Schmiede Södingtal #
Das Gebäude mit diesem freundlichen Gesicht an seiner Südfassade findet sich in der Steiermark ca. 15 km westlich von Graz. Es handelt sich um die "Huberschmiede" in Aichegg im Söldingtal, die etwas nördlich von Stallhofen Richtung Geistthal östlich der Strasse steht. Sie ist ein barocker "Industriebau" aus dem 18. Jh. Das nördlich unmittelbar anschliessende Bauwerk wird bereits erstmals 1130 urkundlich erwähnt und ist ein ehemaliges Steuereintreibungshaus, das früher Getreidekammer, Büro und Wohnhaus in einem war, heute aber ausschliesslich zu Wohnzwecken verwendet wird. Dieses ist etwas kleiner und hat die gleiche Firstrichtung. Die im Süden angebaute Schmiede hingegen ist grösser und dient dem Wohnhaus heute als Heizraum und Lager.
Das Dach der Schmiede tritt an der Giebelseite des Objektes nicht in Erscheinung, sondern verbirgt sich hinter einer spätbarocken geschwungenen Giebelwand, die weiter hinaufreicht. Die gesamte südliche Fassade der Schmiede wird von dem Gesicht bestimmt. Dieses wird im von zwei ovalen Öffnungen als Augen im Dachbereich, darunter durch eine zentrale Rundbogennische als Nase und noch weiter unten von einem viel grösseren ovalen, von einer Putzfasche gerahmten Feld als Mund auf Höhe des Erdgeschosses bestimmt. Früher soll in der Rundbogennische die Skulptur eines Engels mit einem Schwert als Zeichen für die Gerechtigkeit gestanden haben, die inzwischen verloren gegangen ist; dazu ist der Spruch "Mass und Gewicht kommt vors Gericht" überliefert (Wehdorn, Georgeacopol-Wi-nischhofer und Roth 1991:8).
Die schon dringend notwendige Sanierung von Schmiede und Wohnhaus wurde vor wenigen Jahren unter anderem aus Mitteln des Steiermärkischen Revitalisierungsfonds möglich. Leider gingen bei dieser Sanierung des Gebäudes die aufgemalten Zähne im grossen unteren Oval verloren, die man in alten Fotos noch deutlich erkennen kann (Wehdorn et al. 1991:8,9). Es waren unten fünf und oben vier rechteckige Zähne, die ineinander passten. Man sollte sie unbedingt nach alten Fotos rekonstruieren und wieder aufmalen.
Mund der Wahrheit#
Früher soll es an vielen Schmieden der Steiermark aus der Zeit des Barock aufgemalte oder aufgeputzte Gesichter gegeben haben. Sie werden in Anlehnung an einen römerzeitlichen Brunnenaufsatz in Rom als "bocca della veritä", als "Mund / Maul der Wahrheit", bezeichnet. Das Original findet sich in Rom in der Vorhalle zur Kirche Santa Maria in Cosmedin an der Piazza della Bocca della Veritä. Die Kirche wurde im 6. Jh. errichtet. Der Brunnenaufsatz besteht aus einem fast kreisrunden Gesicht aus Marmor mit einem Durchmesser von 166 cm, das vor der Nordostwand der Vorhalle steht. Die. Hand eines unehrlichen Menschen soll der Mund des Gesichtes nicht mehr freigegeben haben. Ob sich hieraus auch der Begriff der "Gewissensbisse" ableitet?
Die Fassadengestaltungen an Schmieden müssen wohl mit der verantwortlichen Arbeit der Schmiede gesehen werden, die früher auch Schwerter und anderes Kriegsgerät herstellten. Qualität konnte lebenswichtig sein. Interessant ist, dass in der italienischen Bezeichnung nicht das gesamte Gesicht, sondern nur der Mund mit seinen Zähnen, also das Bedrohlichste des Gesichtes, in der Bezeichnung angesprochen wird.
Die Bewohner des ehemaligen Steuereintreibungshauses und auch viele im nahen Stallhofen nennen das Gesicht auch den "Eisenfresser". Das dürfte vielleicht mit der Vorstellung zusammenhängen, dass nur solches Eisen von dem monströsen Mund wieder freigegeben wird, das wirklich gut hergestellt wurde.
Quelle#
- Internationales Städteforum Graz (ISG Magazin)