Pferde im Bergbau#
Pferdekraft - Die Nutzung von Pferden im Bergbau#
Von
Lieselotte Jontes, Leoben
Schon immer wurde das Pferd den Menschen zur Hilfeleistung zur Seite gestellt, besonders wenn es um den Transport schwerer Lasten ging.
Dies gilt nicht nur für die Arbeit übertage, auch in den Bergwerken wurden Pferde zum Transport, zur Wasserhebung und Bewetterung eingesetzt. Überall, wo Maschinen nicht eingesetzt werden konnten, waren Pferde unermüdlich tätig
Ein in vielen Geschichten über Grubenpferde wiederkehrendes Motiv ist das des blinden Pferdes, das durch die ewige Dunkelheit untertage seine Sehkraft eingebüßt hat. Ein weiteres Motiv ist das der Traurigkeit, die das Pferd befällt, da es diese schwere Arbeit in einer seinem Wesen nicht gemäßen Umgebung verrichten müsse.
Die Bergleute liebten die Pferde, sie waren das humane Element in einer feindlichen Umgebung. Sie waren alle ein wenig struppig, wie auch die Bergleute gewöhnten sie sich ein dickes Fell an.
Das Pferd ist im Bergwerk der beste Freund des Bergmannes, es hilft ihm bei der Arbeit, darüber hinaus spendet es die Wärme eines lebenden Wesens und vermittelt dem Bergmann das Gefühl, nicht allein im Dunkel des Berges zu sein. Sehr eindrucksvoll wird dieses Leid der Grubenpferde in einem Gedicht von Paul Zech geschildert:
So schwarz weint keine Nacht am schwarzen Gitter
Wie in dem schwarzen Schacht das blinde Pferd.
Ihm ist, als ob die Wiese, die es bitter
In jedem Heuhalm schmeckt, nie wiederkehrt.
Es wittert durch das schwarze Fleisch der Steine
Den Tod und sieht ihn mit den toten Augen an,
Und ist mit ihm die ganze Nacht alleine
Und geht nur widerwillig ins Gespann.
Der Knabe, der es durch die Gänge treibt,
Will es mit Brot und Zucker fröhlich machen.
Es kann nicht mehr wie andere Pferde lachen.
In seinen Augen wurmt die Nacht und bleibt.
Nur manchmal, wenn mit dem Geruch von Laub
Waldfrisches Holz nach unten wird gefahren,
Hebt es den Kopf und beißt sich in den Haaren
des Knaben fest und stampft ihn in den Staub.
Und rast durch schwarzer Schächte Labyrinth
Und stürzt im Fliehn die steile Felsentreppe
Herab und wiehert durch die grüne Steppe,
Auf der die toten Pferde mächtig sind.
Der französische Dichte Emile Zola hat die schwere Arbeit der Grubenpferde am Beispiel eines alternden Grubenhengstes in seinem Roman „Germinal“ geschildert[1]:
„Seit zehn Jahren lebte er in diesem Loch, nahm denselben Winkel im Stall ein und durchwanderte täglich dieselben dunklen Gänge ohne das Tageslicht wieder gesehen zu haben. Er war sehr gut genährt, hatte ein glänzendes Fell und ein gutmütiges Aussehen; er schien dem Elend da oben entrückt, hier das Leben eines Weisen zu führen. Übrigens war er im Dunkel sehr schlau geworden, die Gänge, in denen er arbeitete, wurden ihm schließlich so vertraut, dass er die Lufttüren mit dem Kopfe aufstieß und an niedrigen Stellen sich bückte, um nicht anzustoßen. Zweifellos zählte er auch seine Touren, denn sobald er die gewöhnliche Anzahl derselben zurückgelegt hatte, sträubte er sich, weiter zu gehen, und man musste ihn zu seiner Krippe zurückführen...“
Das Pferd ist im Bergwerk der beste Freund des Bergmannes, es hilft ihm bei der Arbeit, darüber hinaus spendet es die Wärme eines lebenden Wesens und vermittelt dem Bergmann das Gefühl, nicht allein im Dunkel des Berges zu sein.
