Nora Rath-Hodann: Sisi - erzählt für Kinder#
Nora Rath-Hodann: Sisi - erzählt für Kinder, Das Leben der Kaiserin Elisabeth von Österreich. Mit Illustrationen von Anemone Kloos. JGIM Verlag Wien 2016. 56 Seiten + 4 Seiten Aufkleber, Softcover-Ringbuch mit Einschlagdeckel. € 15,90
Julie lebt in Wien und hat ein ungewöhnliches Hobby. Museumsbesuche sind ihre Lieblingsbeschäftigung. Ihre Mutter fördert das nicht nur, sie hat auch gleich ein Buch dazu geschrieben und einen Verlag gegründet: Sein Name JGIM steht für "Julie geht ins Museum". Der erste Band - dem hoffentlich noch viele folgen ! - handelt von Kaiserin Elisabeth, genannt Sisi (1837-1898). Das Leben der Gemahlin Franz Josephs wurde zum Mythos, verklärt, verkitscht - aber auch wissenschaftlich betrachtet und ernst zu nehmend musealisiert.
Das Sisi-Museum in den Kaiserappartements der Hofburg inszeniert mit 300 Exponaten die Persönlichkeit der vielfach missverstandenen Kaiserin. Nora Rath-Hodann hat es mit ihrer Tochter Julie besucht, ihr von der "schönsten Frau der Welt" erzählt und ihren Ausflug in Vergangenheit in Form eines Buches festgehalten - und das ist etwas Besonderes. Es beginnt schon mit der Ausstattung als praktisches Ringbuch mit einem aufklappbaren Umschlag. So ist das Umblättern für die Kinder einfacher und für das Buch schonender. Sollte man (was kaum zu erwarten ist) einmal eine Lesepause einlegen, kann man den Deckel als Lesezeichen verwenden, die Innenseite zeigt die Reiseziele der Kaiserin. Die letzten Seiten sind auf Selbstklebefolie gedruckt, so kommt man gleich zu künstlerischen Stickern. Anemone Kloos hat sie geschaffen und zaubert mit ihren zarten, phantasievollen Illustrationen die passende Atmosphäre: Elisabeth verglich sich gerne mit der Feenkönigin Titania.
Das ist nur eines der zahlreichen Details, die Julie von ihrer Mutter über Sisi hört. Wahrscheinlich wird es auch Erwachsene geben, die aus diesem Kinderbuch - empfohlen für das Volksschulalter - etwas Neues erfahren: über Kleiderluxus und Hofzeremoniell, Sportbegeisterung und Schönheitskult, Reisefieber und Einsamkeit, den Hofmohren Rustimo und den tätowierten Anker. Was Julie interessiert, wird hier kindgerecht erzählt. So hört sie über Kronprinz Rudolf nur, dass er "ein kluges Kind mit viel Fantasie" war, dessen bürgerlich-liberale Erziehung die Kaiserin gegen den Widerstand des Hofes durchsetzte. Auch der zweite Bereich, in dem Elisabeth politisch bedeutsam wurde - die Begründung der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn - wird erzählt und man lernt dabei: "Daher stammt auch die Abkürzung 'k.u.k.' - sie bedeutet 'kaiserlich und königlich'". Die jüngste Tochter, die kaum ein Jahr nach der Krönung zur Königin von Ungarn geborene Marie Valerie, trug den Beinamen "das ungarische Kind". Sie war der erklärte Liebling ihrer Mutter, die zeitlebens vor den Konventionen des Wiener Hofes flüchtete.
Die Habsburg-Biographin Brigitte Hamann hatte Sisi so charakterisiert: "In den sechziger Jahren galt Elisabeth als schönste Monarchin der Welt…. In den siebziger Jahren tat sie sich als die berühmteste und wohl auch beste Reiterin der Welt hervor und trainierte für dieses Ziel jahrelang wie ein Hochleistungssportler. … Elisabeth trieb den Individualismus des 19. Jahrhunderts ins Extrem. Sie nahm ihre Pflichten als Kaiserin sehr selbstbewusst nicht zur Kenntnis und lebte ausschließlich ihrer Selbstverwirklichung." Julies Mutter kommt zum selben Schluss: "Ich glaube, in Wahrheit war sie eine recht schwierige und unglückliche Person." Und das Töchterlein, das so gerne ins Museum geht, stellt zufrieden fest: "Mama, ich bin froh, nicht die Kaiserin zu sein, sondern ich!"