Dobretsberger, Josef#
* 28. 2. 1903, Linz
† 23. 5. 1970, Graz
Jurist, Nationalökonom und Politiker
Der Sohn einer alteingesessenen Linzer Familie studierte in Wien
Staatswissenschaften und war Assistent bei
Hans Kelsen.
Nach seiner
Habilitation für Volkswirtschaft supplierte er den Lehrstuhl für
Nationalökonomie in Graz, bereits 1931 wurde er Universitätsprofessor für
politische Ökonomie. 1934/35 gehörte er dem Generalrat der Österreichischen
Nationalbank an. Im Oktober 1935 berief ihn
Schuschnigg als
Sozialminister in sein Kabinett, obwohl
Dobretsberger zum "Ständemythos" Distanz
bewahrte. Als Minister setzte er sich für eine gewisse Liberalisierung
der Satzungen des Einheitsgewerkschaftsbunds ein und billigte
ausdrücklich die Gründung der Sozialen Arbeitsgemeinschaft (SAG), die
für eine Versöhnung mit den Sozialdemokraten eintrat.
Dobretsberger zählte zu den
Vertretern des "christlichen Solidarismus". Schon im Mai 1936 musste er
resignieren, zu groß war die Anzahl seiner Gegner, zu denen u. a. der
Waffenproduzent Fritz Mandl gehörte.
Dobretsberger kehrte an die Universität nach
Graz zurück. 1938 von den Nationalsozialisten entlassen, wählte er den
Weg der Emigration und lehrte als Prof. in Istanbul und Kairo. Erst 1946
kehrte er nach Graz zurück. Er wurde Mitbegründer und 1949 Bundesobmann
der "Demokratischen Union", die sich 1953 mit der KPO und
Linkssozialisten zur Wahlgemeinschaft "Volksopposition" vereinigte. Als
Wissenschaftler beschäftigte sich
Dobretsberger mit Wissenschaftstheorie und
Wissenssoziologie sowie Wirtschafts- und Sozialpolitik.
Werke#
- "Freie oder gebundene Wirtschaft" (1932)
- "Vom Sinn und Werden des neuen Staates" (1934)
- "Katholische Sozialpolitik am Scheideweg" (1947)
- "Der geistige Arbeiter und die Volksopposition" (1953)
© "Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik" von Isabella Ackerl und Friedrich Weissensteiner, 1992