Georgius Agricola, der Begründer der Bergwerkswissenschaften, schildert in seinem 1556 erschienenen Werk „De re metallica“ eine große Anzahl von Maschinen zur Förderung, zur Wasserhaltung und zur Bewetterung[2]. Als Antrieb („Motor“) der der Maschinen nennt Agricola das Wasser, die Menschen- und die Pferdekraft
Um gute Wetter in die Grube zu bringen, wurden von Pferdekraft betriebene Blasebälge eingesetzt, wobei die Pferde sowohl in den Anlagen übertage als auch untertage eingesetzt waren.
Die Pferde fuhren durch einen engen, schraubenförmigen Schacht auf Stufen bis zur Maschine ein. Agricola beschreibt eine Maschine zur Wasserhebung, die das Wasser aus einem 240 Fuß tiefen Schacht hebt. Dafür wurden 32 Pferde eingesetzt, je acht arbeiten 4 Stunden, um dann 12 Stunden Ruhezeit zu haben. Maschinen dieser Art wurden z.B. im Bergbau im Harz eingesetzt.
Als eigentliche „Roßkunst“ bezeichnete man die obertägigen Göpel, die zur Erzförderung eingesetzt waren. Dabei wurden Pferde an eine senkrecht eingesetzte Spindel eingespannt, im Kreis gehend wurden so die Lasten mit Übersetzungen aus der Tiefe geholt[3].
Im Jahre 1795 wird in der „Maschinenlehre“ des Johann Friedrich Lempe[4] das Pferd als Antriebselement in einem Tretrad dargestellt. Mit den Vorder- und Hinterfüßen bewegten die Tiere das Rad. Diese nicht sehr artgerechte Fortbewegungsart rechtfertigte der Autor damit, dass man „bei der Anwendung der Menschenkraft sich allemal ihrer Kostbarkeit“ erinnern solle.
Besonders im 19. Jahrhundert wurden vermehrt Pferde untertage eingesetzt. Grubenpferde wurden vor allem in Kohlebergbauen eingesetzt. Man nützte die Pferdekraft an Orten, die für Maschinen problematisch waren. In Obergraden im Rosental fand man das Skelett eines Grubenpferdes, ebenso Hufeisen. Man fand auch Überreste von Pferden am Marienschacht in der Nähe des Heiligen Berges[5].
Leben und Arbeitsbedingungen der Pferde#
Pferde wurden vor allem im Kohlebergbau eingesetzt. Im Oberbergamtsbezirk Dortmund waren 1882 2.200 Pferde im Einsatz, sie ersetzten rund 15.000 Förderleute. 1963 gab es im Ruhrgebiet nur noch 30 Grubenpferde.
Als Grubenpferde waren Tiere geeignet, die ein ruhiges Temperament, guten Knochenbau, starke, feste Hufe besaßen. Sie mussten gehorsam, intelligent und fromm sein. In niedrigen Zwischenstrecken wurden kleinere Pferde eingesetzt, die Widerristhöhe sollte maximal zwischen 1,40 und 1,50 Metern liegen.
Die Aufgabe der Grubenpferde war es, die beladenen bzw. leeren Förderwagen zum Schacht und wieder zurück zu ziehen. Die Pferde waren meist sechs bis sieben Jahre lang einsatzfähig, vereinzelt auch 12 Jahre. Bei der Arbeit trugen die Pferde neben dem Geschirr einen Ohrenschutz oder eine Stirnkappe aus Leder oder Hartgummi, um Verletzungen durch ein Anstoßen des Kopfes am Gebirge zu vermeiden
Gute Ernährung, gute Pflege, guter Zustand von Geschirr und Wagen waren sehr wichtig. Anfangs wurden die Grubenpferde über Tage untergebracht und zu Schichtbeginn mit verbundenen Augen eingefördert. Wegen des damit verbundenen Zeitaufwandes legten die Bergbaue bald schon Pferdeställe unter Tage an, meist im Frischwetterstrom in der Nähe des Füllortes.
