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Schloss Hetzendorf#

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"Heimatlexikon - Unser Österreich"
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Schloß Hetzendorf - Galeriesaal
Schloß Hetzendorf. Galerie-Saal. Photographie, um 1900.
© Brandstätter Verlag

Das heutige Schlossareal Schloss Hetztendorf, Wien zoom= bestand ursprünglich aus drei Höfen, die von 1114 bis 1456 im Besitz des Stiftes Klosterneuburg waren. Im Jahr 1694 ließ hier Sigismund Graf Thun nach Plänen von Johann Lukas von Hildebrandt ein Jagdschloß errichten, 1712 erfolgte unter dem Bauherrn Prinz Anton Florian von Liechtenstein die Umgestaltung des Schlosses durch Nikolaus Pacassi. Hetzendorf hatte noch mehrere Besitzer, ehe es 1742 von der Hofkammer erworben und Kaiserin Maria Theresia zur Verfügung gestellt wurde, die es 1744 erwarb. Sie ließ das Schloß durch Pacassi im Stile Schönbrunns vollkommen neu adaptieren und wies es ihrer Mutter Elisabeth Christine, die nun jenen politischen Einfluß erlangen wollte, den sie unter ihrem Gatten nie gehabt hatte, als Witwensitz zu. Denn in Wien hatten sich bereits laute Szenen zwischen Mutter und Tochter ergeben, weil die Kaiserin- Witwe das zu lockere Zeremoniell am Hofe des jungen Fürstenpaars kritisierte. Elisabeth Christine starb 1750 im Alter von 59 Jahren in Hetzendorf.


1757 wurde die hübsche kleine Residenz durch eine Allee mit Schönbrunn verbunden. Bei der Inneneinrichtung scheute man keine Kosten, das japanische Kabinett belegt die Vorliebe Maria Theresias für fernöstliche Kunst.


Nach Elisabeth Christines Tod hatte das Schloß als Quartier für jene Personen gedient, die bei den alljährlichen Séjours in Schönbrunn und Laxenburg keinen Platz fanden. Erst Kaiser Joseph II., der dem Hofleben sehr abgeneigt war, entdeckte Hetzendorf als wohnlichen, ruhigen Zufluchtsort wieder. Er ließ umfangreiche Wirtschaftsgebäude errichten und verbrachte in seinen beiden letzten Lebensjahren hier einige Zeit.


Schloß Hetzendorf - Mittelrisalit
Schloß Hetzendorf. Mittelrisalit. Photographie von B. Reiffenstein, um 1910.
© Brandstätter Verlag

Zur Zeit der Napoleonischen Kriege wurde Hetzendorf „Auffangquartier“ für Habsburger, die von den Franzosen aus ihrer Heimat vertrieben worden waren: Maria Karolina, die Königin von Neapel und Tochter Maria Theresias, Ferdinand, der Generalgouverneur der österreichischen Lombardei, sowie Maximilian Franz, der Kurfürst-Erzbischof von Trier, der ein großer Förderer Beethovens war. Während der Revolution des Jahres 1848 diente Schloß Hetzendorf Fürst Windisch- Graetz als Hauptquartier. In diesem Gebäude ereignete sich 1867 ein tragischer Unfall, der Erzherzogin Mathilde, die Tochter Erzherzog Albrechts, das Leben kosten sollte: Aus Angst, beim Rauchen ertappt zu werden, verbarg sie eine brennende Zigarette unter ihrem Kleid; es fing Feuer, und die Achtzehnjährige erlag wenige Tage später ihren Brandwunden. Im Zeremonialprotokoll der kaiserlichen Hofes liest sich die Katastrophe folgendermaßen: „Ihre kaiserliche Hoheit, die durchlauchtigste Frau Erzherzogin Mathilde, Tochter des Herrn Erzherzogs Albrecht hatte heute nachmittags 5 ½ Uhr das Unglück, daß ihre Kleider durch eine bis jetzt unbekannte Ursache Feuer fingen, wodurch die beiden Arme, der Nacken, der Rücken und theilweise die unteren Extremitäten bedeutend verbrannt wurden. Die Ausdehnung und die Intensität der Verbrennungen sind so bedeutend, daß die herbeigerufenen Ärzte den Zustand der armen Erzherzogin für sehr gefährlich erklärten.“ Am 6. Juni starb die junge Erzherzogin und wurde vom prominentenArzt Dr. Rokitansky einbalsamiert.


