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Roman - die Sprache der Burgenland-Roma#

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"Heimatlexikon - Unser Österreich"
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Herkunft und Geschichte der Roma und Sinti[1] lag lange Zeit im Dunkeln - erst durch die Erforschung der Sprache konnte man ihre Herkunft aus dem Nordwesten des indischen Subkontinents nachweisen.
Es gibt hauptsächlich Aufzeichnungen in Sprachen anderer Völker und mündliche Überlieferungen in Romanes, da die Sprache erst seit den letzten Jahrzehnten auf dem Weg zu einer Schriftsprache ist.

Romanes (auch Romani) gehört wie viele europäischen Sprachen (z.B. Deutsch, Englisch, Italienisch) zur indo-europäischen Sprachenfamilie; die Verwandtschaft mit neu-indischen Sprachen, wie Panjabi, Hindi und Urdu zeigt sich im Wortschatz, in der Grammatik und im Lautbestand.

Romanes ist eine sehr heterogene, in unterschiedliche Dialekte gegliederte Sprache, die seit Jahrhunderten ausschließlich mündlich tradiert wird. Um die Sprache zu erhalten, bemühen sich seit einigen Jahren engagierte Roma und WissenschaftlerInnen, die unterschiedlichen Dialekte zu verschriftlichen, das heißt u.a. Bücher (z.B. Wörter-, Lehr- und Märchenbücher), Zeitungen und Ähnliches auf Romanes zu erstellen. 
Die Zahl der Romanes-Sprechenden in Europa wird auf 10-12 Millionen geschätzt.

Man unterscheidet im Romani sieben große Dialektgruppen:

Balkan-, Vlach-, Zentrale, Nordöstliche, Nordwestliche, Britische und Iberische Dialekte.

Zentrale Dialekte werden von Südpolen bis Ungarn und von Ostösterreich bis zur Ukraine gesprochen, Balkan-Dialekte am Balkan und in der Türkei. Vlach bezeichnet Dialekte, die starken rumänischen Einfluss aufweisen, da ihre Sprecher einst als Leibeigene oder Sklaven in der Walachei gelebt haben. Nordöstliche Dialekte findet man in Lettland, Polen, Nordrussland etc., Nordwestliche Dialekte in Finnland sowie bei den Sinte-Manuš in Deutschland, Frankreich, Italien, etc; Britische und Iberische Dialekte werden auf den Britischen Inseln und in Spanien gesprochen.

Dass sich Roman - wie die Burgenland-Roma (seit 1993 als österreichische Volksgruppe anerkannt) ihre eigene Sprache nennen - von jener aller anderen Roma so sehr unterscheidet, ist wohl nur wenigen bewusst: es sind die Einflüsse aus dem Kroatischen und dem Deutschen, vor allem aber aus dem Ungarischen, die das Roman im Burgenland so besonders machen.

Die Zerstörung der Sozialstrukturen der Roma, ihre Stigmatisierung und Diskriminierung zu Kriegsende führte zu einer Art selbst verordneter Zwangsassimilierung und einer richtiggehenden Sprachverweigung. Erst Ende der 1980er Jahre wurde das Roman im Rahmen einer einsetzenden Selbstorganisation und Emanzipation der Burgenland-Roma wieder zu einem wesentlichen Faktor ihrer Identität.

Um den drohenden Sprachtod abzuwenden, wurde in Zusammenarbeit des "Vereins Roma Oberwart" mit dem Institut für Sprachwissenschaft an der Universität Graz 1995 ein Projekt gestartet und mit der Kodifizierung (Beschreibung und Verschriftlichung) und der didaktischen Umsetzung (Vorbereitung von Unterrichtsmaterialien) des Roman begonnen.

Seit September 1999 findet an der Volksschule Oberwart Roman-Sprachunterricht in Form von unverbindlichen Übungen statt.

Der Verein "Roma Service" bietet u.a. neben Texten auch Lehrmaterialien an, erstellt Übersetzungen und bietet Sprachkurse an; der Verein "[spi:k] – Sprache, Identität, Kultur" widmet sich der sprachwissenschaftlichen Untersuchung des Roman, und der Erstellung von Online- und Printwörterbüchern.

2011 wurde Roman, die Sprache der Burgenland-Roma, in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommen.