Man musste danach trachten, diese „lebenden Arbeitsmaschinen“ in möglichst gutem Gesundheitszustand zu erhalten, daher sorgte man für gute Ernährung, die gute Pflege der Ställe in der Grube, den guten Zustand von Geschirr und Wagen und nicht zuletzt der Förderstrecke. Die Arbeitsbedingungen für Grubenpferde waren besonders ungünstig, sie nutzten sich daher viel schneller ab als bei Arbeiten über Tage. Tagaus, tagein musste ihre Arbeit mit der gleichen Regelmäßigkeit geleistet werden, eine an und für sich schon mühevolle Arbeit, die durch die Arbeitsumgebung noch mühevoller wurde. Sie arbeiteten unter äußerst ungünstigen Bedingungen: der Untergrund, auf dem sie gingen, war nie so eben wie eine Straße; die Schwellen der Grubenbahnen bildeten auf dem Boden immer einen Vorsprung, über den die Tiere stolperten, sie rutschten auf den Schienen und Wechselplatten aus, konnten sich mancherlei Verletzungen zuziehen. In vielen Fällen hatten die Grubenpferde unterirdische Ställe, wobei für gute Beleuchtung und vor allem Bewetterung gesorgt werden musste, da Pferde mehr Atemluft verbrauchten als ein Mensch. Stroh, Futtermittel und Trinkwasser wurden in die Grube gebracht, dadurch vermehrten sich in vielen Bergbauen auch Ratten und Mäuse sehr stark[6]. Was ein Tierarzt jener Zeit als sehr positiv im Vergleich zu den übertage arbeitenden Pferden ansah, war die immer gleich bleibende Temperatur, die die Pferde umgab, sie waren vor Insektenbissen und vor schlechter Witterung geschützt, selten krank und bei gleicher Futterration stets dicker und von besserem Aussehen als diejenigen übertage.
Die allgemeine Annahme, dass Pferde, die untertage arbeiteten, mit der Zeit erblinden könnten, konnte nicht nachgewiesen werden. Man hatte allerdings häufig Augenverletzungen und Sehstörungen beobachten können, die auf die ausschließliche Fütterung mit Heu, Hafer und Weizenkleie zurückzuführen war.[7]
Die Anschaffung der Grubenpferde war kostspielig und daher eine finanzielle Belastung für die Grubenbesitzer. Oft war die menschliche Arbeitskraft kostengünstiger. Man errechnete, dass ein Pferd mindestens 5 Jahre Dienst tun musste, um seine Anschaffungskosten zu amortisieren. Im Steinkohlenrevier Ostrau (Mähren) überlegte man lange die Anschaffung von Grubenpferden, erst der Arbeitskräftemangel 1868 führte zum Ankauf von Pferden.
Besonders im Ruhrgebiet wurden Grubenpferde bei Spezialfirmen ausgeliehen. Die Verleiher verpflichteten sich, so viele Pferde zu stellen, wie im Normalbetrieb notwendig waren. Pro Tag verfuhr ein Pferd eine achtstündige Schicht, im Monat maximal 27 Schichten. Die Zeche entlohnte die Pferdeführer, Stall- und Futterknechte und den Stallmeister. Verletzte, lahme und kranke Tiere wurden dem Verleiher vergütet, nicht aber Ausfälle durch Pferdekrankheiten. Futter, Geschirre, Decken und sonstiges Zubehör wurde von den Verleihern geliefert, das Bergwerk selbst stellte Personal, Stallungen, Streu, Wasser und Hufbeschlag.[8]
In den englischen Bergwerken waren die Besitzer verpflichtet, ein spezielles Pferdebuch, das „Horse Record Book“ zu führen, in das alle Vorkommnisse im Zusammenhang mit der Pferdehaltung in den Gruben eingetragen werden mussten. Pferde und Buch wurden in regelmäßigen Abständen von staatlichen Pferdeinspektoren überprüft. In Kemberton in Shropshire steht z.B. im Pferdebuch, dass 38 Pferde im Einsatz waren. Das älteste Pferd war 20 Jahre alt und befand sich schon seit 1910 in der Grube. Die Aufzeichnungen in diesen Büchern erlauben es, das Leben einzelner Pferde, ihr von der Arbeit unter Tage geprägtes Erleben teilweise präzise nachzuvollziehen. So wurden die Pferde Peter und Marshall für einige Monate über Tage verlegt, weil sie erkrankt waren, sie erholten sich und kamen wieder in die Grube. Pferd Jack wurde in den Ruhestand versetzt, Captain kam bei einem Unglücksfall ums Leben und auch Victor starb, nachdem er sich eine Hinterhand gebrochen hatte und er von einem Förderwagen überrollt worden war[9].
Wenn ein Pferd nicht mehr lebend ans Tageslicht gebracht werden konnte, hatte man z.B. im Zechenbüro eine Maske vom Kopf eines Pferdes, die diesem dann aufgesetzt wurde, durch eine Öffnung in der Maske schlug man ein Stemmeisen in die Schläfe des Tieres, so dass es auf der Stelle getötet wurde.
