Katja Sindemann: Wiener Orte der Stille#
Katja Sindemann: Wiener Orte der Stille. Die schönsten Großstadt-Oasen zum Entspannen. Metro Verlag Wien 2014. 160 S., ill., € 16,90
Vielleicht täuscht der Titel: Bei "Orten der Stille" denkt man zuerst einmal an Friedhöfe. Diese findet man zwar in dem Buch, aber nur 6 von 64 Kapiteln sind ihnen gewidmet. Vielleicht hätte man auch von "Kraftplätzen" sprechen können, denn von manchen der vorgestellten Gebiete wird dies behauptet. Die Historikerin, Religionswissenschaftlerin und Redakteurin verzichtet auf esoterische Etiketten. Kompakt und kompetent stellt die Wahlwienerin Großstadt-Oasen in fast allen Bezirken vor, und so sind sie auch gereiht. Ein Ortsregister am Ende des Buches unterscheidet dann "Kirchen, religiöse Stätten", "Friedhöfe", "Parks, Gärten, Natur" (die größte Gruppe) und "Sonstiges". So kann man auch gut, je nach Stimmung auswählen, wo man sich entspannen möchte. Jedes der übersichtlichen Kapitel verknüpft Geschichte und Gegenwart, flicht manchmal Fotos ein und endet immer mit einem benützerfreundlichen Tipp.
Der erste Ort der Einkehr, "an dem stressgeplagte Großstadtmenschen Ruhe und Kraft tanken können", ist das Schottenstift mit seiner Romanischen Kapelle und dem Museum, dem auch der Tipp gewidmet ist. Universität, Synagoge, Parks und Gotteshäuser sind weitere, mehr oder minder "geheime Kleinode". Die Leopoldstadt ist mit Augarten, Prater und Pagode (Hafenzufahrtsstraße) vertreten. Im Bezirk Landstraße kann man sich im Alpengarten und Park beim Schloss Belvedere erholen, in der Josefstadt im Schönbornpark beim Volkskundemuseum. Auf dem Alsergrund sind die Lichtentaler Schubertkirche, das Servitenkloster und der jüdische Friedhof in der Seegasse zu entdecken. Favoriten kann mit dem Kurpark Oberlaa und dem Waldmüllerpark aufwarten. In Simmering findet man nicht nur den Zentralfriedhof - mit seinem "Park der Ruhe und Kraft" - und den Friedhof der Namenlosen, sondern auch das zum Veranstaltungsort gewordene Renaissancejuwel Neugebäude. In Meidling und Hietzing laden Schloss Hetzendorf, Lainzer Tiergarten, Roter Berg, die kürzlich gerettete Klimtvilla, und das Kardinal-König Haus samt Park zum Verweilen ein. Penzing bietet Sehenswertes mit der Otto-Wagner-Kirche, in Schönbrunn, beim Max-Reinhardt-Seminar und im Dehnepark. Während Ottakring durch den Wilhelminenberg vertreten ist, ist es Hernals mit Neuwaldegg und Schwarzenbergpark. In Währing sind Türkenschanzpark und Schubertpark beliebte Naherholungsziele. Mit Döbling kommt man in das eigentliche Revier der Autorin, vor der Haustür hat sie besonders viel Interessantes gefunden: den Nasenweg auf den Leopoldsberg, Schönstatt am Kahlenberg, Bellevuewiese, Himmel und Cobenzl, historische Prominentenfriedhöfe im Kahlenbergerdorf und Josefsdorf, den versteckten Max-Patat-Weg, (der Namensgeber war Leiter des Döblinger Bezirksmuseums im nahen Wertheimsteinpark), die sagenumwobene Jägerwiese und der zauberhafte Setagaya-Park. In Floridsdorf steht die bekannteste der 55 Wiener Moscheen. In der Donaustadt findet man wieder vieles: Donauturm, Dechantlacke, Alte Donau, Blumengärten und Schloss Hirschstetten, Kirschblütenpark und Schulgarten in Kagran. Knapp nach der Stadtgrenze, liegen der Badesee "Seeschlacht" in Langenzersdorf, und die Perchtoldsdorfer Heide schon in Niederösterreich.
Bei manchen der genannten Plätze würde man gar nicht vermuten, dass sie sich als Rückzugsorte eigenen. Nach dem Vorbild der Autorin braucht man aber nur ein paar Schritte weiter hinein zugehen und schon ist ein Plätzchen gefunden, "wo wir ungestört in uns gehen können." Eigentlich könnte (und sollte) man dieses Citybook immer bei sich haben, um es zu nutzen, wenn sich irgendwo in Wien überraschend eine Restzeit auftut. Das handliche Format und die übersichtliche Gestaltung machen es leicht, auf den "Inseln der Ruhe" mitten in der Stadt zu landen.