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Traditionelles Singvögelfangen#

"Der Vogelfänger bin ich ja, bin lustig, heissa hopsassa..."#

(Die Zauberflöte, 1.Akt)

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"Heimatlexikon - Unser Österreich"
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Käfig mit Lockvogel
Der Käfig mit dem Lockvogel ist schon aufgehängt, und nun wird auf einem Ast daneben der "Kolben", die absolut schonende Netzfalle, befestigt.
© Hilde und Willi Senft

Der Fang von Singvögeln hat im Salzkammergut uralte Tradition; er ist wohl als „Jagdersatz" für den einfachen Mann zu sehen. Dies wird auch durch einen Erlass von Maria Theresia bekräftigt, die den Vogelfang im Salzkammergut ausdrücklich erlaubt hat - und zwar mit der nicht veröffentlichten Randbemerkung, dass die „braven Kammergut-Insassen damit vielleicht vom Wildern abgehalten" werden könnten.

Das harmlose Vergnügen, seine Wohnsstätte mit einem gefiederten Freund zu teilen, ist durchaus mit dem Halten von Kanarienvögeln, Wellensittichen und anderem Getier im städtischen Milieu zu vergleichen. Der Gesang der Vögel, der besonders ab Lichtmess, wenn die Tage wieder länger werden, intensiv einsetzt, aber auch ihr buntes Kleid helfen die trostlos lange Winterzeit zu verkürzen. Noch dazu hat der Vogelhalter im Salzkammergut das Bewusstsein, dem Tierchen Nahrung (Samen der Nadelbäume sowie von Hanf und Sonnenblumen, Disteln, Wermutstauden usw.) sowie ein warmes Plätzchen bereitzustellen.

Auszeichnungen
Auszeichnungen anlässlich der alljährlich stattfindenden Vogelprämierung.
© Hilde und Willi Senft

Der Fang der gefiederten Sänger erfolgt längst nicht mehr mittels Leimruten oder großen Schlagnetzen wie in alten Zeiten („Herr Heinrich saß am Vogelherd..."), sondern durch die sinnreiche Vorrichtung eines „Kloben", wie die Einheimischen sagen. Dies ist eine einfache, für das gefangene Vögelchen absolut schonende Netzfalle. Sie wird neben einem Käfig mit einem Lockvogel sowie einem Fichtenzapfen oder einem Distelkopf als Lockfutter aufgestellt. Die Fangzeit ist gesetzlich geregelt und erstreckt sich zwischen 15. September und l5. November. Das ist die Zeit der großen Vogelzüge nach dem Süden, in der sich auch die Singvögel zum Teil in wärmere Gefilde begeben.

Bezüglich des Fangens ist ein Vergleich mit der „Hohen Jagd" durchaus angebracht, denn der Vogelfänger muss noch vor Morgengrauen den Fangplatz, der häufig hoch oben, in der oberen Waldzone, liegt, erreicht haben. „Bis zu dreißigmal steige ich im Herbst hinauf, bis ich meine vier Vogerln beisammen habe", hat uns ein leidenschaftlicher Vogelfänger erklärt. „Die nicht passenden werden sofort wieder freigelassen, und nur die allerschönsten behalte ich mir", führte er weiter aus. Dazu muss man wissen, dass lediglich das Fangen von vier Vogelarten, nämlich Gimpel, Zeisig, Kreuzschnabel und Stieglitz (Distelfink) erlaubt ist - und davon nur je ein Exemplar. Bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, die den oberösterreichischen Teil des Salzkammerguts verwaltet, sind etwa rund fünfhundert Bewilligungen aktenkundig, was auch auf die Anzahl der Vogelfänger im Gebiet hinweist. In der Steiermark ist der Fang von Vögeln generell verboten - mit einer einzigen Ausnahme, dem Steirischen Salzkammergut, wo er alte Tradition hat.

Es werden somit nur die schönsten Exemplare behalten und auch diese, sobald der Schnee im Frühjahr geschmolzen ist, wieder freigelassen. Lediglich ein geeigneter Lockvogel je Art bleibt im Besitz der Vogelfänger. Diesen Lockvögeln steht aber in der Regel eine größere Voliere mit Vogelbad usw. zur Verfügung.

Bald nach dem Fang, traditionell um Kathrein (25. November), werden die schönsten Singvögel prämiiert, und es ist der ganze Stolz eines Vogelfängers, dabei einen Siegesplatz zu erringen. Dazu sind die Vogelfänger in rund 35 Vereinen organisiert, die im „Verband der Vogelfreunde des Salzkammerguts" ihre Dachorganisation haben.

Übrigens: Mit „Vogelhändlern", wie sie etwa die Leitfigur in der gleichnamigen Operette verkörpert, hatten die Vogelfänger des Salzkammerguts nie etwas gemein.

Die Traditio "Salzkammergut Vogelfang" wurde 2010 in der Kategorie "Umgang mit der Natur" in die UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Quellen#

  • Hilde und Willi Senft: Geheimnisvolles Salzkammergut. Magisches, Besonderes, Kurioses und Unbekanntes. Leopold Stocker Verlag, Graz 2002; 2. Auflage 2003.


Redaktion: Hilde und Willi Senft