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Schalenstein#

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Schalenstein
Der "Heilige Stein" bei Retzbach
© Alfred Wolf

Eiszeitliche Restlinge (erratische Blöcke) mit 3-20 cm großen, 2-5 cm tiefen Ausnehmungen finden sich in vielen Teilen Europas. Im Waldviertel (Niederösterreich) sind es Granitsteine. Akademische und Hobbyforscher haben vielfältige Theorien über ihre Entstehung aufgestellt. So nennt sie das Wörterbuch der deutschen Volkskunde "Zeugnisse einer Urkultur" und vermutet u.a. Mörser zum Getreidemahlen, steinzeitliche Land- und Sternkarten, megalithische Opferstätten, religiöse und sexualsymbolische Bedeutung.

Realistisch liest sich hingegen das "Waldviertler Heimatbuch". Es verweist auf die große Anzahl von 1500 Schalen allein im dünn besiedelten Waldviertel. Der Autor fragt, wer diese alle aus dem harten Stein gemeisselt hätte. Er verweist darauf, dass sich in der Gegend der ältesten Siedlungen keine solchen Gebilde befinden. So erscheint die Verwitterungstheorie am plausibelsten, wonach sich Bäume auf Steinen ansiedeln, und wenn sie diese, wie beim Granit, nicht mit den Wurzeln spalten können, mit dem Wurzelstock eine kleine Grube formen.

Franz Jantsch (1909-2006), der dienstälteste Pfarrer der Erzdiözese Wien, zählte zu den Pionieren der Seelsorge im Sinn des Zweiten Vatikanischen Konzils. Als Autor von 35 Büchern galt sein spezielles Interesse jedoch den so genannten "Kraftorten", wozu er die Schalensteine zählte. Er vertrat die Meinung, dass auf diesen Steinen die Erstgeborenen geopfert wurden, nach dem Kindervers: "Mariechen saß auf einem Stein. Mariechen warum weinest du ? Weil ich heute sterben muss…" Außerdem glaubte er, man hätte den als heilsam erachteten Steinstaub genossen.

Sagen bringen die Schalen in den Steinen und das Wasser, das sich darin hält, mit Heiligen in Verbindung. So habe die Muttergottes das Jesuskind darin gebadet, auch nach den Heiligen Christoph, Koloman, Petrus, Johannes und Wolfgang wurden Schalensteine benannt.

Ein besonders bekanntes Exemplar - und offizielles Naturdenkmal - ist der Schalenstein in Retzbach (Niederösterreich). Er liegt genau zwischen Weinviertel und Waldviertel, 275 Meter von der Staatsgrenze zur Tschechischen Republik entfernt. 1999 erhielt er eine architektonische Rahmung durch eine elliptische Aussichtsplattform. Mitte des 17. Jahrhunderts entsprang hier eine Quelle. 1709 sollte der Stein (wegen "abergläubischen Gebrauchs") vom bischöflichen Consistorium zerstört werden, doch setzte sich der Lilienfelder Abt Sigismund, dessen Kloster die Kultstätte unterstand, für seine Erhaltung ein. Er argumentierte, dass die Leute nicht wegen des Steins, sondern zur Marienkapelle kämen. Ein Einsiedler betreute die Kultstätte bei "Maria Stein".

Quellen#

  • Beitl: Wörterbuch der deutschen Volkskunde. Stuttgart 1974. S. 698
  • Franz Jantsch: Kultplätze im Land um Wien. Unterweitersdorf 1993. S. 22 f.
  • Waldviertler Heimatbuch (Hg. Adolf Kastner). Zwettl 1994. S. 37 f.
  • Helga Maria Wolf: Mythos Wasser. St. Pölten 2009. S. 40, 80 f.

Redaktion: hmw

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