Ilona Mayer-Zach: Graz. Geschichten und Anekdoten#
Ilona Mayer-Zach: Graz Geschichten und Anekdoten. Stadtplauderei. Wartberg Verlag Gudensberg-Gleichen 2014. 80 Seiten, ill., € 12,50
Wenn man nach längerer Zeit wieder in seine Geburtsstadt kommt, löst das meist gemischte Gefühle aus, Neues ist gewöhnungsbedürftig, Altes weckt Erinnerungen. Für die gebürtige Grazerin Ilona Mayer-Zach waren es fast nur schöne Erinnerungen, die sie in ihrer "Stadtplauderei" mit den Leserinnen und Lesern teilt.
Seit 1842 verbindet die Annenstraße die Innenstadt mit dem Bahnhof, und schon bald war sie die Pracht- und Geschäftsstraße der steirischen Landeshauptstadt. Die Autorin erinnert sich an die "Spaziergänge Ende der goldenen Sechziger", bei denen es immer "viel zu sehen und zu kaufen" gab, und wo man im Café oder Eissalon, vor der Heimfahrt mit der Straßenbahn, süße Köstlichkeiten genießen konnte. Besonders attraktiv war der Schaufensterbummel vor Weihnachten, wenn es zudem auf dem nahen Christkindlmarkt allerlei Neuigkeiten gab.
Überhaupt war die glänzende Warenwelt damals faszinierend für die kleine Ilona. Drei Kapitel widmet sie Jahrzehnte danach dem "Paradekaufhaus" in der Sackstraße. Bei Kastner und Öhler fuhr die erste Rolltreppe der Steiermark, und der freundlich lächelnde Löwe als Schutzmarke ist nicht nur der Autorin in Erinnerung. Er wurde 1993 von einem neuen Logo abgelöst. Das Spielwarengeschäft auf dem Hauptplatz musste vier Jahre später schließen. Von der "Huthauptstadt", als die Graz in der Monarchie und in der Nachkriegszeit galt, ist eine Firma geblieben. In der Werkstatt einer engagierten Modistin "werden Hüte noch heute so gefertigt wie anno dazumal."
Zusätzlich wecken nostalgische Fotos Erinnerungen, unter anderem an Damen mit eleganten Hüten, zu denen auch die englische Queen zählte. Nicht zu sehen ist die legendäre Jacqueline Kennedy Onassis. Die Zeitungsmeldung ihres Besuches war der Scherz einer Zeitung angesichts einer großen Faschingsparty, bei der der Kabarettist Karl Farkas den Reeder Aristoteles Onassis und seine Kollegin Ellly Naschold die ehemalige First Lady mimte. Sie spielten ihre Rollen so perfekt, dass die Grazer lange rätselten, ob es sich nicht doch um die echten Promis handelte.
Während in den Faschingstagen in der Innenstadt "das alljährliche Tohuwabohu" herrschte, ging es sonst am Wochenende eher beschaulich zu. Familien wanderten in den Stadtpark, um Enten und Eichhörnchen zu füttern. Kinder besuchten gerne die Grottenbahn, die im Schlossberg zwischen 1968 und 2012 ihre Runden drehte (und sich seit 2014 völlig neu präsentiert). Straßenbahnen, Verkehrspolizisten, Radwege und Fußgängerzonen spiegeln die Stadtentwicklung, wie sie in der Erinnerung hängenbleibt.
Wer, wie die Autorin der "Murmetropole" seit Kindertagen verbunden ist, wird sich besonders über das Büchlein freuen. Auch wer die zweitgrößte Stadt Österreichs nur flüchtig kennt, wird viel Bekanntes entdecken und kann eintauchen in das Flair der freundlichen Stadt vor einigen Jahrzehnten.