Alfred Komarek: Wachau #
Alfred Komarek: Wachau. Österreich von innen Band 2. Haymon-Verlag Innsbruck-Wien. 192 S., ill., € 17,90
Die Wachau: Romantik, Natur, Kultur, sogar Weltkulturerbe. Doch wie bei jeder Innensicht zeigen sich auch weniger sympathische Seiten. „Österreich von innen“ nennt der Haymonverlag seine neue Landschaftsreihe, die der Erfolgsautor Alfred Komarek gestaltet. Mit der ihm eigenen Professionalität nähert er sich den bei einer Innensicht zu erwartenden Abgründen: „schmerzliche Brüche“, blutrünstige Herrscher, Antisemitismus. Die sonst so liebevolle Ironie, dichten Beschreibungen, pointiert-poetischen Attibute treten diesmal zurück. Doch lernt man ein neues Charisma des Schriftstellers kennen: das des Fotografen. Wie Alfred Komarek das Objektiv zu subjektiven Annäherungen nutzt, erinnert an jene Art von Literatur, für die ihn sein Publikum liebt: Die bogenförmige Öffnung einer Römermauer umrahmt genau die Uhr des Kirchturms, dessen Helm die Steine überragt, hinreißend schöne Details blenden hässliche Umgebungen aus, Naturaufnahmen geben der Phantasie Raum . Im Mix mit historischen Aufnahmen wird die Wachau dann doch dem Bild gerecht, das man sich üblicherweise von ihr macht: Die vertraute Kulisse einer weltberühmten Kulturlandschaft im klimatisch begünstigten Donautal.
Dazu passen Geschichten von Winzern und Weinterrassen, dem verhinderten Donaukraftwerk und der barocken Melker Stiftsbibliothek. Man lernt Menschen kennen, die das Prädikat „Wachauer Original“ verdienen, wie Bernhard Kaar, der sich dem Safrananbau verschrieben hat. Im 14. Jahrhundert galt Niederösterreichischer Safran als bester Europas, heute ist das goldfarbene Gewürz aus der Wachau das teuerste weltweit. Der Biologe und Bürgermeister Anton Bodenstein, der Riesling in hohen Lagen baut, oder Gottfried Kienast, Herr über 500 Obstbäume, von denen er mit seiner Familie alljährlich 14.000 Kilogramm Marillen erntet.
Es scheint, dass die Wachau von der Natur verwöhnt wurde, von der Geschichte sicher nicht. Der Autor weiß von den Wirren der Völkerwanderungszeit und dem segensreichen Wirken des heiligen Severin, von Kreuzzügen, Türken-, Napoleonischen und anderen Kriegen. Der wirtschaftliche Aspekt, vor allem der Donau- und Weinhanedl, kommt nicht zu kurz. Kulturdenkmäler erfahren ihre Würdigung, wie die Stifte Göttweig, Melk und Dürnstein oder die berühmte Kremser Altstadt.
Interessant ist die Entwicklung des Wachau-Tourismus, die untrennbar mit dem Bahn- und Schiffsverkehr verbunden ist. Die Wachaubahn, Teil des Weltkulturerbes, dient nur noch auf einer Teilstrecke und in der Sommersaison Ausflugstouristen als Beförderungsmittel. Mit der Erschließung des Donautales für die Gäste hängen die beeindruckenden Sonnwendfeuer zusammen, denen ein ausführliches Zitat gewidmet ist: „… Raketen schwirren in der Luft und verteilen sich in einer Glorie farbiger Sterne, Feuerräder sprühen und drehen sich in tollem Wirbel …“ Nicht zuletzt die - „gemessen an späteren Produktionen noch recht gehaltvollen, erstklassig besetzten“ Heimatfilme - trugen zur Beliebtheit des Donautales bei. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als das Österreichbewusstsein erwachte und gefördert wurde, taten „Mariandl“ und „Hofrat Geiger“ gute Dienste. Wer die Filme nicht kennt, kann die Handlung hier nachlesen. Mag man die Nachkriegsfilme aus der Distanz kritisch betrachten, gelang es mit ihrer Hilfe „aber auch, das schändlich missbrauchte Wort ‚Heimat’ fast wieder unbefangen in den Mund zu nehmen.“