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Pulvermacher#

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Pulvermacher
»Der Pulvermacher«. Kupferstich von Christoph Weigel. Aus: »Abbildung der Gemein-Nützlichen Haupt-Stände …«. Regensburg 1698
© Ch. Brandstätter Verlag

Pulvermacher stellten Sprengstoff her, der hauptsächlich als Treibmittel für Geschosse verwendet wurde. Das älteste Schießpulver ist das »Schwarzpulver«, ein Gemenge aus pulverisiertem Salpeter, Schwefel und Holzkohle. Der Namensgeber Bertold Schwarz, ein Mönch und Alchimist, soll angeblich um 1259 die Treibwirkung der Pulvermischung bemerkt haben, was aber mittlerweile als reine Fabel gilt. Der erste sichere Hinweis auf die Sprengkraft des Schießpulvers im christlichen Abendland findet sich in den Schriften (1267) des in Paris lehrenden englischen Philosophen und Theologen Roger Bacon, allerdings lässt sich die Verwendung von Schießpulver als Treibmittel in »Büchsen« in Europa erst nach 1313 nachweisen.

Rechnungs- und Urkundenbücher von Städten wie Aufzeichnungen von →Büchsenmeistern des 15. Jahrhunderts geben Einblick in die Fertigungsverfahren von Schießpulver. Zunächst war nur das sogenannte Mehlpulver als Gemenge von Salpeter, Holzkohle und Schwefel bekannt, das wegen des Mangels an Luft zwischen den einzelnen Pulverteilchen nur sehr langsam abbrannte. Um eine raschere Verbrennung zu erreichen, versuchte man das Pulver zu »körnen«, was um 1420 zum ersten Mal gelang. Der Salpeter wurde durch Feuchtigkeit aufgelöst und bildete so eine optimale Bindung zwischen den übrigen Bestandteilen des Mehlpulvers. Zerschlug man einen solchen Pulverkuchen, wenn er trocken war, so entstanden viele kleinere und größere unregelmäßige Körnchen. Mit diesem »Knollenpulver«, das ziemlich resistent gegen Feuchtigkeit war und beim Zünden weit heftiger reagierte, hatte die Pulverherstellung einen Stand erreicht, der jahrhundertelang kaum wesentlich verbessert wurde.

Der ständig steigende Bedarf an Pulver sorgte zu Beginn des 15. Jahrhunderts für die Entstehung der ersten Pulvermühlen, da die Pulvermacher und Büchsenmeister in ihren Handmörsern nur geringe Mengen herzustellen in der Lage waren. Die Kunst der Zubereitung des Schießpulvers lag in der Dichte und im Mischungsverhältnis, das je nach Verwendung als Kanonen-, Musketen-, Flinten-, Pistolenund Sprengpulver schwankte und außerdem von Land zu Land verschieden war. Eine recht oft in kriegstechnischen Handbüchern erwähnte Rezeptur nennt sechs Teile Salpeter, einen Teil Schwefel und einen Teil Lindenholzkohle als ideales Mengenverhältnis.

Diese Bestandteile des Schießpulvers wurden zunächst in Pulverstampfen (muldenförmige Tröge), die entweder handbetrieben mit federnd aufgehängten Stampfbalken arbeiteten oder durch Tiergöpel, Tret- oder Wasserräder angetrieben wurden, pulverisiert und gut vermengt. Um einer Entzündung infolge Reibung vorzubeugen – immer wieder flogen Pulvermühlen in die Luft – und gleichzeitig das Pulver zu körnen, feuchtete man es mit Wasser, Essig, Wein, Branntwein oder mit »Mannesharn« an. In der Regel betrug die Stampfzeit bei guter Pulverqualität bis zu dreißig Stunden. Später setzte man für diese Arbeit Walzmühlen ein, sogenannte Kollergänge mit aufrecht stehenden, mühlsteinähnlichen Läufern aus Marmor, was die Explosionsgefahr minderte. Den verdichteten Pulverzusatz preßte man anschließend zu Pulverkuchen, zerkleinerte diesen grob und brachte ihn in eine Körnmaschine, wo er zerrieben und gesiebt wurde. Abschließend mussten die feuchten Pulverkörner entweder an der Luft im Freien oder in Trockenhäusern (Dörrstuben) getrocknet werden; vielfach wurden sie auch noch zusätzlich in rotierenden Trommeln poliert. Das fertige Schießpulver verpackte man in mit Zinnfolie ausgelegten Fässern und bewahrte es an einem sicheren und völlig trockenen Ort, in sogenannten Pulver magazinen oder Pulvertürmen, auf.

Die aus dem Kriegswesen bekannte Sprengwirkung des »Schwarzpulvers« wurde erstmals für zivile Zwecke in Tirol angewandt, beim Ausbau des Kuntersweges zwischen Klausen und Kardaun im Eisacktal zu einer Fahrstraße, der 1481 begonnen wurde. Die Verwendung von Schießpulver im Montanwesen ließ auf sich warten, weil die Auswirkungen einer Sprengung unter Tage zunächst einfach nicht zu kontrollieren waren. Mit der bergmännischen Schießarbeit wurde erst 1627 im niederungarischen (heute slowakischen) Schemnitz – angeblich durch den Tiroler Bergmann Caspar Weindl – und ein Jahr später in St. Lamprecht in der Steiermark begonnen.

Die Einführung rauchschwacher Schießpulver aus Schießbaumwolle (Nitrozellulose) oder aus Schießbaumwolle mit Nitroglyzerin (Sprengöl), verbesserte Verfahren und die Entdeckung des Dynamits durch Alfred Nobel (1867) ließen eine Sprengstoffindustrie entstehen, mit der kleine und mittlere Pulvermühlen nicht mehr mithalten konnten.

Quellen#

  • Verschwundene Arbeit, R. Palla, Christian Brandstätter Verlag, 2010

... mit freundlicher Genehmigung des Christian Brandstätter Verlags.