Villa Hermes#
In Lainz Hermesvilla, Wien befand sich seit dem Mittelalter ein großes und ergiebiges Jagdrevier der Habsburger. Vom Wienerwald bereits im 16. Jahrhundert abgegrenzt, erhielt das Gelände Mitte der siebziger Jahre des 18. Jahrhunderts eine Mauer aus Steinen und Ziegeln als Begrenzung. Im 19. Jahrhundert wurde diese Umzäunung von Johann Nestroy als „Junges der Chinesischen Mauer“ bezeichnet.
Nach diversen Besitzwechseln gehörte der Lainzer Tiergarten bereits unter Kaiser Franz II. (I.) dem Ärar. Kaiser Franz Joseph schätzte den Lainzer Tiergarten besonders und entschloss sich 1881 zum Bau eines Jagdschlosses bzw. einer Villa. Er erhoffte sich zusätzlich, dass ein Refugium mitten in der Natur seine Gemahlin erfreuen und von ihren weiten Reisen abhalten könne. Möglicherweise dachte der Monarch auch an einen gemeinsamen Alterssitz.
Carl von Hasenauer errichtete das Gebäude, nachdem er etliche Baupläne vorgelegt hatte; 1883 war das Haus vollendet, die Inneneinrichtung allerdings erst 1886. Doch leider hatte der Monarch keine gute Hand gehabt und den Geschmack seiner Gemahlin nicht getroffen. Da sie bei der Besichtigung der Villa sehr zurückhaltend reagierte, meinte Franz Joseph etwas kleinlaut: "Ich werde mich immer fürchten, alles zu verderben."
Kaiserin Elisabeth schätzte die Villa nicht sehr; auch ihre Tochter Marie Valerie hatte nicht viel für das neue Gebäude übrig: "23. Mai. Lainz: grosse, prunkvolle Räume, blendend beleuchtet, Marmor, Reliefs, üppige Teppiche, riesige Kamine ... Mamas Zimmer haben den besten Willen ungeheuer freundlich zu sein, sind mir aber in ihrem manirierten Rokoko zuwider. Ach wären wir wieder daheim! [= Ischl] ...
Traurig legte ich mich in mein weisses Bett, das in einem unheimlichen Alkoven steht und von welchem ein höchst effektiertes bauspäckiges Engelchen aus blauem Himmel und Wolken auf den schlafenden und von den Heimatbergen träumenden Zerbelissimus herabschaut." Zwei Tage später befand die Erzherzogin: "Das Haus erweist sich immer unpraktischer und ungemütlicher ... Hübsch die Tiere, die diese Einöde beleben ...".
Sisi schätzte hier vor allem die Ruhe und Abgeschiedenheit - der Tiergarten war den Wienern verschlossen, nur wenige auserwählte Personen erhielten Zutritt.
Im Laufe der Zeit dürfte sich Elisabeth mit dem historistischen Gebäude mitten im Wald ein wenig ausgesöhnt haben. Am 10. September 1898 schrieb der Monarch an seine in der Schweiz weilende Frau: "Sehr erfreut hat mich die bessere Stimmung, die Deinen Brief durchweht, und Deine Zufriedenheit mit dem Wetter, der Luft und Deiner Wohnung samt Terrasse, welche einen wunderbaren Ausblick auf Berge und See gewähren muß. Daß Du dennoch eine Art Heimweh nach unserer lieben Villa Hermes hast, hat mich gerührt ... Gott befohlen, geliebter Engel!" Dieser Brief erreichte die Kaiserin nicht mehr; am selben Tag wurde sie in Genf ermordet.
Erzherzogin Marie Valerie erbte das Schloß; da sie es nicht mochte, verkauft sie es an das Hofärar. Das Schloss wurde lange Zeit vernachlässigt und schließlich vom Verein der Freunde der Hermesvilla revitalisiert. Es befindet sich im Besitz der Gemeinde Wien und dient als Außenstelle des Wien Museums für Sonderausstellungen.
Quellen#
- I. Haslinger, G. Trumler, So lebten die Habsburger, Brandstätter Verlag, 2007
Redaktion: S. Erkinger