Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!

unbekannter Gast

Ernst Bezemek, Friedrich Ecker, Jiří Kacetl: Die Prager Straße#

Ernst Bezemek, Friedrich Ecker, Jiří Kacetl: Die Prager Straße. Eine Geschichte des Verkehrsweges von Wien nach Prag in Bildern. Edition Winkler-Hermaden Schleinbach 2013. 124 S., durchg. ill., € 19,90

Bild 'Prager'

Über rund 300 km verbindet die Prager Straße (B 303), von Wien-Floridsdorf ausgehend, zwei europäische Hauptstädte. Das Leben entlang der historischen Haupt- und Kommerzialstraße bzw. Kaiser- oder Reichsstraße und die wechselvolle Geschichte dieser Gegend sind Inhalt des Buches. Zur Illustration dienen Postkarten, historische Fotografien, künstlerische Ansichten und Landkarten aus privaten und öffentlichen Archiven. Der vorliegende Band unterscheidet sich von vielen Büchern, die auf ähnlichen Quellen aufbauen. Da ist einmal das großzüge Format (fast A4 quer), das ein abwechslungsreiches Layout ermöglicht. Dann die feste Bindung, die Farbseiten, vor allem aber der umfangreiche, fundierte Textteil.

Die Autoren sind ausgewiesene Spezialisten. Prof. Dr. Ernst Bezemek, Hofrat i. R. im Niederösterreichischen Landesarchiv, leitet das Stadtmuseum Hollabrunn. Dort ist auch Reg. Rat Friedrich Ecker als Projektleiter tätig. Für den grenzüberschreitenden Teil zeichnet PhDr. Jiří Kacetl, Historiker am Südmährischen Museum in Znaim/Znojmo (CR) verantwortlich. Die drei Experten zeichnen ein umfassendes Panorama der Geschichte entlang und abseits der wichtigen Verkehrsverbindung. Burgen, Schlösser und Villen gemahnen an eine vermeintlich gute alte Zeit, doch mischen sich Ansichten von Fabriken dazu, die an die Epoche der Industrialisierung erinnern, und auch Bilder von Widerstandskämpfern und militärischen Anlagen sind zu sehen.

Nachdem sich Anfang des 18. Jahrhunderts der alte Verkehrsweg als "grundlos" (nicht befahrbar) erwiesen und die Sanierung verzögert hatte, ordnete ein Hofdekret Maria Theresias 1746 zunächst die teilweise Anlage einer Poststraße an. Sie führte von Pulkau-Fratting nach Hollabrunn, Znaim, Iglau und Prag. Zahlreiche Maut- und Zollstationen befanden sich entlang der Kaiserstraße. Ein bezeichnendes Licht auf die Zustände wirft der ausführlich zitierte "Oberhollabrunner Mautstreit" des Jahres 1774. Dabei kam es zu Handgreiflichkeiten zwischen dem Schrankenwärter und einem Priester, dem ein Reisedokument fehlte. Die Oberhollabrunner Landschrankenmaut bestand bis 1902. Mitte des 19. Jahrhunderts erhielt die Landstraße durch die Eisenbahn Konkurrenz. Die spezielle Weinviertler Geschichte von Krieg und Frieden reicht bis zur Grenzöffnung 1989.

Dem allgemein-historischen Teil folgt eine Mini-Heimatkunde von Orten an der Prager Straße. In Österreich: Wien (Floridsdorf, Jedlesee, Strebersdorf), Langenzersdorf, Bisamberg, Korneuburg, Leobendorf-Burg Kreuzenstein, Spillern, Stockerau, Sierndorf, Schönborn-Mallebarn, Göllersdorf, Großstelzendorf, Hollabrunn, Suttenbrunn, Schöngrabern, Grund, Guntersdorf, Jetzelsdorf und Kleinhaugsdorf. Bekannte Sehenswürdigkeiten sind hier zu finden, wie die Ende des 19. Jahrhunderts rekonstruierte, Burg Kreuzenstein, das von Johann Lucas von Hildebrandt für den Reichsvizekanzler Friedrich Karl Graf von Schönborn errichtete Landschloss bei Mallebarn, oder die durch ihre "steinerne Bibel" bekannte romanische Pfarrkirche von Schöngrabern. Kleinhaugsdorf, jahrelang an der "toten Grenze" gelegen, "wurde nach der Lockerung der Grenzformalitäten zum Zugang in eine Billigwelt für Vergnügen, Tabak und Lebensmittel." Die zuvor bei vielen Weinviertlern verpönten Reisen in das nördliche Nachbarland gehören nach 1989 zur "Normalität".

Hinter Kleinhaugsdorf verlässt die Prager Straße Niederösterreich und verläuft weiter in der ehemaligen Markgrafschaft Mähren. Hier waren die Städte Znaim/Znojmo, Mährisch-Budwitz/ Moravské Budějovice und Iglau/Jihlava schon an den historischen Straßen wichtige Punkte. Dieser Abschnitt ist reich an landschaftlichen Reizen, nicht zuletzt durch den Thaya-Fluss. Nach der Igel-Brücke in Iglau/Jihlava erreicht die Straße das ehemalige Königreich Böhmen und überwindet in Deutsch-Brod/Havlíčkův Brod die Sazawa/Sasau, einen Nebenfluss der Moldau. Von Goltsch-Jenikau/Golčův Jeníkov zieht sich der Verkehrsweg in das Böhmische Tafelland, weiter nach Tschaslau/ Čáslav zum linken Ufer der Elbe bei Kolin und zum rechten Moldauufer in Praha/Prag. Beim ehemaligen Wiener Tor der Stadt (Neutor, 1875 demoliert) endet die Reise entlang der Prager Straße. Sie hat viel Interessantes gebracht, aber auch nachdenklich gemacht.