In der Zeche Recklinghausen im Ruhrgebiet ist 1969 das letzte Grubenpferd gestorben, Tobias, ein brauner Wallach. Er war zweijährig in das Bergwerk gekommen, 17 Jahre lang verrichtete er unter Tage Schlepperarbeit. Das Grubenpferd bezog den tarifmäßigen Schlepperlohn und wurde dann „Knappschaftsrentner“. Die Rente wurde an seinen Pfleger, einen ehemaligen Steiger, ausbezahlt, der das Pferd zu sich nahm[10].
Die meisten Grubenpferde hatten ähnliche Gebrechen wie die Bergleute: kranke Gelenke, krumme Rücken, Silikose, Bergkrankheit
Grubenpferde in der ÖAMG#
Grubenpferde kamen bei der Österreichisch Alpine Montangesellschaft (ÖAMG) vor allem dort zum Einsatz, wo die Arbeitsstrecken enger und niedriger wurden und man daher keine Lokomotiven benützen konnte. In der Grube Marienschacht in der Weststeiermark waren noch bis nach dem 2. Weltkrieg Pferde zur Förderung der Kohle untertage eingesetzt.
Für den Bergbau Seegraben erinnert sich der Bergmann Anton Novak, dass in Seegraben bis in die 20er-Jahre Pferde untertage im Einsatz waren, die immer in der Grube blieben und obertage nur im Bedarfsfall gesund gepflegt wurden.[11]
Auch im Kohlebergbau Fohnsdorf gab es in der Zwischenkriegszeit Grubenpferde, ein Steiger erinnerte sich an einen Rossstall nicht weit vom Schacht[12]. Im weststeirischen Kohlenrevier kamen ebenfalls Pferde zum Einsatz, wie Bilder aus dem Zangtal im Köflacher Revier zeigen. Am Steirischen Erzberg wurde die Abförderung der Erze nach Vordernberg seit dem Ausgang des Mittelalters durch Pferdefuhrwerke durchgeführt.
Seegraben#
Im Traugottstollen in Seegraben gab es von 1880 bis 1924 Grubenpferde, im Wartinbergschacht bis 1937, die letzten Pferde wurden im Seegraben nur mehr übertage eingesetzt. Es hieß, dass die Pferde es gewohnt waren, eine bestimmte Anzahl von Hunten zu ziehen; wurde einmal eine größere Last angehängt, rührte sich das Pferd so lange nicht von der Stelle, bis die zusätzliche Last entfernt wurde.
Ein Bericht der Werkszeitung aus dem Jahre 1931 besagt[13]: „Nicht jedes Pferd taugte für den schweren Grubendienst. Tiere, die übertage absolut zugfest sind, wollen untertage nicht arbeiten, sie werden schon beim Betreten der Förderschale, die dafür besonders hergerichtet werden muss, ängstlich und unruhig, sie beginnen zu beißen und zu schlagen und sind wie ausgewechselt. Am besten eignen sich starkknochige, gedrungene und schnell gehende Pferde mit einem ruhigem, gelassenen Temperament, die auch gutmütig und ohne böse Untugenden sein müssen.“
Übertage gab es einen Pferdestall, der später zu einem Personalhaus umgebaut wurde. Die Pferde wurden zweimal am Tage gefüttert, auch gestriegelt und gebürstet, die Hufe gereinigt und eingefettet. Die Mähnen waren kurz geschoren, um der Verschmutzung entgegen zu wirken. Die jungen Tiere mussten erst langsam angelernt werden, was ziemlich viel Geduld verlangte. Das Tier wurde zuerst mit der Strecke ohne Last bekannt gemacht, dann musste es einen leeren Förderwagen ziehen, allmählich steigerte man dann die Last.
Die Pferde zogen in der Regel acht bis zehn Kohlenhunte oder drei bis vier volle Versatzhunte. Nicht alle Pferde waren für die Arbeit in der Grube geeignet. Im allgemeinen arbeiteten die Pferde etwa 15 Jahre.
Die Arbeitszeiten der Pferde waren denen der Bergarbeiter angeglichen, die Ruhezeiten der Pferde wurden nur im Notfall unterbrochen. In die geräumigen Ställe untertage wurde Trinkwasser eingeleitet, man sorgte auch für eine ausreichende Belüftung und natürlich regelmäßige Fütterung und Pflege[14].
