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Regina Polak (Hg.): Zukunft. Werte. Europa#

Bild 'Europa'

Regina Polak (Hg.): Zukunft. Werte. Europa. Die Europäische Wertestudie 1990-2010: Österreich im Vergleich. Mit Beiträgen von: Christoph Mandry (D), Wil Arts & Loek Halman (NL), Erich Lehner & Elisabeth Kropf (A), Claudia Scheid (D) & Katharina Renner (A), Sieglinde Rosenberger & Gilg Seeber (A), Christoph Schachinger (A), Jens Dangschat (A), Birgit Pfau-Effinger (D), Bernhard Perchinig (A) & Tobias Troger (A), Regina Polak (A) & Dominik Gnirs (D). Böhlau Verlag Wien - Köln - Weimar 2011. 341 S., 47 Tabellen und 26 Grafiken. € 35,-

Seit der ersten Europäischen Wertestudie (EVS), 1980, hat sich Europa grundlegend verändert. Damals bestand die EG als "Zwölfergemeinschaft". Als die Studie 1990 wiederholt wurde, beteiligte sich auch Österreich, unter der Leitung von Univ. Prof. Paul Michael Zulehner. 1999 folgte ein weiterer Durchgang. 2008-2010 führten 45 Länder repräsentative Befragungen über Familie, Arbeit, Religion, Politik und Gesellschaft durch. Österreich hat diese als eines der ersten Länder abgeschlossen. 67.774 Personen wurden 136 Fragen gestellt. Im Zentrum der Studie steht der Vergleich der Werte der Bevölkerung Österreichs mit jener ausgewählter europäischer Referenzländern. Ziel der EVS ist es, Konfliktlinien, Problemzonen und Entwicklungsbedarf zu erkennen, um Handlungsperspektiven formulieren zu können. Krisenphänomene konfrontieren Europa mit Fragen nach der Zukunft. Dabei ist sich das Autorenteam der Grenzen der EVS wohl bewusst. Nicht nur die Bedeutungen verändern sich in drei Jahrzehnten, sondern auch die Fragestelllungen: "Dabei sind viele Fragen offen geblieben und noch viel mehr neue Fragen entstanden. Aber auch dies ist ein wichtiger Erkenntnisfortschritt und zeigt den Reichtum des vorhandenen Datenschatzes auf."

  • Regina Polak reflektiert in ihrem Beitrag "Grundlagenfragen und Situierung des Diskurses" Chancen und Grenzen des Wertebegriffes und verschiedener wissenschaftlicher Zugänge zum Wertediskurs. Sie votiert für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Begriff und verstärkte Interdisziplinarität.
  • Christoph Mandry entwickelt in seinem Aufsatz "Werte und Religion im Europäischen Wertediskurs" Kriterien zur Unterscheidung von Wertebegriffen. Er differenziert kulturelle Tiefenwerte, politische Werte und Metawerte. Religion wird von ihm als Chance ins Spiel gebracht und Pluralismus als Metawert betont.
  • Wil Arts und Loek Halman charakterisieren in "Value Research and Transformation in Europe" die empirische Werteforschung als "work in progress". Zur Beschreibung des Ist-Zustandes bedarf es interdisziplinärer Kooperationen, fordern sie.
  • Erich Lehner und Elisabeth Kropf stellen im Abschnitt "Nach der Familie kommt die Familie: Lebens- und Partnerschaftsformen in Europa" deren konstant hohe Bedeutung fest. Allerdings wandelt sich das Bild der Familie. Beziehungen sind freier wählbar und auch wieder beendbar. Das brennende Ergebnis dieses Beitrags ist die Frage der Langzeitpflege. Die sinkende Bereitschaft dazu verlangt rasch Weichenstellungen seitens der Regierungen.
  • Claudia Scheid und Katharina Renner stellen im Kapitel "Leistungsethik in der Transformation: Die Bedeutung der Arbeit" die dominante Stellung der Arbeit für die Lebensgestaltung fest. Zugleich findet in den vergangenen Jahrzehnten ein widersprüchlicher Bedeutungswandel statt. Berufstätigkeit gilt als eigentliche Sphäre der individuellen Bewährung. Je wichtiger Arbeit eingeschätzt wird, umso höher wird auch die Freizeit bewertet.
  • Sieglinde Rosenberger und Gilg Seeber fragen in ihrer Arbeit "Kritische Einstellungen: BürgerInnen zu Demokratie, Politik, Migration" nach der Stabilität demokratischer Prinzipien. Die Zustimmung zur Demokratie als Prinzip ist sehr hoch. Gesunken, in Österreich gar an einem Tiefpunkt angelangt, ist hingegen die Zufriedenheit mit konkreten Institutionen und der als mangelhaft wahrgenommenen Leistung der politischen Akteure.
  • Regina Polak und Christoph Schachinger stellen im Kapitel "Stabil in Veränderung: Konfessionsnahe Religiosität in Europa" konstant hohe Religiosität bei gleichzeitiger Erosion kirchlich gebundener Religiosität fest. Die länderspezifisch verschieden schnellen Entkoppelungen von Konfessionalität und Religiosität zeigen, dass konfessionelle Religiosität auch marginal werden kann. Die Antwort der Kirchen auf diese Tendenz steht noch aus.
  • Jens Dangschat konstatiert im Abschnitt "(Groß)städte in der Wertelandschaft" einen massiven Forschungsbedarf in der Raumsoziologie. Nur so wird man den "Eigensinn" und der inneren Heterogenität von Städten gerecht und kann ihre Rolle im Wertewandel angemessen erforschen.
  • Birgit Pfau-Effinger verdeutlicht in ihrem Beitrag "Familienkulturelle Modelle zu Geschlechterrollen und Kinderbetreuung" , dass sich Einstellungen zu Geschlechterrollen und Elternschaft nur multikausal erklären lassen. Eine wichtige Rolle spielt die Ausformung des sozialen Wohlfahrtsstattes. Ein weiterer zentraler Faktor ist die kulturelle Geschichte eines Landes.
  • Bernhard Perchinig und Tobias Troger stellen unter dem Titel "Migrationshintergrund als Differenzkategorie" die Geschichte und Problematik des Begriffes "Migrationshintergrund" dar. Die Autoren warnen vor einem nahezu biologistischen Verständnis in Ämtern und Wissenschaft. Für den politischen Diskurs mahnen sie zur Vorsicht, größere Sensibilität der Sprache ist erforderlich.
  • Regina Polak und Dominik Gnirs haben den zusammenfassenden Überblick "Perspektiven" verfasst. Zukunft im Sinne unvorhersehbarer Ereignisse und Entwicklungen kann die Studie nicht vorhersagen. Vielmehr sollen Entwicklungen, die der Langzeitvergleich erkennbar macht, in die Zukunft extrapoliert werden. Die vorliegenden Ergebnisse versteht das Autorenteam als Anregung für Zukunftsdiskurse.