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Karl Vocelka: Multikonfessionelles Österreich#

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Karl Vocelka: Multikonfessionelles Österreich. Religionen in Geschichte und Gegenwart Styria Verlag Wien Graz Klagenfurt 2013. 304 S. € 29,99

"Die intensive Beschäftigung mit Religionen bei jemandem, der sich als Atheist bekennt, mag wundern", beginnt Karl Vocelka sein jüngstes Werk. Als langjähriger Vorstand des Instituts für Geschichte an der Universität Wien zählt der Autor Frömmigkeitsgeschichte zu seinen Spezialgebieten. Seine Zielsetzung: "Das Buch versucht eine Balance zwischen einem lesbaren Werk und einem ersten Nachschlagebehelf … zu halten und in knappen Form einen (relativ objektiven) Überblick über die vielfältige Situation religiöser (und mancher pseudo-religiöser) Gruppen zu geben." Der Klappentext verspricht, "eine gründliche und von einem neutralen Standpunkt aus erfolgte Darstellung der Konfessionen in Österreich,die es bisher in dieser Form nicht gab."

Österreich erweist sich nicht nur in der Gegenwart, sondern auch historisch, als multikonfessionelles Land, besonders wenn man die Habsburger-Monarchie (1526-1918) betrachtet. Im frühen Mittelalter gab es hierzulande Christen, Juden und sogenannte Heiden mit vorchristlichen religiösen Vorstellungen. Im Hochmittelalter war die Christianisierung weitgehend vollzogen - wobei "christlich" nicht "katholisch" bedeutete. Anhänger verschiedener Strömungen, wie die Hussiten in Böhmen, wurden als "Ketzer" verfolgt. Eine grundlegende Änderung ergab sich mit dem Auftreten Martin Luthers, nach 1517. Um 1600 folgte die Mehrheit der Bewohner Ostösterreichs den Lehren des Reformators. Sie wurde in der Gegenreformation "in einer Mischung aus Zwang, Missionierung und Überzeugung" rekatholisiert. Mit seinen Toleranzpatenten für Protestanten, Orthodoxe und Juden setzte Kaiser Joseph II. im ausgehenden 18. Jahrhundert erste Schritte zur offiziellen Multikonfessionalität der österreichischen Länder. Die Verfassung von 1867 brachte die weitgehende Religionsfreiheit. Derzeit bestehen 14 gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften sowie elf staatlich eingetragene religiösen Bekenntnisgemeinschaften mit Rechtspersönlichkeit.

Das Werk beschäftigt sich mit der Entwicklung der Konfessionen und der Religionslosigkeit. Doch Religionsstatistik ist ein schwieriges Unterfangen. Die letzten offiziellen Daten liegen weit zurück (Volkszählung 2001). Die Anzahl der Kirchenaustritte ist seither gestiegen. Der Anteil der Katholiken liegt bei 65 %, 2001 waren es fast 74 %. Damals lebten Angehörige von 40 Religionsgemeinschaften in Österreich.

Ebenso viele beschreibt das Buch im einzelnen. Bevor sie die Autor detailliert in den Blick nimmt, erläutert er grundsätzliche Fragen, wie "Was ist Religion?", "Religiöse Grundvorstellungen" und "Religionen in Österreich - ein Überblick." Die großen Kapitel beginnen immer beim Allgemeinen (Entstehung, Entwicklung, Definitionsprobleme). Nicht nur alle staatlich anerkannten bzw. eingetragenen Religions- und Bekenntnisgemeinschaften werden behandelt, sondern auch jene Splittergruppen, die man oft als Sekten bezeichnet. Den umfangreichsten Teil machen die christlichen Konfessionen aus - katholische Christen, orientalische und orthodoxe Christen, evangelische Christen, sonstige christliche Gemeinschaften. Ein Schwerpunkt liegt auf Klöstern und Orden, die übersichtlich aufgelistet sind. Es folgen Darstellungen der israelischen Religionsgesellschaft, islamischen Glaubensgemeinschaft, buddhistischen Religionsgemeinschaft, hinduistischen Religionsgesellschaft, Bahai-Religionsgemeinschaft, der sogenannten Sekten und die Konfessionslosigkeit. Die Konfessionslosen sind nach den Katholiken die zweitstärkte Gruppe in der österreichischen Religionsstatistik (offiziell 12 %, nach Schätzungen bis 26 %).

Die einzelnen Kirchen werden systematisch vorgestellt. Entstehungsgeschichte, Glaubensinhalte, Rituale und Lebensformen, Organisation sind die Fixpunkte. Dazu kommen jeweils ein typisches schwarz-weiß-Bild und vier Blöcke mit Farbfotos. Dabei wird kein dogmatischer Standpunkt eingenommen. Nur manchmal lassen wertende Attribute die angestrebte Neutralität vermissen. Man lernt sehr viel bei der Lektüre dieses Buches, und hat ein aktuelles Nachschlagewerk zur Hand. Auf diesen 286 Seiten verbirgt sich unendlich viel Wissen und Information. Der 30-seitige Anmerkungsteil unterstreicht die wissenschaftliche Zugangsweise des gut lesbaren Werkes.