Pferde am Steirischen Erzberg#
Am Steirischen Erzberg wurde die Abförderung der Erze nach Vordernberg seit dem Ausgang des Mittelalters durch Pferdefuhrwerke durchgeführt. Die Straße über den Präbichl stellte große Anforderungen an Menschen und Pferde. Es spricht deutlich genug, dass jeder Radmeister für die Erzzufuhr allein 18 bis 20 Pferde halten und dass er alljährlich nur für die Erneuerung der Wagenbeschläge 3000 kg Eisen aufwenden musste[15].
Die Belieferung der Hochöfen mit Holzkohle erfolgte ebenfalls mit Pferdefuhrwerken. Im 19. Jahrhundert wurde das Fördersystem am Erzberg durch Johann Dulnigg reformiert.
Unter seiner Leitung wurde von 1831 bis 1835 eine neue Förderanlage gebaut, die auf der ausschließlichen Verwendung von Schienenwegen beruhte. Aus den tieferen Gruben sollten die Erze mit einer Bahn befördert werden, Züge von 8 Wagen wurden von einem Pferd gezogen. Es konnte nun ein Pferd eine Nutzlast von 24 t auf Schienen fördern, gegenüber 420 kg in einem einspännigen Fuhrwerk[16].
Auch für die Belieferung der Eisenerzer Hochöfen und des Hieflauer Hochofens war eine Pferdeförderbahn vorgesehen. Die erforderliche Holzkohle wurde mit Pferdefuhrwerken zu den Öfen gebracht. Im Jahre 1887 wurde das große Oswaldi-Erzreservoir fertig gestellt, dieses besaß mehrere Abzugsstollen, von denen der längste zweigleisig und für Pferdeförderung eingerichtet war.
Das Hausrucker Kohlenrevier#
Zu Ende des 18.Jahrhunderts wurde mit dem Abbau von Braunkohle im Hausruck begonnen. Von 1794 an betrieb das ärarische Salzoberamt Gmunden den Kohlebergbau. Um 1800 waren bis zu 170 Mann in Wolfsegg beschäftigt. Die Kohle wurde mittels Pferdefuhrwerk nach Stadl-Paura bzw. zum Traunfall gebracht und von dort mit Zillen nach Gmunden verschifft. Pferde wurden bis nach dem Zweiten Weltkrieg zur Kohleförderung eingesetzt[17].
Der Bergmann Albert Stockinger lässt 1954 das Grubenpferd Wastl aus seinem Leben erzählen[18]. Hier einige Ausschnitte:
„In einem Bauernhof geboren, bin ich mit einem gleichaltrigen Freund aufgewachsen und wir durften uns zwei Jahre ungetrübter Jugend erfreuen. .....Ich war ein richtiges, aber nicht schönes Arbeitspferd. Eines Tages kam ein Mann und zeigte für mich besonderes Interesse; er murmelte immer „Wenn er nur hineingeht!“ Ich wusste nicht, was er damit meinte und glaubte, dass vielleicht sein Stall so klein sei. Aber ich riss die Augen auf, als ich in einen ganz großen Stall gebracht wurde, wo bereits mehrere Pferde standen. Ich wurde geschirrt und der Mann sagte zu mir „Also, Wastl, gehen ma‘s an!“ In der Kanzlei haben sie mir nämlich gleich eine Nummer und einen Namen gegeben, den ich mir merken musste. Und nun ging es zum ersten Mal in die Grube. Ich war nicht wenig erstaunt, als ich dieses Loch und den Lärm dort antraf. Alles war mir neu und die Wagerl, die sie Hunte nennen, machten gar so viel Lärm.
