domweihe abgeschlossen werden, nachdem bereits seit 1909 der Dom als Bischofskirche benützt werden konnte.
Unter den ersten drei Bischöfen wurden sechs Millionen Gulden verbaut, bis der Erste Weltkrieg vorerst eine Weiterführung des Dombaues im bisherigen Umfang unmöglich machte. Diese Summe hatte auch Rudigier im Landtag genannt, als man den Bischof und seinen Dombau angriff. Schon im ersten Jahr nach Rudigiers Aufruf waren 100.000 Menschen dem Dombauverein beigetreten.
Als am 1. Mai 1862 nach Beseitigung letzter Schwierigkeiten die feierliche Grundsteinlegung erfolgen konnte, war längst die Entscheidung über den Stil wie über den planenden und ausführenden Baumeister gefallen. Die neue Domkirche sollte „im gotischen Style" erbaut werden; gelegentlich hatte man auch an einen byzantinischen Stil gedacht.
Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war ja im Bereich der Architektur eine merkwürdige „Zwischenzeit". Die Phase des Barock war vorbei und dieser Stil erfreute sich überdies durchaus keiner Beliebtheit bis dann der Linzer Hermann Bahr wieder das Interesse am Barock wecken konnte. Der „Jugendstil" war erst im Entstehen und wer hätte es für möglich gehalten, einen Kirchenbau im Jugendstil zu errichten? Schließlich wurde mit dem Bau von Antoni Gaudis „Sagrada Familia in Barcelona" erst 1883 begonnen und eigentlich bis heute nicht vollendet; Otto Wagners Kirche Am Steinhof in Wien wurde erst 1905 begonnen und rief damals keine allzu große Begeisterung hervor. So siegte der „Historismus" beim „Neuen Dom" (und weiteren Linzer Kirchen) ohne dass irgend jemand Bedenken geäußert hätte, vielmehr stimmte sehr viel Prominenz unter ihnen Adalbert Stifter begeistert zu.
Als Baumeister bot sich der Kölner Vinzenz Statz (1898) an, der im Zusammenhang mit dem Preisausschreiben um die Wiener Votivkirche hochgelobt und viel gerühmt, aber nur mit dem zweiten Preis bedacht worden war. Sieger des Wettbewerbes wurde der Wiener Heinrich von Ferstel.
Der Krieg von 1866 und der Börsenkrach von 1873, erst recht der Erste Weltkrieg, hinterließen auch beim Linzer Dombau ihre Spuren. Immerhin konnte 1869 die Votivkapelle geweiht werden, wozu Bischof Rudigier ein musikalisches Auftragswerk vergab, das noch nach 120 Jahren zu den Höhepunkten europäischer Musik zählt: Anton Bruckners e-Moll-Messe. Anton Bruckner (—> 1896) hätte nach dem Willen Rudigiers in der Linzer Domgruft beigesetzt werden sollen, wo sich heute die Gräber der Linzer Bischöfe befinden, wurde aber 1896 unter der Orgel der Stiftskirche von St. Florian beigesetzt.
Wenn auch der Stil der Linzer Domkirche den an den Altären beschäftigten Künstlern und Kunsthandwerkern enge Grenzen auferlegte, so wurden doch die Domfenster eine sehr lebendige Chronik der Geschichte des Landes und der Diözese - nicht zuletzt der Planer und Erbauer dieser Domkirche. Zwei Jahre vor seinem Tod erklärte Bischof Rudigier: „Hochbejahrt, wie ich bin, sehe ich dem Tag, an welchem der Hirtenstab meiner Hand entfallen wird, aus dem Grund ruhig entgegen, weil ich in dem entstehenden Mariä-Empfängnis-Dom gleichsam eine Lebensversicherungsanstalt der Diözese erblicke." 40 Jahre nach dem Tod des Bischofs wurde im Jahre 1924 der „Neue Dom" geweiht. Es war der größte Kirchenbau der Habsburger-Monarchie im 19. Jahrhundert. Als nach dem „Anschluss" Hitler den „Neuen Dom" besichtigte, ließ sich der damalige Diözesanbischof Dr. Gföllner entschuldigen und entsandte einen Kanonikus zur Begrüßung. In den letzten Kriegswochen traf eine amerikanische Bombe den Dom.
Weiterführendes#
- Mariä-Empfängnis-Dom (AustriaWiki)
- Sondermarke: 100 Jahre Mariendom Linz (Briefmarken)
- Mariendom bei Nacht, Linz, Panorama
Quellen#
- P. Csendes, Das Zeitalter Kaiser Franz Josephs I., Brandstätter Verlag, 1989
- www.dioezese-linz.at