Christian Hlavac - Astrid Göttche: Die Gartenmanie der Habsburger#
Christian Hlavac - Astrid Göttche: Die Gartenmanie der Habsburger. Die kaiserliche Familie und ihre Gärten 1792–1848. Amalthea Signum Verlag Wien 2016. 160 S., ill., € 29,95
Erzherzog Franz (1768-1835) wurde als 25-Jähriger als Franz II. zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation gewählt, das er vierzehn Jahre später für erloschen erklärte. Von 1806 bis zu seinem Tod regierte er als Franz I.von Österreich. Der Habsbrger war nicht nur als "guter Kaiser Franz", sondern auch als "Blumenkaiser" populär. ("Böse Menschen haben keine Blumen" fällt einem dazu ein). Seine Herrschaft fiel in eine schwierige Zeit, Stichworte: Napoleonische Kriege, Wiener Kongress, doch "Selbst in den politisch unruhigsten Zeiten beschäftigte sich Franz intensiv mit der Botanik … Sein Interesse an der Natur äußerte sich auf vielfältige Weise." Lange Zeit meinten sogar Fachleute, er hätte eine Gärtnerlehre absolviert, nachweisen ließ es sich nicht. Kein Mythos ist hingegen, dass sich der Kaiser eigenhändig um seine zahlreichen Gärten in Wien und Niederösterreich kümmerte. 1807 gründete er das "Botanische Hofkabinett", den Vorläufer der entsprechenden Sammlung im Naturhistorischen Museum. Fünf Jahre später richtete er an der Akademie der bildenden Künste einen Lehrstuhl für Blumenmalerei ein - bisher gab es nur die kunsthandwerklich ausgebildeten Maler der Prozellanmanufaktur. Er beschäftigte auch einen eigenen Hofbotanikmaler und sammelte Pflanzenbücher. Das Hofmobiliendepot bewahrt ein Set handgeschmiedeter Gartenwerkzeuge mit Mahagonigriffen, vermutlich ein Geschenk seiner Gärtner. Das Image als Blumenkaiser prägte das gleichnamige Buch des Schriftstellers Josef Pfundheller, der sich auf Anekdoten der Hofgärtner berufen konnte. Auszüge daraus finden sich auch im vorliegenden Werk.
Die (Garten-)historiker Christian Hlavac und Astrid Göttche haben sich als Herausgeber des "Besten Europäischen Gartenbuches 2013" einen Namen gemacht. Wenn sich das Autorenteam jetzt anlässlich einer Ausstellung in Baden mit der "Gartenmanie der Habsburger" beschäftigt, darf man etwas Besonderes erwarten - und man wird nicht enttäuscht. Brillante Bilder und profunde Texte lassen vor dem geistigen Auge Gartenparadiese entstehen, von denen man heute nur noch träumen kann. Viele historische Ansichten aus dem Rollettmuseum Baden - Städtische Sammlungen sind eher unbekannt.
In den Textteil sind immer wieder "Schlaglichter" eingestreut, die sich den Persönlichkeiten des Herrscherhauses und ihren botanischen Interessen widmen. Der Blumenkaiser war keineswegs der einzige Habsburger mit dem vielzitierten Grünen Daumen. Von seinem Bruder Erzherzog Anton (1779-1835), Hochmeister des Deutschen Ordens und Vizekönig des lombardisch-venetianischeen Königreichs steht wenig in österreichischen Geschichtsbüchern. Doch ist er als "Verschönerer von Baden und dessen Umgebung in die lokale Geschichtsschreibung eingegangen." Vor allem das Helenental verdankt ihm dort seine Ausgestaltung. In Wien sammelte er Palmen und Päonien, züchtete Kamelien und war maßgeblich an der Entstehung der k.k. Gartenbaugesellschaft beteiligt. Rund 1000 von ihm beauftragte Pflanzenporträts bereichern die Sammlungen der Nationalbibliothek.
Erzherzog Karl (1771-1849) wurde als "Sieger von Aspern" berühmt. Nach seinem Rückzug ins Privatleben heiratete er mit 44 Jahren die weniger als halb so alte Prinzessin Henriette von Nassau-Weilburg. Der Stararchitekt des Biedermeier, Josef Kornhäusel, plante für die Familie in Baden das Schloss Weilburg, um das Erzherzog Karl einen ebenso berühmten Park samt Rosensammlung anlegen ließ. Auch in Wien erfreute er sich an Blumen in Glashäusern und gab botanische Werke in Auftrag.
Erzherzogin Marie-Louise (1791-1847) opferte sich für Vater und Vaterland, indem sie Napoleon ehelichte und mit ihm einen Sohn hatte. Sie verfügte über naturhistorisches Wissen und war eine hervorragende Blumenmalerin. Später Herzogin von Parma, wurde sie zur Namenspatronin der duftenden Veilchen.
Erzherzog Johann (1782-1859) besaß viele Güter, die er zu Musterlandwirtschaften ausbaute. Sie enthielten auch Alpengärten und Glashäuser zur Aufzucht von Nutz- und Zierpflanzen. Seinen Grazer Alterssitz, das Palais Meran, ließ er von einem Park umgeben, in dem edle Bäume, Sträucher und mehr als 700 Rosenstöcke gediehen.
Ferdinand I. (1793-1875) dem seine Zeitgenossen ein Übermaß an Milde, Güte und Gerechtigkeit attestierten, war vielseitig interessiert, u.a. an Technik, Heraldik und Pflanzenkunde. Als Jugendlicher legte er Herbarien an und ließ sich noch im Alter von einem Botanikprofessor Privatunterricht geben. Er engagierte sich in der von seinem Onkel Erzherzog Johann geleiteten fortschrittlichen Landwirtschaftsgesellschaft und übernahm später dessen Funktion. Nach dem Thronverzicht berief Ferdinand den Wiener Hofgärtner zum Bau eines Glashauses auf die Prager Burg. Seine Privatbibliothek umfasste viele wertvolle Fachbücher.
"Die grünen Spuren der Habsburger" konzentrieren sich - analog zur Ausstellung - auf Baden und Umgebung, doch greifen die Texte weit über die Kurstadt hinaus. Man erfährt nicht nur vieles Wissenwerte über adelige Parks, sondern u.a. auch über bürgerliche Biedermeiergärten, "Sukkulenten, Neuholländer und andere Exoten", "Seidenzucht und Obstplantagen", Blumenausstellungen, Wiener Gärten oder Blumen als Dekorationselemente. Letztlich gelingt diesem hervorragenden Band, was ein Zeitgenosse an einem kaiserlichen Garten lobte: "Das Schöne mit dem Nützlichen zu vermählen".