Viele Jahre habe ich nun den Dienst in der Grube geleistet und was das heißt, täglich acht Stunden (und mehr noch darüber, wenn ein Pferd krank ist) auf den schlechten Grubenbahnen herumzulaufen und jedesmal zehn bis 15 Kipper zu schleppen, das weiß nur derjenige Mensch, der selbst einmal Förderer war. Die Grubenbahnen sind sehr schlecht, wie oft verlieren wir unsere Eisen. Die Schuld wird meistens uns Grubenpferden zugeschoben, dass wir zu wenig aufpassen. Richtig aber ist, dass die Grubenbahnen so miserabel sind und für uns an Gefahrenpunkten (z.B bei einem Wechsel) nicht genügend geleuchtet wird, so dass wir trotz äußerster Vorsicht in das Wechselkreuz geraten und daran hängen bleiben. Dann kommt es vor, dass wir stürzen, uns den ganzen Huf vom Fessel reißen, das Bein brechen und die nachrollenden Hunte uns vielleicht vollends den Garaus machen. So ein Pferd muss sofort an Ort und Stelle notgeschlachtet ... werden. Ich bin in der Grube glücklicher gewesen. Bis auf ein paar Schrammen und Muskelzerrungen hatte ich keinen besonderen Unfall. Dies verdanke ich meinen Reviersteigern, die mir stets anständige Fahrbuben gegeben haben, welche mich gemütvoll behandelten und auch führten, mich als einen ihrer getreuesten und besten Arbeitskameraden betrachteten.“
Anmerkungen#
[1] Emile ZOLA, Germinal (Frankfurt am Main 10 2001), 69f.[2] Georgius AGRICOLA, Zwölf Bücher vom Berg- und Hüttenwesen. Reprint, (Berlin 1928), 136 und 181
[3] Akademischer Vorlesung über die zu Schemnitz in Niederhungarn errichteten Pferdegöpel (Dresden 1773)
[4] Johann Friedrich LEMPE, Lehrbegrif der Maschinenlehre, mit Rücksicht auf den Bergbau (Leipzig 1795-1797)
[5] Ernst LASNIK, Funde aus alten Bergbauen, in: Spuren der Vergangenheit. Archäologische Funde aus der Weststeiermark im Stölzle-Glas-Center Bärnbach (Bärnbach 1992), 169
[6] Gabriele UNVERFEHRT, Evelyn KROKER, Der Arbeitsplatz des Bergmanns in historischen Bildern und Dokumenten (Bochum 1981), 128 f.
[7] Friedrich ROTH-BRÜSER, Das Grubenpferd. Untersuchungen über Haltung, Fütterung, Arbeitsleistung und Krankheiten
bei den Grubenpferden im rheinisch-westfälischen Bergrevier, Diss. Tierärztl. Hochschule Hannover 1942, 16 ff.
[8] W. JICINSKY, Bergmännische Notizen aus Ostrau, in: Berg- und Hüttenmännisches Jahrbuch 20 (1869/70), 172.
[9] Ivor J. BROWN / Werner KROKER, Grubenpferde im englischen Shropshire, in: Der Anschnitt 42 (1990), 114f.
[10] Bernhard BOIE, Erinnerung an das letzte Grubenpferd Tobias, in: Der Anschnitt 21 (1969), H.3, 28-29.
[11] Erika AUGUSTIN, Erinnerungen an Alt-Seegraben, in: Judendorf – Seegraben – Münzenberg. Als Leoben noch Bergbaustadt war (Leoben 1996), 63
[12] Ernst Karl HINNER, Arbeit und Leben des Bergmannes in Fohnsdorf in volkskundlicher Sicht im 19. und 20. Jahrhundert, Diss. Univ. Graz 1975, 50.
[13] Karl JUNGWIRTH, Von unseren Grubenpferden, in: Werkszeitung der Oesterr.-Alpinen Montangesellschaft 5 (1931), 91.
[14] Andreas SUCHER, Kohle und Federweiß. Bergbau- und Transportpferde Leoben – Trofaiach, 1880-1937 (Leoben 2005)
[15] Wilhelm SCHUSTER, Der Steirische Erzberg und die Hüttenbetriebe Vordernberg, Eisenerz und Hieflau, in: Die Geschichte der Betriebe der Österreichisch-Alpinen Montangesellschaft , (Wien 1931), 29-248.
[16] Hans Jörg KÖSTLER / Alfred WEIß, Johann Dulnig (1802-1873) und die Erzförderanlagen vom Steirischen Erzberg zu den Vordernberger Radwerken, in: Berg- und Hüttenmännische Monatshefte 125 (1980), 580.
[17] Kohle und Dampf. Oberösterreichische Landesausstellung Ampflwang 2006 (Linz 2006)
[18] Adalbert STOCKINGER, Das Grubenpferd „Wastl“ erzählt sein Leben, in: Glückauf Werkszeitung 26 (1954), 6-7.