Bettauer, Hugo#
* 18. 8. 1872, Baden bei Wien
† 26. 3. 1925, Wien (ermordet)
Journalist und Schriftsteller
Bettauer stammte aus einer jüdischen Familie. Er besuchte das Gymnasium in
Wien gemeinsam mit Karl Kraus bis 1888. Mit 18 Jahren trat er zum evangelischen
Glauben über. 1890 wanderte er nach Amerika aus. 1899-1904 wieder in
Europa, arbeitete er als Journalist in Deutschland, danach erneut in New
York, wo er auch sehr erfolgreich Fortsetzungsromane in Zeitungen
veröffentlichte. 1910 kehrte er nach Wien zurück und war auch hier als
Journalist tätig, so 1914-1918 bei
der "Neuen Freien Presse". 1920-1924 entfaltete er eine rege
schriftstellerische Tätigkeit und publizierte erfolgreiche Romane,
Detektivgeschichten und Theaterstücke. Die bekanntesten sind "Die Stadt
ohne Juden" (Roman und Bühnenstück, 1922) und "Die freudlose Gasse"
(Roman, 1923). 1924 wurde er Mitarbeiter bei der "Wochenschrift für
Lebenskultur und Erotik - Er und Sie", deren freimütiger Ton ihn vor
Gericht brachte. Der Prozess wegen Vergehens gegen die öffentliche
Sittlichkeit endete mit einem Freispruch, noch im selben Jahr gab er
selbst "Bettauers Wochenschrift" heraus. Der Freispruch des populären
Volksaufklärers hatte jedoch erneut eine antisemitische Medienkampagne
entfacht. Am 10. März 1925 wurde Bettauer von dem Nationalsozialist Otto
Rothstock in seinen Redaktionsräumen niedergeschossen und starb 16 Tage
später an den Folgen des Mordanschlages. Die Tat blieb ungesühnt.
Bettauers Romane, die die politischen und gesellschaftlichen Gegensätze im
Wien der Inflationszeit in grellen Farben schildern, waren 1921-1928
beliebter Stoff für Filmproduzenten in Deutschland und Österreich. So
wurde "Die Stadt ohne Juden" von H. K. Breslauer 1924 u. a. mit
Hans Moser
verfilmt (eine verschollen geglaubte Kopie des Filmdokuments wurde
erst jüngst entdeckt und in restaurierter Fassung 1991 in Wien
wiederaufgeführt); 1925 entstand die Verfilmung "Die freudlose Gasse"
unter der Regie von
Georg_Wilhelm Papst,
in der Greta Garbo ihre erste größere Rolle spielte.
Literatur#
- L. Spira (Hg.), Attentate, die Osterreich erschütterten (1981)
© "Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik" von Isabella Ackerl und Friedrich Weissensteiner, 1992