Kleiner Sprachkurs Roman

Ich lerne me siklojav
Wir treffen unstalalinas amen
Ich gehe fort me fuat dschav
Ich liebe dich me tut kamav
Die Geigei hegeduja
Nicht-Roma gadsche
Oberwart Erba
Kind fatschu
Schule ischkola
Balllobda
Dursttrusch
Omababa
Uhrora
Miteinanderkhetan
Schönschukar
Wokaj


[1]Herkunft und Geschichte der Roma und Sinti

Herkunft und Geschichte der Roma und Sinti lag lange Zeit im Dunkeln - erst durch die Erforschung der Sprache konnte man ihre Herkunft aus dem Nordwesten des indischen Subkontinents nachweisen. Es gibt hauptsächlich Aufzeichnungen in Sprachen anderer Völker und mündliche Überlieferungen in Romanes, da die Sprache erst seit den letzten Jahrzehnten auf dem Weg zu einer Schriftsprache ist.

Wahrscheinlich haben die ersten Vorfahren der Roma den Nordwesten Indiens schon zu Beginn des 3. Jahrhunderts verlassen: sie wanderten in kleinen Gruppen und zu verschiedenen Zeiten westwärts.

Die zweite große Phase der Wanderungen (7.-10. Jahrhundert) wurde durch die islamischen Eroberungen der Region Sindh ausgelöst. Der dritte bedeutende Migrationszeitraum war im 11. und 12. Jahrhundert, als die Ghaznawiden (Herrscherdynastie) ihr islamisches Reich bis nach Nordindien ausdehnten. Die Bevölkerung geriet in Sklaverei, viele wurden westwärts in den Iran vertrieben. Nach dem Niedergang des Reiches wanderten viele Vorfahren der Roma weiter westwärts nach Kleinasien, d.h. in das Byzantinische Reich.

Die Menschen haben sich auf ihren Wanderungen längere Zeit - oft auch über mehrere Generationen - im Iran, in Armenien und im Byzantinischen Reich aufgehalten.

Ab dieser Zeit gibt es vermehrt historische Dokumente über Roma: in religiösen Schriften werden sie als "athinganoi" bezeichnet, griechisch: die "Unberührbaren". Sie wurden mit einer in Griechenland beheimateten Sekte gleichgesetzt, der Name der Sekte wurde auf sie übertragen. "Athinganoi" oder "Adsingani" gilt als wahrscheinlicher Ursprung für die Bezeichnung "Zigeuner" (bulgarisch: Acigan, rumänisch: tigan, polnisch: Cigan, russisch: Cygan). Nach der Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen 1453 lebten im Osmanischen Reich verschiedene Religionsgruppen und Ethnien.

Ende des 14. Jahrhunderts wurden in Westungarn, zu dem das heutige Burgenland damals gehörte, erstmals Roma erwähnt. Ab Beginn des 15. Jahrhunderts kamen größere Gruppen ins westungarisch-pannonische Grenzgebiet, darunter auch die Vorfahren der heutigen Burgenland-Roma. Anfangs wurden sie von einem Teil des ungarischen Adels - höchstwahrscheinlich weil sie als Soldaten oder Schmiede Kriegsdienst leisten - geduldet und z. T. auch gefördert, was zu ersten Ansiedlungen führte. Nach dem Ende der osmanischen Herrschaft in Ungarn 1688 änderte sich die Situation der westungarischen Roma - es wurde festgelegt, dass sie des Landes zu verweisen und bei Nichtbefolgung hinzurichten sind. Kaiser Karl VI. erklärte die Roma für "vogelfrei", wodurch es zu richtiggehenden "Zigeunerjagden" kam.

In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts waren die Roma vom "Assimilationsprogramm" von Maria Theresia und Josef II. betroffen: Nomadisierungs- und Sprachverbot, Mischehenzwang, Wegnahme der Kinder und deren Erziehung in Bauernfamilien, u.v.m.

Aufgrund dieser Entwicklungen wurden die Burgenland-Roma innerhalb der europäischen Roma isoliert und marginalisiert. Von den ca. 7.000 bis 8.000 Burgenland-Roma von vor 1938, die auch von den Behörden der Ersten Republik in der Zwischenkriegszeit diskriminiert wurden ("Zigeunererhebung"), überlebten nur ein paar hundert den Völkermord der Nationalsozialisten.

Sie standen nach ihrer Befreiung vor dem Nichts: die Siedlungen dem Erdboden gleichgemacht, das wenige Eigentum verschwunden –doch Stigmatisierung und Diskriminierung hatten mit Kriegsende keineswegs aufgehört.

Heute gibt es schätzungsweise 2.500 bis 5000 Burgenland-Roma; größere Ansiedlungen findet man in der Wart (= Oberwart Oberwart und umliegende Gemeinden), einige Roma bzw. Romafamilien leben auch im Mittel- und Nordburgenland oder haben sich in ostösterreichischen Städten niedergelassen.
1993 wurden die Roma als österreichische Volksgruppe - spät aber doch – anerkannt.

Quellen#


Redaktion: I. Schinnerl