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Schäfer#

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"Heimatlexikon - Unser Österreich"
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Schäfer
Ungarischer Schäfer mit seiner Herde. Um 1905. Photographie.
© Christian Brandstätter Verlag
Figuren aus der Wiener Porzellanmanufaktur Augarten
Schäfer und Schäferin. Figuren aus der Wiener Porzellanmanufaktur Augarten. Um 1755–1760.
© Christian Brandstätter Verlag

Schäfer hüteten eines der ältesten Haustiere, das Schaf, von dem zunächst nur das Fleisch, Blut und die Haut, wesentlich später erst die Milch und zuletzt die Wolle benutzt wurde. »Schäfer und Schinder sind Geschwisterkinder«, hieß es in einem alten Spruch, der andeuten sollte, daß die Schäfer auch mit dem Abdecken von totem Vieh befaßt waren und daher als »Unehrliche« galten. Aber auch, weil diese Gruppe von Menschen im wesentlichen unfrei war, was sie in den Augen des ehrwürdigen Handwerks zunftunfähig machte; und weil die Hirten nach dem »Sachsenspiegel« vom Heeresdienst befreit waren, um nicht die Herde verlassen zu müssen, aber bei den Deutschen alles unehrlich war, was nicht im Heer- oder Bürgerbanne mitkämpfte. So wurden die von Rechts wegen für die Volkswirtschaft unentbehrlichen Schäfer geächtet und ihrer vollen staatsbürgerlichen Rechte beraubt. Es wurde ihnen bei Strafe verboten, modische Hüte oder Röcke, Federbüsche, große Überschläge, abgesetzte Stiefel, Sporen, Pistolen oder Degen zu tragen, Sattelzeug zu verwenden, Windhunde zu führen oder für ihre Kleidung Tuch zu gebrauchen, von dem die Elle mehr als einen Gulden kostete. Im Jahre 1704 beschwerten sich die Schäfer bei Kaiser Leopold, daß die »zeithero wegen ihrer Schäferei-Handthierung bei dem gemeinen Mann und Pöbel in einem solchen üblen Wahn und Meinung gewesen, daß sie allenthalben für unehrlich, wie auch ihre Kinder zur Erlernung eines Handwerks für untüchtig gehalten, infolglich sie unschuldig vor männiglich veracht und verlassen sein müßten«. Der Kaiser bestimmte, daß der den Schäfern beigemessene »üble Wahn und Macul gäntzlich aufgehebet, abgethan und aboliret« werden soll. Solche recht häufig erteilten Privilegien trugen meist recht wenig zur Verbesserung des gesellschaftlichen Status bei.

Schäferidyll
Schäferidyll. Kolorierter Kupferstich von Martin Engelbrecht. Aus: »Verschiedene illuminierte Kupferstiche«. Augsburg 1725.
© Christian Brandstätter Verlag

Trotz des Makels der Unehrlichkeit scheinen sich die Schäfer als unabhängige und selbstbewußte Leute gefühlt zu haben, wie zahlreiche Beispiele beweisen. In der Mark Brandenburg bildeten sie unter sich eine Zunft. Sie machten den Gutsbesitzern Vorschriften und wollten nur von selbstgewählten Richtern zur Verantwortung gezogen werden. Ihren Willen versuchten sie durch Fehdebriefe und Brandzeichen in Städten und Dörfern durchzusetzen, und abtrünnige Genossen wurden rigoros aus dem Gebiet vertrieben. In einer Gesinde-, Hirten- und Schäferordnung des Kurfürsten Georg Wilhelm aus dem Jahre 1620 wurde Klage geführt, daß »deren Stolz, Trotz und Übermuth sich so sehr und überflüssig gehäuffet, daß es zu verwundern« ist.

Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts gab es die Mengeschäfer (Hudesleute), die Hälftschäfer und die Pachtschäfer. Die ersteren waren die am meisten verbreiteten. Sie übernahmen eine Herde mit dem Recht, auch eigene Tiere mit auf die Weide zu treiben. Der Hälftschäfer war überhaupt Besitzer der Herde und bezog mit ihr die leerstehende Schäferei eines Berechtigten, dem er für die Weide und Durchwinterung der Herde die Hälfte der Wolle und der Lämmer zu geben hatte. Die Pachtschäfer nahmen gewöhnlich eine Herde in feste Pacht und hatten sie in gleicher Stückzahl wieder abzuliefern. Die naturverbundene, abgeschiedene Existenz des Schäfers inspirierte schon die alten Griechen zu idyllischer Dichtung (bukolische Poesie), die im 16. und 17. Jahrhundert als Schäferdichtung und Hirtendrama von Italien aus (wahrscheinlich mit Torquato Tassos Aminta) ihren Siegeszug durch die Literatur aller Kulturländer antrat. Auch eine gebräuchliche Redensart entstand nach dem Schäfer, der seine Herde vor dem Gewitter in Sicherheit bringt: »seine Schäfchen ins Trockene bringen«.

Quellen#

  • Verschwundene Arbeit, R. Palla, Christian Brandstätter Verlag, 2010

... mit freundlicher Genehmigung des Christian Brandstätter Verlags.