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Sandra Tretter, Peter Weinhäupl, Felizitas Schreier, Georg Becker (Hg.): Gustav Klimt Atelier Feldmühlgasse 1911-1918#

Bild 'Klimt'

Sandra Tretter, Peter Weinhäupl, Felizitas Schreier, Georg Becker (Hg.): Gustav Klimt Atelier Feldmühlgasse 1911-1918. Verlag Christian Brandstätter Wien 2014. 168 S., ill. € 19,90

Selten fällt ein Vorher-nachher-Vergleich so eindrucksvoll aus. Noch 1998 war das Klimt-Atelier in der Feldmühlgasse in Wien 13 völlig unbekannt oder in Vergessenheit geraten. Nur japanische Touristen suchten den Ort gezielt auf. Der Abriss drohte, von Denkmalschutz war keine Rede. Amtlicherseits konnte keine Verbindung mit Klimt festgestellt werden. Doch engagierte Bürger recherchierten und fanden die originalen Baupläne. Im Jänner 1999 konstituierte sich der Verein Gedenkstätte Gustav Klimt, im Juni beschloss der Gemeinderat eine Schutzzone für das Areal. Fünf Jahre später beschäftigte ein Appell des Klimt-Vereins den Nationalrat, dies hinderte den Staat am geplanten Verkauf der Liegenschaft. Kurz zuvor war, trotz Schutzzone, schon ein Biedermeierhaus demoliert worden. Seit dem Tag des Denkmals 2012 ist nun die renovierte Villa mit dem rekonstruierten letzten Atelier von Gustav Klimt öffentlich zugänglich. 2014 erhielt der Klimt-Verein den renommierten Europa-Nostra-Preis.

Klimt nutzte sein Hietzinger Atelier von 1911 bis zu seinem Tod, 1918. Das ebenerdige Biedermeierhäuschen lag in einem großen Garten mit blühenden Blumenbeeten und üppigen Obstbäumen. Er schuf dort 50 Gemälde und hunderte Zeichnungen und machte sein Refugium zum Treffpunkt der Künstler und Kunstsammler. Das vorliegende Buch, das erstmals dessen Geschichte im kulturhistorischen Kontext dokumentiert, entstand in Zusammenarbeit mit dem Klimt-Verein und der Klimt-Foundation. Es ist wissenschaftlich fundiert und ein sehr schönes Buch Das ebenso edle wie kreative Layout (Grafische Gestaltung: ks_visuell, Maximilian Sztatecny) trägt die unverwechselbare Handschrift des Christian-Brandstätter-Verlags.

Zuerst lassen der frühere Präsident und die jetzige Präsidentin, Georg Becker und Felizitas Schreier, Besucher des Malers zu Wort kommen. Unter ihnen war der japanische Künstler Kijiro Ohta, der sich 1913 auf einer Studienreise in Europa befand. Er scheute keine Mühen, das Atelier, das sich außerhalb seines Stadtplans befand, zu finden und lange zu warten, bis der Künstler mit seinem Auto eintraf. Klimt zeigte dem Besuch seine Werke ebenso wie seine wertvolle Asiatica-Sammlung. Wenig später berichtete dieser in einer japanischen Kunstzeitschrift: "Klimt war mit einem schlafgewandähnlichen indigoblauen Gewand bekleidet. … Er war genauso gekleidet aus dem Auto gestiegen … Professor Klimt führte mich direkt in sein Atelier und begann sogleich, mir seine Bilder zu zeigen. Er deutete auf dieses und jenes, von Bild zu Bild gehend. Die meisten Bilder waren noch in Arbeit … Ein Bild stellt ein stehendes Mädchen dar, ein anderes drei Damen in Kleidern, die japanischen Kimonos ähneln. Klimt sah mich an, als er mir dieses Bild zeigte, und sagte: 'Japon'. … (Als ich) erklärte, ich würde noch am nächsten Tag abreisen, sagte er: Also dann: Sayonara."