Zu jener Zeit konnte man sich jedoch einen solchen faux pas einer Angehörigen des Kaiserhauses nicht vorstellen; so hieß es an ihrem Todestag: „... am stärksten war eine Geschichte verbreitet, deren Richtigkeit auch heute noch von der älteren Generation vertreten wird: Die Entzündung der leichten Kleider der Erzherzogin durch unvorsichtiges, heimliches Zigarettenrauchen. Dem war nicht so ... In der Meinung, es fahre schon der Wagen vor, bog sie sich aus dem Fenster, um nach ihm zu schauen. Dabei warf sie eine große Schachtel Zündhölzchen von einem in der Fensternische stehenden Schreibtisch und glitt mit dem Fuße achtlos über die in großer Anzahl auf dem Boden liegenden Schwefelhölzchen, die sich durch die scharfe Reibung sofort entzündeten. Im Nu stand das in ein duftiges Mousselinkleid gehüllte junge Mädchen in Flammen ... Alle ärztliche Hilfe war vergebens ... Die Erzherzogin war trotz aller Schmerzen bis zuletzt bei Bewußtsein. Aber auch das Wasserbett half nichts ...“.


Kaiser Franz Joseph nutzte Hetzendorf als Gästehaus für hochrangige Besucher, so beispielsweise während der Wiener Weltausstellung 1873. Am 22. Jänner 1902 gaben Graf und Gräfin Lónyay (Kronprinz Rudolfs Witwe Stephanie hatte 1900 den ungarischen Grafen Elemér Lónyay geheiratet) hier einen Empfang anläßlich der am nächsten Tag stattfindenden Vermählung von Stephanies Tochter Erzherzogin Elisabeth Marie mit Fürst Otto Windisch-Graetz: „Stephanie, die das Arrangement der Festlichkeiten übernommen hatte, stellte dabei ihren guten Geschmack unter Beweis. Der mit Fresken reich ausgestattete Speisesaal im ersten Stockwerk, erstrahlte im warmen Licht hunderter Kerzen. Die damast- und silbergedeckte Tafel war, einem blühenden Gewebe gleich, mit Girlanden von Myrthen, weißen Nelken und Zyklamen überspannt. Vor jedem Gedeck stand eine Kristallvase mit einem entzückenden Blumenbouquet.“ Mit Untermalung von Tafelmusik wurde den Gästen folgendes Menu serviert:

Consommé Marie-Thérèse Petites timbales napolitaines Filets de soles Mogador Aiguillettes de boeuf à la Rachel Poularde Prince de Galles Granit de mandarines Faisan de Bohème aux Perigeux Salade romaine Pointes d’asperges Bombe Tosca Petits fours Chester-Cakes Dessert


Schloß Hetzendorf - Gartenfassade
Schloß Hetzendorf. Gartenfassade
© Foto: Robert Schediwy. Aus: Wikicommons unter CC

Dazu trank man Sherry, Rheinwein, Bordeaux, Champagner, Burgunder und Tokayer. Am nächsten Tag konnten die Wiener in der Zeitung über die anschließende Soirée in der Wiener Hofburg nachlesen: „Der Kaiser war in bester Laune und konversierte mit den zahlreichen Gästen. Die Erzherzogin sah am Vorabend der Hochzeit strahlend aus und nahm alle Gratulationen mit einem bezauberndem Lächeln entgegen. Sie war echt bräutlich in einem rosafarbenem Faillekleid mit mäßiger Schleppe erschienen ... Auch die Brautmutter wurde allgemein bewundert. Die Soirée dauerte nur eine Stunde. Um neun Uhr zog sich der Kaiser zurück ...“.


Von 1912 bis 1914 diente das Schloß als Wohnsitz Erzherzog Karls und seiner Familie, dessen ältester Sohn Otto – nach dem Vater – als nächster Thronfolger galt, da Erzherzog Franz Ferdinand vor der Eheschließung mit Sophie Chotek auf die Nachfolgerechte seiner Kinder hatte verzichten müssen. Das Schloß wurde für Karl modernisiert, Strom eingeleitet, eine neue Heizung gebaut und ein Telegraphenanschluß installiert. Hier versuchte sich der junge Erzherzog nach Kräften seiner Familie zu widmen. Offizielle Gäste kamen nur am Vormittag; Karl lud sie dann zu einem Déjeuner. Die Abendmahlzeiten blieben für ihn und seine Gemahlin Zita reserviert. Doch die Familienidylle hatte keinen langen Bestand: Als sein Onkel Franz Ferdinand im Sommer 1914 in Sarajevo ermordet wurde, mußte der nunmehrige Thronfolger auf Wunsch Kaiser Franz Josephs, der den Großneffen in seiner Nähe haben wollte, nach Schloß Schönbrunn übersiedeln.


Nach 1919 befand sich das Atelier des Bildhauers Anton Hanak im Schloß. 1944 wurde Hetzendorf schwer beschädigt, 1945 von den Russen besetzt. Seit 1946/47 ist in Schloß Hetzendorf die Modeschule der Stadt Wien untergebracht.

Quellen#

  • I. Haslinger, G. Trumler, So lebten die Habsburger, Brandstätter Verlag, 2007

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