Weihnachtskarten#
Das Christkind ist der älteste „Neujahrsbringer“. Das „gnadenreiche Jesulein“ spielte in der Andachtsgraphik Jahrhunderte hindurch eine Rolle. Bei den Neujahrsbriefen, die in adeligen und geistlichen Kreisen seit dem ausgehenden Mittelalter Verbreitung fanden, verband man persönliche Wünsche mit dem Jesuskind als Boten für ein gutes Jahr. Holzschnitte und Kupferstiche zeigen ein Spruchband und das, meist nackte, Jesulein, das einer Blume entsteigt, auf einem Polster, in der Krippe oder in einem Korb liegt. Die Schöpfer von Neujahrszetteln des 18. Jahrhunderts umgaben das Kind mit einer Fülle allegorischer Zeichen oder biblischer Szenen. Passionswerkzeuge verweisen auf den Zusammenhang Krippe - Kreuz. Vom Welterlöser erhoffte man sich Segen: „Behütt uns dieses Jahr, Vor best, Krieg, hungersgfar. Und gieb den Seegen dein O! gittigs Jesulein.“ Auf anderen Bildern wurde der Empfänger angesprochen: „Ich will mit diser gab, mein Freind an dich getencken, und zu ein Neuen Jahr, Das Jesukindlein schencken.“
Neben religiösen Motiven, die an Andachtsbilder erinnern, gab es schon im 16. Jahrhundert geschriebene Glückwunschkarten von Geschäftsleuten. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts verwendeten bestimmte Berufsgruppen gedruckte Neujahrskarten, mit denen sie gratulieren (heischen) gingen. Die „Dienerschaft“ eines Wiener Kaffeehauses verteilte an die „Hochzuverehrenden Herrn Gäste“ kolorierte Lithographien. Die Karte zeigt einen Kellner, der dem im Billardsalon sitzenden Gast ein Kännchen Kaffee serviert. Der Herr mit Zylinder hält in der Linken eine lange Pfeife, während er mit der Rechten nach dem Geldbeutel greift. Der vielsagende Vers auf der Karte lautet: „Nur Ihre Huld und Ihr gnädiger Blick, Begründen unser größtes Glück!“
Wohlhabende Bürger erfreuten sich an verspielten Glückwunschkarten. Mehr als 40 Verlage beschäftigten sich im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts mit der Herstellung der „Wiener Kunstbilletts“. Die Erzeuger solcher Luxuswaren verwendeten als Materialien Perlmutter, Messing, Spiegel, Spinnweben und Fischschuppen. Ein raffiniertes System versteckter Hebel öffnete Blumenkelche und Türen, bewegte Figuren und ließ überraschende Pointen auftauchen. 1794 hatte allein der Kunsthändler Johann Hieronymus Löschenkohl 323 Sorten Neujahrskarten auf Lager: ernsthafte und humorvolle, Grüße für die Muhme, einen Gönner und vor allem für Verliebte. Außerdem konnte man aus einer Kollektion verschiedener Texte und Bilder individuelle Karten zusammenstellen. Löschenkohl schaltete in der Vorweihnachtszeit Zeitungsinserate für seine Produkte ein: „in schön illuminierten und anpassenden Einfassungen und Sinnbildern, theils auf Seide, theils auf Papier gedruckt.“ 1808 schickte eine Wiener Freundin Johann Wolfgang Goethe einige Billetts, für die er sich überschwänglich bedankte: „Sie müssen sogleich den lebhaftesten Dank empfangen. Die zierlichen, nickenden, bückenden und salutierenden kleinen Geschöpfe sind glücklich angekommen und haben nicht allein mir, sondern ganzen Gesellschaften, in denen ich sie produziert, viel Vergnügen gemacht.“
Dies waren allerdings reine Neujahrskarten, denn erst langsam entwickelte sich Weihnachten zum idyllischen Familienfest. Die ersten Weihnachts- und Neujahrskarten, noch ohne typisches Motiv, kamen aus England. Der Gründer des Victoria- and Albert-Museums, Sir Henry Cole, beauftragte den mit ihm befreundeten, bekannten Künstler John Horsley mit dem Entwurf. Er ließ 1843 tausend Postkarten drucken, teils für den eigenen Gebrauch, teils zum Verkauf um 1 Shilling pro Stück. Der raschen Verbreitung kam eine damals in England erfolgte Porto-Ermäßigung zugute.
In Kontinental-Europa brachte die Einführung der Correspondenz-Karte mit aufgedruckter Marke den Durchbruch. Österreich führte sie 1869 als erstes Land der Welt ein. Eine Seite der Bildpostkarte war - bis 1906 - der Adresse vorbehalten, der Text musste auf der Bildseite Platz finden und war meist dementsprechend kurz. Zu Weihnachten zeigten sie mit Vorliebe Christbaum-Idyllen, Engel, Kinder, Winterlandschaften und mit Päckchen beladene junge Damen, religiöse Darstellungen waren eher selten. Mit der Masse kam der so genannte Kitsch, dem beispielweise die KünsterInnen der Wiener Werkstätte Wertvolles entgegensetzen wollten. Sie zeigten Weihnachtsbäume und Christbaumschmuck und auch internationale Sujets wie den Kuss unter dem Mistelzweig.
Quelle#
- Helga Maria Wolf. Weihnachten Kultur & Geschichte. Wien - Köln - Weimar 2005
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