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Wolfgang Galler: Unser täglich Brot #

Bild 'Brot'

Wolfgang Galler: Unser täglich Brot. Von Bäckern, Müllern und Bauern im Weinviertel Mit traditionellen Brotgerichten von Manfred Buchinger. 126 S., durchg. ill., Edition Winkler-Hermaden, Schleinbach 2013, € 19,90

Das Buch kommt gerade recht zur niederösterreichischen Landesausstellung „Brot und Wein“. Die Namen der Autoren haben einen guten Klang. Der Historiker Wolfgang Galler entstammt einer bekannten Volkskundler-Familie. Der Haubenkoch Manfred Buchinger kommt aus einer Bäckerdynastie. Er verriet einige Rezepte für traditionelle Brotgerichte. Unter den zahlreichen „Personen, die mit Auskünften und Bildmaterialien ganz wesentlich das Zustandekommen dieser Publikation unterstützt haben“, ist der Hollabrunner Mühlenexperte Otto Schöffl. So ist mit viel Fachkenntnis und Engagement ein ebenso informatives wie gefälliges Buch entstanden, das weit über das Weinviertel hinaus von Bedeutung ist – und bleiben wird.

Wolfgang Galler zeichnet ein historisch wie volkskundlich vielschichtiges Bild vom Korn zum Brot. Schon im Neolithikum gab es Getreidebau(ern) im Weinviertel. Funde aus der Bronzezeit verweisen auf hochwertiges Saatgut. Bis heute gilt das Marcheld, ein Teil des Viertels unter dem Manhartsberg, als Kornkammer Österreichs. Noch vor 90 Jahren war der überwiegende Teil der Bewohner in der Landwirtschaft tätig. Der Sämann besorgte die Aussaat händisch, Pflüge wurden meist von Ochsen gezogen, Maschinen für Bodenbearbeitung, Ernte und Drusch waren selten.

Das erste Kapitel beschreibt und zeigt detailliert die Arbeitsschritte, samt der Bittprozession für das Gedeihen der Feldfrüchte. Eine vergangene Welt taucht hier auf, mit vergessenen Vokabeln, wie Wodl (Sensenstiel), Dengeln (Bearbeiten der Sensenblätter), Halmzieher (großer Rechen) oder Zehnermandl (Zum Trocknen aufgestellte Garben). Man lernt die Saisonarbeiter kennen, die zur Erntezeit aus der Slowakei auf die Gutshöfe und zu großen Bauernwirtschaften kamen. Sie wurden zu Peter und Paul (29. Juni) aufgenommen und erledigten pro Partie täglich ein Joch (5.755 m²). Den Abschluss der Arbeit feierten sie mit einem „Hallamasch“, zu dem Tanz und gutes Essen gehörte. Als festliche Überhöhung entstanden daraus die (kirchlichen) Erntedankfeste mit dem Kranz- bzw. Kronensymbol. Der Ernte folgte später das Dreschen, mit Drischel und Muskelkraft. Die riesigen Dreschmaschinen kamen Ende des 19. Jahrhunderts auf. Fotos der Arbeit beim Dampf-Lokomobil zählen zu den Klassikern in Bauernmuseen. 1956 wurde der erste, vom Traktor gezogene Mähdrescher des Liechtenstein-Gutes Wilfersdorf noch bestaunt. Doch bald setzten sich selbstfahrende Modelle durch, und die Landwirtschaft war technisiert.

Der zweite große Abschnitt ist „Von Müllern und Mühlen“ übertitelt. Seit einem Jahrtausend klappern im Weinviertel Wassermühlen. Die Hofmühlen von Adel und Klerus verbreiteten sich rasch. „Einen Höhepunkt der Mühlenarchitektur im Weinviertel stellte die Barockzeit dar, als sich förmlich ein eigenes Mühlenstil, der ‚Stockerauer Mühlenstil’ hier entwickelte. Gekennzeichnet ist dieser durch fein geschwungene Ziergiebel an den herrschaftlich wirkenden Bauten, die prächtig mit Reliefs und Steinarbeiten verziert wurden, mitunter sogar mit steinernen Skulpturen versehen waren,“ schreibt Galler und verweist auf die typischen Formen barocker Schüttkästen (Kornspeicher). Seit dem 15. Jahrhundert hatten an March und Donau die Schiffmühlen Bedeutung erlangt. Um 1860 lagen allein bei Langenzersdorf mehr als 30 davon. Eine Rekonstruktion befindet sich beim Nationalpark Orth/Donau. Die letzte Windmühle ist eine Attraktion der Stadt Retz. Der Autor verfolgt die Geschichte bis zu den großen Dampf- und Walzmühlen, die noch in jüngster Zeit arbeiteten, und vergisst auch nicht Familiengeschichten und Sagen, die sich um den Beruf des Müllers rankten.

Schließlich geht es um die Bäcker und das Brot. Teigherstellung und Backöfen werden erklärt und die Bäckerzünfte mit ihren Bräuchen und Vorschriften gewürdigt. Wie bei den Müllern gab es in diesem Beruf bekannte Dynastien. Manche von deren Angehörigen machten auf andere Weise Karriere, wie die Kammersängerin Therese Seehofer (1846-1936). Die aus Wolkersdorf stammende Sopranistin trat in zahlreichen europäischen Opernhäusern auf. Der Filmschauspieler Oskar Sima (1896-1969) wirkte in 300 Filmen mit. Sein Geburtshaus, eine Bäckerei in Hohenau, ist nun Sitz des Ortsmuseums.

So bietet das Buch eine Zeitreise in die dörfliche Welt und eine kleine Kulturgeschichte des Brotes. 100 historische Schwarz-weiß-Fotos wecken Erinnerungen. Die Farbbilder machen Gusto auf Buchingers Brotgerichte, wie Schwarzbrot-Chips, Vorschussbrot-Salat oder Veltliner Brotsuppe.