Ein anderes Zitat, von Egon Schiele, hat sich zur Devise des Klimt-Vereins entwickelt: "Seine Freunde sollten in Hietzing das Haus samt Garten und Einrichtung kaufen. Nichts sollte weggenommen werden, denn das Gefüge des Klimt-Hauses ist ein Ganzes, ist selbst ein Kunstwerk, welches nicht zerstört werden dürfte."

Sandra Tretter, Geschäftsführerin der Klimt-Foundation, widmet sich seinem Schaffen in der Feldmühlgasse: "Klimts Refugium 'Atelier Feldmühlgasse' war der Hort eines reifenden Künstlers, der sich zeitlebens nach Ruhe und Harmonie sehnt und künstlerisch das ideale Werk anstrebt."

Johannes Wieninger, Leiter der Sammlung Asien im MAK, beschäftigt sich mit "Ostasiatisches im Spätwerk von Gustav Klimt" und mit seiner Sammlung exotischer Kunstgegenstände. Er spricht vom "japanischen roten Faden", der sich durch das Gesamtwerk zieht. Trotzdem wirkt die Gegenüberstellung von Vorbildern und Werkdetails oft überraschend.

Die Ethnologin Verena Traeger nimmt den Faden auf und beschreibt Klimts ethnographische Sammlung. In dieser befanden sich nicht nur Asiatica, sondern auch afrikanische Objekte, wie Sitzmöbel und Schnitzereien aus dem Sudan (Seit 1850 bestand ein österreichisches Konsulat in Khartum). Seine Sammlung war dem Maler eine stete Quelle der Inspiration. Die Pracht der verloren gegangenenen indischen Seiden lässt sich an den Kleidern der Modelle ahnen.

Heide und Helmut Buschhausen, Kunsthistoriker und Bürgerinitiative-Aktivisten der ersten Stunde, gehen der Geschichte des Atelier-Gartens nach. Unschätzbare Dokumente dabei bilden - wie für die Innenausstattung, die Fotos, die Moritz Nähr 1918 anfertigte. Sie zeigen ein verträumtes Lusthaus inmitten von Blumenbeeten und Obstbäumen, wie sie auch Klimts Gemälde "Obstgarten mit Rosen" aus 1912 darstellt. Dem Kunsthistoriker-Ehepaar gelang es, in dem gerodeten Garten einen originalen, dunkelrosa blühenden Rosenstock zu finden.

Peter Weinhäupel, Managing Director im Leopold-Museum und Vorstandsvorsitzender der Klimt-Foundation zeichnet die tägliche Stadt-Land-Flucht Klimts von seiner Wohnung im 7. Bezirk über Schönbrunn nach Hietzing nach. Obwohl es damals schon Stadtbahn und elektrische Straßenbahn gab, zog er den 40-minütigen Spaziergang vor.

Felizitas Schreier und Georg Becker verfassten eine Chronik der Villa Werner-Klein und zu Meilensteinen der Vereinsgeschichte. Ihr Resümee: " 'Die Klimt-Villa hat Klimts Atelier gerettet'. Zu dieser Erkenntnis gelangen die Besucher angesichts der Neubauten ganz unmittelbar neben der Villa. … Das Gebäude wäre längst abgerissen worden, hätte nicht der neubarocke Villenaufbau und die irreführende, aber nicht mehr ausrottbare Bezeichnung 'Klimt-Villa' den Bestand erhalten.' " So hilfreich können Irrtümer sein …

Sandra Tretter und Martina Leitner, wissenschaftliche Mitarbeiterin, haben Biografisches über Klimt in seinem letzten Atelier zusammengestellt. Schließlich sind noch die 50 Gemälde, die in der Feldmühlgasse entstanden sind, abgebildet und beschrieben. Darunter so berühmte wie die "Goldene Adele" und hinreißende Landschaftsportraits vom Sommerdomizil am Attersee. Dieses großartige Buch ist der erste Band einer "Edition Klimt", deren Herausgabe sich die Klimt-Foundation vorgenommen hat. Hoffentlich folgen die geplanten weiteren bald.