Thomas Trescher - Luiza Puiu: Kleiner Wiener Museumsführer#
Thomas Trescher - Luiza Puiu: Kleiner Wiener Museumsführer. Verlag Anton Pustet Salzburg 2016. 256 S. ill. € 19,95
Der Titel erinnert an den "vierstöckigen Hausbesitzer", eigentlich der Besitzer eines vierstöckigen Hauses, dem vor Jahren ein Deutsch-Buch gewidmet war. Mit dem "kleinen Museumsführer" verhält es sich etwas anders. Er ist zwar klein (aber fein!) im Format nicht viel größer als eine Postkarte, aber eigentlich geht es um die kleinen Museen. Davon hat die große Stadt eine Menge aufzuweisen, allein die 23 Bezirksmuseum (die hier nicht vorkommen). Die Auswahl umfasst 30 Sammlungen - vom Automaten- bis zum Ziegelmuseum. Sie informieren über Berufe - wie Clowns, Drogisten oder Rauchfangkehrer -, über Freizeitbeschäftigungen - wie Boxen, Motorrradfahren oder Zaubern -, Medizin - Endoskopie, Krankenpflege oder Zahnheilkunde -, Dinge des Alltags - wie Geld, Schuhe, Schreibmaschinen oder Uhren - und noch viele andere.
Einige sind Außenstellen der Nationalbibliothek, des Wien Museums oder Sondermuseen der ARGE der Bezirksmuseen. Die meisten stehen und fallen mit einer Person, die sie erschaffen hat oder am Leben hält, meint der Autor Thomas Trescher. "Diese Museen sind viel mehr als nur das Hobby einiger, zumeist älterer Männer, die manche vielleicht als verrückt, zumindest aber als schräg bezeichnen würden. In ihren Köpfen und in ihren Museen schlummert Wissen, das sonst nicht existieren würde."
Der Autor und die Fotografin waren in den vergangenen zwei Jahren unterwegs und haben ihre Entdeckungen zuerst in einer Serie der "Wiener Zeitung" bekannt gemacht. Thomas Trescher schildert seine Museumsbesuche recht persönlich. Luzia Puiu hat die Museen und ihre LeiterInnen ins Bild gesetzt, man möchte fast sagen, liebevoll arrangiert - so wie die kleinen Museen selbst. Wenn auch manches skurril wirkt, vermittelt das Buch, dass jede Sammlung und ihre Exponate ernsthaftes Interesse verdienen.
Alphabetisch geordnet, beginnt die Exkursion im Automatenmuseum, das Ferry Ebert für seine Enkel eingerichtet hat. Seine "150.000 in Österreich aufgestellten Automaten spuckten unter anderem Pez-Zuckerl, Gummibärchen in Kaugummi aus", später auch Kondome, Brieflose und Märchen. So lange es noch Schillingmünzen gab … Die Umstellung auf Euromünzen besiegelte das Ende des Ebert'schen Automatenimperiums.
Auch die Mittlertätigkeit des 1972 gegründeten "Vereins der Sprachinselfreunde" fand durch die EU ein Ende. Davor förderte das Unterrichtsministerium die wissenschaftliche Erforschung der im Mittelalter von Österreich aus besiedelten Sprachinseln in Italien, auch ein Museum wurde damals eingerichtet. Es beinhaltete ethnographische Objekte und eine reichhaltige Bibliothek, die nun das Kernstück der Sammlung bildet. Betreut wird sie von Dr. Ingeborg Geyer, die das Institut für Österreichische Dialekt- und Namenlexika an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften leitet. Sie kennt die Sprachinseln aus eigener Anschauung, auch jene in Slowenien, Rumänien und Brasilien. Vom dortigen "Dorf Tirol" erzählt sie im Museumsführer: "Tirol Milch ist die zweitgrößte Molkerei des Landes und wer in Brasilien etwas auf sich hält, trinkt Tirol Milch."
Der Geologe Dr. Gerhard Zsutty ist der Direktor des Wiener Ziegelmuseums, das 12.000 Exponate umfasst, von der Römerzeit bis in die Gegenwart. Wer möchte, kann seine Ziegel anhand der Stempel dort bestimmen lassen. "Ich liebe alle Ziegel, mir erzählt jeder Ziegel eine Geschichte", sagt der Museumsleiter. Den Besuchern der kleinen Museen geht es wohl ebenso. Nicht nur die Exponate erzählen, auch ihre Betreuer, und dafür darf man ihnen dankbar sein. Es lohnt sich, ihnen zuzuhören, denn "nur in ihren Köpfen" ist das Wissen gespeichert, das sie über Geschichten und Anekdoten weitergeben. "Wer diesen Museen einen Besuch abstattet, sollte sich also tunlichst von jenen führen lassen, die oft seit Jahrzehnten ihr gesamtes Berufsleben oder einen Gutteil ihrer Freizeit und manchmal auch beides - damit verbringen, Dinge zu sammeln und Wissen zu bewahren, für das sich sonst oft niemand interessiert.", schreibt Thomas Trescher. Der Museumsführer, der sich über gutes Presseecho freuen darf, wird das Interesse sicher fördern. Zudem enthält jeder Beitrag Informationen über Kontaktadressen, Öffnungszeiten etc. Dem Besuch sollte also nichts mehr entgegen stehen.