Friederike C. Raderer: Donausagen#
Friederike C. Raderer: Donausagen von Passau bis Budapest. Edition Tandem Salzburg - Wien, 96 S. mit Illustrationen von Ilse Schnall. € 15,; Doppel-CD Donausagen. RaWe Multimedia. € 17,70
Am besten, man nimmt das von der Melker Goldschmiedin Ilse Schnall hübsch illustrierte Buch an einem romantischen Plätzchen am Donauufer zur Hand. So kann man eintauchen - nicht in den von sagenhaften Wesen bevölkerten Strom, sondern in die zauberhafte Welt, wie sie Überlieferungen und neuerdings Friederike C. Raderer schildern.
Die Donau, der längste Strom Mitteleuropas, ist zugleich Lebensader und lebensbedrohlich für die Menschen in ihrem Umkreis. Diese Ambivalenz spiegelt sich in den Geschichten, die oft von ganz alltäglichen Dingen handeln, aber die Phantasie beflügeln. Es geht um die gefahrvolle Arbeit der Fischer und Schiffer, Liebesgeschichten und Heiratssachen, um Diebe und Raubritter, Geisterspuk, Teufelswerk und Zauberwesen, wie den Donaufürsten, schöne und hässliche Nixen oder Wassermänner.
Die gebürtige Wachauerin Friederike C. Raderer ist mit den Donausagen groß geworden. Als Ö1-Journalistin erzählt sie diese - für Kinder wie Erwachsene - neu und mit einem Augenzwinkern. Wer einmal versucht hat, alte Geschichten in zeitgenössischer Sprache wiederzugeben, ohne dass sie ihren Charme verlieren, weiß, welch schwieriges Unterfangen ihr dabei gelungen ist. Die Autorin hat mehr als zwei Dutzend Donausagen ausgewählt, und zwischen Passau und Budapest angesiedelt. Das fabelhafte Buch liest sich leicht und ist auh gut zum Vorlesen geeignet. (Vielleicht wäre es möglich, bei einer Neuauflage eine größere Schrifttype zu wählen, um für Omi und Opa noch bessere Lesbarkeit zu schaffen.)
Vor dem geistigen Auge erscheinen der funkelnde Palast des Fürsten Danubius, die schöne Isa vom Jochenstein (eine Verwandte der Lorelei) oder die gespenstischen blauen Flämmchen, die Schatzsuchern den Weg weisen. Burgherren wurden von ihren Untertanen selten geliebt, kein Wunder, dass sie die Sage zu Geistern machte, die wegen ihrer Untaten keine Ruhe finden können, wie die Weiße Frau von Weitenegg. Der Teufel spielt eine Rolle, mit seinem Hobby, dem Mauerbauen, oder seiner unersättlichen Gier nach Wein aus der Wachau. Sogar Bacchus verschlägt es hier an den Donaustrand, wo er sich prompt in eine schöne Nixe verliebt.
Dies alles und noch mehr gibt es nicht nur zum Lesen, sondern auch zum Hören. Die Autorin, die in Melk ein Tonstudio betreibt, liest die 27 Geschichten auf zwei CDs. Als Bonus Track gibt es zum guten Schluss die Komposition "Old Vienna" von Rolf Wehmeier, welche die Erzählungen einleitet und die Zuhörer in die Wunderwelt der Wellen hineingleiten lässt. Und während man gebannt lauscht, bahnt sich der Donaustrom, wie seit 12 Millionen Jahren seinen Weg: "Seinen Schatz verschenkt er täglich und stündlich an alle, die schauen und sehen: seine Natur, seine Schönheit und seinen Frieden."