Deutsch, Julius#
* 2. 2. 1884, Lackenbach (Burgenland)
† 17. 1. 1968, Wien
Offizier und Politiker
Der Sohn kleiner Wirtsleute arbeitete nach der Bürgerschule eine
Zeitlang als Buchdruckerlehrling und Fabriksarbeiter, daneben besuchte
er Abendkurse. Bereits mit 15 Jahren trat er dem sozialdemokratischen
Verein der jugendlichen Arbeiter bei und gehörte zu den Mitbegründern
der Zeitschrift "Der jugendliche Arbeiter". Gefördert von Victor Adler
und Ludo Moritz Hartmann, holte er die Mittelschule nach. Ab 1905
studierte er in Zürich Jus und schrieb sozialwissenschaftliche Arbeiten,
die große Beachtung fanden, wie 1903 "Die Lehrlingsfrage". Nach der
Promotion 1908 kehrte
Deutsch nach Wien zurück und arbeitete im
Zentralsekretariat der SDAP und bei der "Arbeiter-Zeitung". 1917 vertrat
er die Gewerkschaften im Kriegsministerium in der Beratungsstelle für
Probleme der Kriegsindustrie. Nach Ausrufung der Republik fungierte er
als Unterstaatssekretär bzw. Staatssekretär für das Heerwesen. Beim
Aufbau der Volkswehr sicherte er den Einfluss der Sozialdemokratie.
1920 trug er wesentlich zum neuen Wehrgesetz bei, das den Soldaten
staatsbürgerliche Rechte garantierte. Als Nationalratsabgeordneter
1920-1934 wirkte er bis 1932 auch als Parlamentskommissär für das
Heereswesen. 1923 wurde er Obmann des "Republikanischen Schutzbundes",
nach dessen Versagen im Jahre 1927 von ihm eine weitere Militarisierung
betrieben wurde, die zum Konflikt mit General
Theodor Körner
führte.
Trotzdem blieb er verhandlungsbereit, sein Angebot von 1933, gemeinsam
mit den Christlichsozialen gegen die Nationalsozialisten zu marschieren,
beweist es. Im Februar 1934 flüchtete er in die CSR, wo er im
Auslandsbüro der österreichischen Sozialisten tätig war. 1936-1939 kämpfte er als
General im Spanischen Bürgerkrieg, dann ging er nach Frankreich ins
Exil. Von dort emigrierte er in die USA, wo er vergeblich eine österreichische
Exilregierung zu bilden versuchte. Schon im Exil plädierte er für die
Zusammenarbeit der ehemaligen politischen Gegner. 1946 kehrte er nach Wien
zurück, konnte aber wegen politischer Differenzen nicht mehr recht Fuß
fassen.
Werke#
- "Die Kinderarbeit und ihre Bekämpfung" (1907)
- "Die Tarifverträge in Österreich" (1908)
- "Geschichte der österreichischen Gewerkschaftsbewegung" (1908)
- "Ein weiter Weg - Lebenserinnerungen" (1960)
© "Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik" von Isabella Ackerl und Friedrich Weissensteiner, 1992