Broch, Hermann#
* 1. 11. 1886, Wien
† 30. 5. 1951, New Haven (USA)
Schriftsteller und Kulturphilosoph
Der Sohn eines jüdischen Textilfabrikanten war zunächst Textilingenieur
und leitete den väterlichen Betrieb in Teesdorf (Niederösterreich). Erst ab 1927 lebte er als freier
Schriftsteller. 1931/32 erschien sein erstes großes Romanwerk, die
Trilogie "Die Schlafwandler", in der er den "Wertzerfall" in der Zeit um
die Jahrhundertwende aufzeigte und durch die Einschaltung
philosophischer Monologe und wissenschaftlicher Essays in die Handlung
die Form des herkömmlichen deutschsprachigen Romans sprengte.
Dichterische Gestaltung und philosophische Zeitkritik waren für
Broch, der
1928-1931 Mathematik, Philosophie und Psychologie studiert hatte,
untrennbar miteinander verbunden.
1938 von der Gestapo verhaftet, konnte er nach einer Intervention von
James Joyce in die USA emigrieren und sich dort eine bescheidene neue
Existenz aufbauen. Im Exil entstand u. a. sein Hauptwerk, der Roman "Der
Tod des Vergil" (1945), der ihm internationale Anerkennung einbrachte.
Der Autor behandelt darin die moralische Verantwortung der Kunst im
Zeitalter des Totalitarismus. Auch die folgenden Romane "Die
Schuldlosen" (1950) und "Die Verzauberung" (1953) widerspiegeln die
Erfahrungen jener Epoche.
Broch beschäftigte sich auch mit theoretischen Studien über Massenpsychologie
und Kunsttheorie, ehe der Tod
"dem Dichter wider Willen" die Feder aus der Hand nahm.
Literatur#
- P. M. Lützeler (Hg.), Kommentierte Werkausgabe (12 Bde., 1974-1980)
- R. Koester, Hermann Broch (1987)
© "Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik" von Isabella Ackerl und Friedrich Weissensteiner, 1992